Durchbeißen im Job
Die unterschätzte Fähigkeit: Wieviel Grit steckt in Ihnen?

| Redaktion 
| 26.06.2025

Sie kraulen 1500 Meter im Wettkampfmodus. Sie rudern durch Gegenwind und Regen. Und sie laufen Marathon – auch noch bei Kilometer 35, wenn der Körper längst "Stopp" ruft. Was diese Menschen auszeichnet, ist nicht nur Disziplin, sondern ein psychologisches Phänomen namens Grit – die Fähigkeit, durchzuhalten, wenn andere längst aufgegeben haben.

Der Begriff "Grit" stammt aus der Forschung der Psychologin Angela Duckworth. Ihre zentrale These: Es sind nicht Intelligenz oder Talent, die über langfristigen Erfolg entscheiden – sondern Ausdauer gepaart mit Leidenschaft. Wer ein Ziel über Monate oder Jahre verfolgt und sich von Rückschlägen nicht entmutigen lässt, kommt weiter. Nicht schneller, aber oft nachhaltiger.

Das lässt sich auch auf das Berufsleben übertragen. Ein Arbeitsumfeld, das von Umstrukturierungen, Projektzyklen und steilen Lernkurven geprägt ist, verlangt nicht nur nach Menschen, die glänzen, sondern nach solchen, die bleiben.

Mitarbeiter:innen, die sich durch zähe Prozesse kämpfen, Deadlines verteidigen, schwierige Kund:innen nicht sofort aufgeben. Grit ist nicht laut, aber wirksam. Nicht spektakulär, sondern leise. Und oft sind es nicht die Klügsten, sondern die Zähesten, die weiterkommen.

Kann man zäh sein üben?

Zähigkeit ist keine genetische Gabe. Vielmehr lässt sich die Fähigkeit, dranzubleiben, durchaus trainieren. Drei Ansätze gelten als wirksam:

  • Zielgerichtetes Handeln: Menschen mit Grit verlieren ihre Langfristziele nicht aus dem Blick. Auch dann nicht, wenn der Alltag sie von Etappe zu Etappe schleift.

  • Umgang mit Frust: Rückschläge gehören zum Spiel. Entscheidend ist, ob man sie als Scheitern oder als Feedback begreift.

  • Rituale statt Heldentaten: Grit entsteht nicht in Ausnahmezuständen, sondern durch konsistente Anstrengung – etwa durch tägliche Routinen, die auch an schlechten Tagen greifen.

Psycholog:innen sprechen in diesem Zusammenhang gerne von "Selbstwirksamkeitserwartung" – dem inneren Vertrauen darauf, schwierige Aufgaben meistern zu können.

Wenn Durchhalten belohnt – aber auch belastet

Durchhalten kann zufrieden machen. Wer ein Projekt über Monate begleitet oder einen Konflikt konstruktiv auflöst, erlebt häufig genau das, was Glücksforscher:innen als "tiefes Glück" bezeichnen – jenes Gefühl, das nicht aus Belohnung, sondern aus Sinn entsteht.

Doch Grit hat eine Kehrseite. Wer nie aufgibt, verliert mitunter die Fähigkeit zum Loslassen. Dann wird das einstige Ziel zum Zwang, der Burnout zum Preis vermeintlicher Standhaftigkeit.

Aufgeben? Manchmal die bessere Entscheidung

In der Managementliteratur gilt Durchhaltevermögen als Stärke. Doch wer zu lange durchhält, riskiert, falsche Pfade zu verfolgen – aus Stolz, Gewohnheit oder Angst. Deshalb fordern Psycholog:innen einen differenzierteren Blick: Grit, ja – aber mit Reflexion. Manchmal ist Aufgeben kein Zeichen von Schwäche, sondern von Klarheit.

Indikatoren, dass dieser Punkt erreicht ist:

  • Der Aufwand steht in keinem Verhältnis mehr zum möglichen Ertrag
  • Die ursprüngliche Motivation ist nicht mehr nachvollziehbar
  • Wichtige Alternativen bleiben liegen

Wer in solchen Momenten loslässt, trifft oft die mutigere Entscheidung.

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