Überangebot aus China
Black Friday: Temu & Co. drücken Preise und Gewinne - diese Branchen sind besonders betroffen

| Redaktion 
| 27.11.2025

Im deutschen Handel wächst die Sorge, dass chinesische Anbieter das Weihnachtsgeschäft zunehmend dominieren. Nun liegen erstmals belastbare Daten vor, die zeigen, wie stark sich der Effekt bereits bemerkbar macht – und welche Branchen besonders unter Druck geraten.

Wegen der verschärften US-Zölle auf chinesische Produkte werden große Mengen an Waren nach Europa umgeleitet. Eine Analyse der Beratung Kearney und des KI-Unternehmens 7Learnings, das dem Handelsblatt vorliegt, zeigt: Das Angebot an typischen Black-Friday-Artikeln ist im Vorfeld des Shopping-Events um rund elf Prozent gestiegen. Die meisten zusätzlichen Lieferungen stammen aus China.

Händler wie Temu und Shein versenden Schätzungen zufolge rund 600.000 Pakete täglich nach Deutschland – zusätzlich zu vollen Lagerbeständen vor Ort. Das Ergebnis: massiver Preis- und Margendruck.

Für deutsche Anbieter bedeutet das laut Studie einen Gewinneinbruch von etwa 144 Millionen Euro, gerechnet über 30 Tage rund um den Black Friday. Analysiert wurden 35 Produktkategorien – vom Spielzeug bis zu Elektrokleingeräten.

US-Zollpolitik als Auslöser

Auslöser der Marktverschiebung ist US-Präsident Donald Trumps Entscheidung, die sogenannte "De-minimis"-Regel abzuschaffen. Waren unter 800 Dollar sind in den USA nicht mehr zollfrei. Gleichzeitig wurden Zölle auf zahlreiche China-Importe erhöht. Viele chinesische Anbieter weichen daher verstärkt auf Europa aus.

Besonders stark wächst das Angebot aus China bei:

  • Betttextilien: +58 %
  • Spielzeug: +46 %
  • Elektrokleingeräten: +41 %

"Dem ungewöhnlich hohen Angebot steht eine weitgehend stabile, gesättigte Nachfrage gegenüber", sagt Kearney-Partner Moritz Tybus zum Handelsblatt.

Die ohnehin gedämpfte Kauflaune verschärft die Lage. Der Handelsverband HDE rechnet erstmals mit einem Umsatzrückgang von zwei Prozent am Black Friday und Cyber Monday. Besonders betroffen sind:

  • Unterhaltungselektronik: –57 Mio. Euro Gewinn
  • Mode & Accessoires: –49 Mio. Euro
  • Möbel: –28 Mio. Euro

"Händler müssen früher und aggressiver rabattieren, um ans Vorjahresniveau heranzukommen", so Tybus. Die Bruttomarge im Betrachtungszeitraum fällt demnach auf 10,4 Prozent – nach 10,8 Prozent im Vorjahr und deutlich unter den 16 Prozent außerhalb der Rabattwochen. Für viele Händler bleibt nach Abzug von Miete, Personal, Marketing und Steuern kaum Ertrag übrig.

Temu und Shein gewinnen rapide Marktanteile

Die Attraktivität chinesischer Plattformen steigt indes weiter. Laut ECC-Studie kaufen:

  • 32 Prozent der Deutschen bei Temu
  • 25 Prozent dort mindestens einmal monatlich
  • 16 Prozent bei Shein

Temu rückte 2024 auf Platz fünf der größten deutschen Online-Marktplätze vor – mit einem geschätzten Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Die Nutzerzahlen steigen rasant:

  • Website-Nutzer im Oktober: 20,7 Millionen
  • App-Nutzer: 10 Millionen

Shein verzeichnet eine ähnliche Dynamik.

Beide Unternehmen investieren seit Monaten massiv in digitales Marketing – rund 30 Prozent mehr pro Monat in zentralen EU-Märkten.

Neuer Player: JD.com mischt mit

Mit JD.com drängt ein weiterer chinesischer Tech-Konzern nach Deutschland. Während das Unternehmen an einer Übernahme von Media Markt und Saturn arbeitet, hat es parallel die Plattform Joybuy gestartet – mit Rabatten von bis zu 50 Prozent auf Elektronik.

Auch Amazon zeigt die Wirkung des Trends: In der Rubrik "Amazon Haul" finden sich inzwischen überwiegend chinesische Billigprodukte.

EU will gegensteuern – ist aber langsam

Die EU plant, Zollfreigrenzen und Sonderregelungen für Kleinsendungen aus Drittstaaten abzuschaffen. Geplant sind unter anderem eine Zustellgebühr von zwei Euro pro Paket (ab 2026) und der Wegfall der 150-Euro-Zollfreigrenze (frühestens 2028). Beschlossen ist bislang jedoch nichts Konkretes. Bis dahin bleibt das Schlupfloch offen – und chinesische Händler können Waren, die sie in den USA nicht mehr verkaufen dürfen, nahezu ungehindert in Europa absetzen.

Deutsche Händler werfen Temu, Shein und anderen Anbietern systematische Umgehung von Verbraucher-, Umwelt- und Steuerstandards vor. HDE-Präsident Alexander von Preen spricht von "Sabotage am Binnenmarkt" und wirft den Behörden Versagen bei der Durchsetzung vor.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz fordert ein entschlossenes Vorgehen: "Der massenhafte Missbrauch der Freigrenzen muss gestoppt werden."

 

Gewinneinbruch rund um den Black Friday (Prognose 2025)

Erwarteter Rückgang des Bruttogewinns in Deutschlands Handel, 30-Tage-Zeitraum um Black Friday

  • Elektronik: –56,8 Mio. Euro
  • Kleidung & Accessoires: –48,9 Mio. Euro
  • Möbel: –27,7 Mio. Euro
  • Hobby & Freizeit: –5,0 Mio. Euro
  • Sonstiges: –5,2 Mio. Euro
  • Gesamtverlust: –144 Mio. Euro

Quelle: Kearney, 7Learnings, im Handelsblatt

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Gewinneinbruch rund um den Black Friday (Prognose 2025)

Erwarteter Rückgang des Bruttogewinns in Deutschlands Handel, 30-Tage-Zeitraum um Black Friday

  • Elektronik: –56,8 Mio. Euro
  • Kleidung & Accessoires: –48,9 Mio. Euro
  • Möbel: –27,7 Mio. Euro
  • Hobby & Freizeit: –5,0 Mio. Euro
  • Sonstiges: –5,2 Mio. Euro
  • Gesamtverlust: –144 Mio. Euro

Quelle: Kearney, 7Learnings, im Handelsblatt

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