LEADERSNET: Auf Ihren Packungen stehen maximale Tagesdosierungen – bei den Immun-Bärchen ist es "1 am Tag". Halten Sie sich selbst daran?
Marlena Hien: Meistens schon! Aber sagen wir so: Ich teste unsere Produkte natürlich regelmäßig – und manchmal landet auch ein zweites Bärchen im Mund, einfach weil sie so gut schmecken. Am Ende sind es aber Nahrungsergänzungsmittel, keine Snacks. Und genau das war uns immer wichtig: Wir wollten die tägliche Routine einfacher machen, nicht überdosieren.
LEADERSNET: Beauty zum Naschen – klingt genial einfach. Warum hat das eigentlich niemand vor Ihnen gemacht?
Marlena Hien: Das haben wir uns am Anfang auch gefragt! Als wir 2018 gestartet sind, war der Markt entweder "medizinisch steril" oder "Performance für Pumper". Wir wollten beides verbinden: Produkte, die wirken und die man trotzdem gern nimmt. Dass Vitamine Spaß machen dürfen, war damals in Deutschland fast revolutionär. In den USA war das Prinzip der Vitamin Gummies bereits etabliert, wir haben es dann einfach adaptiert und gut umgesetzt.
LEADERSNET: Heute ist der Markt deutlich voller als 2018 und stark umkämpft. Wie gelingt es Ihnen, sich von anderen Supplement-Brands abzuheben?
Marlena Hien: Indem wir keine klassische Supplement-Brand sind. Wir denken Marke, Design und Kommunikation wie eine Lifestyle-Brand, aber mit wissenschaftlichem Anspruch. Wir möchten eine demokratische Brand sein und Menschen den Zugang zu Nahrungsergänzung so einfach wie möglich machen. Unsere Kundinnen kaufen nicht nur ein Produkt, sondern ein Gefühl: Selbstfürsorge darf Spaß machen und einfach sein. Und das spürt man bei jeder Berührung mit unserer Marke, vom Packaging bis zum Instagram-Post.
LEADERSNET: Wenn man Sie heute sprechen hört, wirkt es, als wären Sie schon immer in der Branche zuhause. Tatsächlich hatten Sie am Anfang keinen Background in Nahrungsergänzung oder Produktentwicklung. Wie haben Sie sich in diese Welt eingearbeitet?
Marlena Hien: Mit Neugier und gesundem Menschenverstand. Wir haben einfach bei uns selbst angefangen und unsere eigenen Alltagsbedürfnisse erfüllt, uns gleichzeitig an internationalen Trends orientiert. Ich bin überzeugt: Man muss keine Pharmazeutin sein, um ein gutes Produkt zu entwickeln. Aber man muss die richtigen Fragen stellen. Wir haben uns mit Ernährungswissenschaftler:innen, Ärzt:innen und Apothekern umgeben, die unser Qualitätsversprechen bis heute sichern. Und gleichzeitig haben wir nie die Konsumentinnenbrille verloren – das ist unsere Superpower.
LEADERSNET: Gerade weil Sie so viel Neues gleichzeitig lernen mussten, interessiert natürlich: Was war am Anfang die größte Herausforderung – das Produkt, die Marke oder die Positionierung?
Marlena Hien: Ganz klar: die Glaubwürdigkeit. Als zwei junge Gründerinnen mit Gummibärchen im Beauty-Regal wurden wir anfangs eher belächelt. Viele dachten: "Das ist doch nur ein Gimmick." Heute wissen die meisten, dass hinter jedem Produkt klinisch geprüfte Inhaltsstoffe, klare Werte und ein profitables Business stehen. Aber dieses Vertrauen mussten wir uns erarbeiten – mit jedem Launch, jedem Post, jedem Kund:innen-Feedback. Auch unsere Listungen im Drogeriehandel haben dazu einen großen Teil beigetragen.
LEADERSNET: Netzwerke und Sichtbarkeit sind das eine – die Finanzierung das andere. Wie sind Sie vorgegangen?
Marlena Hien: Aus dem eigenen Geldbeutel und dem laufenden Cashflow. Laurence und ich haben komplett gebootstrapped – ohne Business Angels, VCs oder Banken. Wir haben von Anfang an Umsatz gemacht, profitabel gewirtschaftet und jeden Euro zweimal umgedreht. Rückblickend war das Gold wert, weil es uns Unabhängigkeit, Selbstbestimmtheit und Disziplin gegeben hat.
LEADERSNET: Dieser Weg hat sich ausgezahlt: Mittlerweile gilt Bears with Benefits als eine der bekanntesten FemHealth-Marken in Deutschland. Was war für Sie der entscheidende Gamechanger?
Marlena Hien: Ein entscheidender Moment war sicherlich der Gewinn einer Startup-Challenge bei Douglas Ende 2018. Die darauffolgende Regallistung in allen Douglas-Filialen und der Support von Tina Müller haben uns aufs nächste Level gehoben und uns vieles ermöglicht. Unsere Kundinnen waren außerdem von Anfang an unsere besten Markenbotschafterinnen. Als wir das verstanden und konsequent auf Creator-Content, User Generated Content und starkes Storytelling gesetzt haben, kam der Durchbruch und die stärkste Skalierungsphase.
LEADERSNET: Wie hat sich Ihre Marketingstrategie über die Jahre verändert?
Marlena Hien: Am Anfang war es reines Performance-Marketing – jede Ad wurde gemessen, jeder Klick gezählt. Durch das Bootstrapping konnte es auch gar keinen anderen Weg geben. Heute ist es viel ganzheitlicher: Wir erzählen Geschichten, investieren in Brand-Building, sprechen auch im TV neue Zielgruppen an. Wir wissen: Langfristiges Vertrauen und Markentreue entstehen nicht nur im Ad Manager, sondern im Kopf und Herzen der Kundin.
LEADERSNET: Welche Rolle spielt Social Media heute für Ihren Erfolg?
Marlena Hien: Social Media ist unser Heimspiel. Wir haben die Brand von Anfang an digital gedacht und stark darauf geachtet, dass das Produkt auf mobilen Screens funktioniert und ein sogenannter "Scroll Stopper" ist. Instagram war lange unser stärkster Kanal mit über 400.000 Followern – TikTok holt aber ebenfalls auf. Wichtig ist: Plattformen verändern sich, aber Authentizität bleibt. Unsere Community ist unser größtes Kapital, wir binden sie von Anfang an sehr aktiv ein, entwickeln gemeinsam Ideen, Produkte und Kampagnen.
LEADERSNET: Sie haben mit Ihrer Marke früh den Nerv der Zeit getroffen: Selbstfürsorge, Female Health, Empowerment. Wie bewusst war das von Anfang an?
Marlena Hien: Total bewusst – weil es aus unserer eigenen Lebensrealität kommt. Wir haben gegründet, weil wir uns als Frauen auf dem Markt nicht wiedergefunden haben. Kein Produkt sprach uns an, keine Marke verstand wirklich, was "Selfcare" im weiblichen Multitasking-Alltag bedeutet. Wir wollten das ändern – und haben einfach die Marke gebaut, die wir selbst gebraucht hätten.
LEADERSNET: Dieses Selbstfürsorge-Verständnis ist international unterschiedlich ausgeprägt. Welche Länder oder Märkte sind für Sie Vorbild?
Marlena Hien: Die USA sind definitiv Inspirationsquelle, aber kein Vorbild im Sinne von Copy-Paste. Wir haben früh gemerkt: Europäische Kundinnen ticken anders. Sie sind kritischer, aufgeklärter, anspruchsvoller. Wir vereinen das Beste aus beiden Welten: die Emotionalität und das Storytelling aus den USA mit der wissenschaftlichen Präzision und Qualitätsphilosophie aus Europa.
LEADERSNET: Dieses Zusammenspiel aus Trends, Märkten und Bedürfnissen beeinflusst auch Ihre Produktentwicklung. Sie entwickeln ständig neue Produkte. Wie entscheiden Sie, welche Bedürfnisse Sie als Nächstes angehen?
Marlena Hien: Wir hören zu. Unsere Community ist unser bester Research-Hub. Über Social Media, Reviews und Umfragen bekommen wir täglich Feedback, was fehlt oder verbessert werden kann. Dazu kommen Datenanalysen, Markttrends und natürlich unsere eigene Intuition. Wenn Kopf, Herz und Nachfrage übereinstimmen, dann wird’s ein neues Produkt.
LEADERSNET: Lassen Sie uns einen Blick in die Zukunft wagen: Wo sehen Sie den Beauty- und Health-Markt in fünf Jahren?
Marlena Hien: Weniger Hype, mehr Haltung. Konsument:innen wollen verstehen, was sie nehmen und warum. Ich glaube, der Trend geht zu ganzheitlicher Gesundheit: Mental Health, Hormone, Mikrobiom, Schlaf – alles hängt zusammen. Und Marken, die das glaubwürdig abbilden, werden gewinnen. Selfcare wird erwachsen.
LEADERSNET: Parallel zu dieser Marktreife haben auch Sie wichtige Entscheidungen treffen müssen. Wie schwer war es, den Exit zu planen – und wie sind Sie heute noch in das Unternehmen eingebunden?
Marlena Hien: Emotional ist das natürlich kein einfacher Prozess. Bears with Benefits ist unser Baby und loszulassen fiel uns nicht leicht. Aber wir wussten: Um die Marke international groß zu machen, brauchen wir einen starken Partner. Mit der Havea Group haben wir genau das gefunden. Nach dem Exit waren wir noch 3 Jahre als Geschäftsführerinnen tätig. Heute sind wir weiterhin als Board Member und Brand Ambassador aktiv – also weniger im operativen Tagesgeschäft, aber immer noch mit Herzblut dabei.
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