Pride Month - Gleichstellung - LGBTQ
Europas Regenbogenindex: Zwischen Backlash und Hoffnung

| Natalie Oberhollenzer 
| 15.06.2025

Während in vielen Städten Europas der Pride Month gefeiert wird, zeigt ein aktueller Bericht: Die rechtliche Gleichstellung von LGBTQ-Personen kommt nur schleppend voran. Auch Deutschland hat noch Luft nach oben – steht im europäischen Vergleich aber besser da als viele Nachbarn.

Es ist Pride Month – und auf Europas Straßen wird demonstriert, gefeiert, gefordert. Doch wie steht es tatsächlich um die Rechte von LGBTQ-Personen in Europa? Der aktuelle Rainbow Map-Bericht der Interessenvertretung ILGA-Europe zeigt: Es gibt Fortschritte – aber auch eine neue Welle der Diskriminierung, oft legitimiert durch politische Rhetorik.

Im Ländervergleich fällt Deutschland positiv auf: Die Bundesrepublik verbessert sich um drei Plätze und erreicht mit Rang acht ihre bislang beste Platzierung. Grund dafür ist unter anderem das neue Selbstbestimmungsgesetz, das es trans-, inter- und nicht-binären Personen erleichtert, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt zu ändern – ohne Gutachten oder Zwangsberatung.

Insgesamt liegt Deutschland damit über dem Durchschnitt der EU-Länder, die im Schnitt 51 Prozent der möglichen Punkte erzielen. Das Ranking bewertet Gesetzeslage und politische Maßnahmen in sieben Kategorien – darunter Gleichstellung, Familienrecht, Schutz vor Hassverbrechen und körperliche Selbstbestimmung. Gesellschaftliche Einstellungen fließen nicht ein.

© ILGA Europe

Malta top, Russland Schlusslicht

An der Spitze des Rankings steht wie seit Jahren Malta, mit 89 Prozent der Maximalpunkte. Es folgen Belgien und Island. Am Ende der Skala: Russland mit nur zwei Prozent, sowie die Türkei und Aserbaidschan. Der Durchschnitt aller bewerteten Länder liegt bei 42 Prozent.

In der zweiten Hälfte rangieren einige EU-Mitglieder, darunter Italien und Bulgarien. In Ungarn verschärfte ein neues Versammlungsgesetz die Lage für LGBTQ-Organisationen: Es erlaubt unter dem Vorwand des Kinderschutzes, Pride-Veranstaltungen zu verbieten. Kritiker sprechen von gezielter Einschüchterung.

Rückschritte und autoritäre Tendenzen

Besonders drastisch fällt der Rückschritt in Großbritannien aus. Dort wurde zuletzt das Verbot sogenannter "Konversionstherapien" für trans Personen ausgesetzt. Georgien wiederum verschärfte seine Gesetzgebung derart, dass dort in diesem Jahr erstmals eine Pride-Parade offiziell untersagt wurde – ein Novum für ein EU-assoziiertes Land.

Die ILGA-Europe warnt: Diese Maßnahmen seien keine Einzelfälle. Vielmehr gehe es um eine "systematische Aushöhlung demokratischer Rechte". Die Einschränkung von LGBTQ-Rechten sei oft nur der erste Schritt. Auch Meinungsfreiheit, Versammlungsrecht und Rechtsstaatlichkeit gerieten zunehmend unter Druck.

Hoffnung in Polen – und ein neuer Blick auf Geschlechtervielfalt

Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Polen verbesserte sich gleich um drei Plätze. Das Land, lange wegen seiner "LGBT-freien Zonen" international in der Kritik, hat diese mittlerweile aufgelöst. Auch gesetzliche Hürden für queere Veranstaltungen wurden abgebaut.

In Irland und den Niederlanden wurden ebenfalls Fortschritte erzielt. In Tschechien wird aktuell über eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare diskutiert – ein Schritt, der laut ILGA-Europe überfällig sei.

Der Regenbogenindex 2025 zeichnet ein geteiltes Bild Europas. Während Länder wie Deutschland, Irland und Polen Fortschritte verzeichnen, verschärfen andere Staaten ihre restriktive Gesetzgebung. Die Gleichstellung ist vielerorts noch ein fernes Ziel – doch der Widerstand wächst. Und mit ihm die Hoffnung, dass Pride nicht nur ein Fest bleibt, sondern ein politisches Signal.

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