Motivation - Arbeitszufriedenheit - Innere Kündigung
Wenn der Job zur Last wird – und wie er wieder Freude macht

| Redaktion 
| 12.06.2025

Motivation weg? Deutschland erlebt ein historisches Tief bei Mitarbeiterbindung. Warum viele im Job nur noch Dienst nach Vorschrift machen und wie sich der Arbeitsalltag mit Selbstreflexion, gezielten Pausen und echtem Engagement wiederbeleben lässt. Eine Expertin gibt Tipps gegen die Gleichgültigkeit.

Am Morgen noch voller Energie – und wenige Stunden später fühlt sich jede Aufgabe an wie eine zähe Wiederholung. Die To-do-Liste wächst, die Motivation schrumpft. Der Job wirkt plötzlich wie ein endloses Pflichtprogramm. Kein Burn-out, aber auch kein Flow. Einfach: Gleichgültigkeit. Was nach einem kurzfristigen Tief klingt, ist für viele Beschäftigte längst Dauerzustand.

Laut dem Gallup Engagement Index 2024 sind in Deutschland nur noch 9 % der Arbeitnehmenden wirklich emotional an ihren Arbeitgeber gebunden – ein historischer Tiefstand. 78 % machen nur noch Dienst nach Vorschrift. Und 13 % haben innerlich bereits gekündigt. Nur etwa die Hälfte plant, dem aktuellen Unternehmen auch in einem Jahr noch treu zu sein.

Zwischen Reizüberflutung und Sinnleere

Wie lässt sich der innere Schalter wieder umlegen – zurück zu Freude und echtem Engagement? Für Regina Nicham, Arbeits- und Organisationspsychologin beim Wiener Beratungsunternehmen IBG, führt der Weg nicht über sofortige Lösungen, sondern über Selbstreflexion. Denn der Auslöser für Frust am Arbeitsplatz sei oft nicht die Aufgabe selbst, sondern die Umstände drumherum:

  • Überforderung: Wenn das Arbeitspensum zu hoch ist, bleibt keine Energie für Kreativität und Motivation.
  • Negative Teamatmosphäre: Wer im Kolleg:innenkreis nur über Belastungen spricht, wird selbst zum Teil des Problems.
  • Mangelndes Feedback: Ausbleibende Anerkennung oder ständiger Fokus auf Fehler schwächen die emotionale Bindung.
  • Privatstress: Viele streichen unter Druck ausgerechnet das, was ihnen guttut – Hobbys, Sport, Schlaf.

Nicham rät in der österreichischen Tageszeitung Standard: "Fragen Sie sich ehrlich, was Ihnen früher an Ihrem Job Freude gemacht hat. Was davon ist geblieben? Und was ließe sich zurückholen?"

Die Rückkehr zur Sinnfrage

Ein zentrales Instrument dabei ist die regelmäßige Selbstbefragung:

  • Warum mache ich diese Arbeit?
  • Was bedeutet sie mir jenseits des Gehalts?
  • Wo habe ich Gestaltungsspielräume – und nutze ich sie?

Ziel ist es, wieder positive Aspekte bewusst wahrzunehmen und sich nicht nur auf das zu fokussieren, was nicht funktioniert. Nicham spricht hier von einem "mentalen Reframing", das helfen kann, das berufliche Gleichgewicht neu zu justieren.

Erholung braucht Struktur

Ein weiteres Element: gezielte Pausen und private Erholung fest einplanen – nicht als Belohnung, sondern als festen Bestandteil der Woche. "Blockieren Sie sich Zeiten im Kalender, genau wie Meetings", empfiehlt Nicham. "Denn wer nur durch den Tag hetzt, verliert das Gespür für Belastungsgrenzen."

Auch scheinbar banale Gesten – etwa ein Gratiskaffee im Büro, ein Dank von Kolleg:innen, ein Gespräch ohne Agenda – können als Zeichen von Wertschätzung neue Motivation freisetzen.

Wenn es nicht mehr passt

Trotz aller Versuche zur Veränderung gilt: Nicht jeder Job passt dauerhaft zum eigenen Wertesystem. "Viele bleiben aus Pflichtgefühl oder Angst, obwohl sie innerlich längst wissen, dass es nicht mehr stimmig ist", sagt Nicham.

Bevor man aber kündigt, sollte man prüfen, ob sich Räume zur Weiterentwicklung im bestehenden Umfeld nutzen lassen – etwa durch neue Aufgaben, offenere Kommunikation, oder klare Grenzen.

Klarheit statt Krise

Und doch gibt es Situationen, in denen der Weg nach außen der einzig gesunde ist: "Wenn ein toxisches Umfeld über Monate hinweg zu Schlafproblemen, gesundheitlichen Beschwerden oder ständiger Grübelspirale führt, sollte man konsequent handeln", so Nicham. Dann gelte es, schnell aus der Situation herauszukommen.

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