Der Gründer der Werbemittelagentur cyber-Wear im Interview
Steven Baumgaertner: "Unser Anspruch war immer, Markenerlebnisse zu schaffen"

| Dagmar Zimmermann 
| 05.06.2025

Aus einem Abi-T-Shirt-Projekt wurde einer der führenden Full-Service-Anbieter für Werbeartikel in Deutschland: 1994 gegründet, beschäftigt cyber-Wear heute 87 Mitarbeitende und erzielt einen Jahresumsatz von 42 Millionen Euro. Im Gespräch mit LEADERSNET erzählt Gründer Steven Baumgaertner, wie aus einem Schülerprojekt ein internationales Unternehmen wurde, warum der erste RWE-Auftrag ein Wendepunkt war – und wie mentale Stärke, Nachhaltigkeit und unternehmerische Haltung zum Kern seines Erfolgs wurden.

LEADERSNET: Herr Baumgaertner, Sie haben als Schüler mit dem Drucken von Abi-T-Shirts begonnen. Was war der Moment, in dem aus einer Idee ein echtes Geschäftsmodell wurde?

Steven Baumgaertner: Für mich persönlich war das tatsächlich von Anfang an mehr als nur eine Idee. Wir haben cyber-Wear vom ersten Tag an wie ein richtiges Unternehmen behandelt – auch wenn es zu Beginn noch im Kleinen war. Aber das Mindset war da: professionell, ambitioniert, langfristig. Was rückblickend aber unser großer Vorteil war – und dafür sind mein Mitgründer und ich sehr dankbar – ist, dass wir in das Unternehmen hineinwachsen durften. Wir hatten nie diesen klassischen Erfolgsdruck von außen. Keine Investoren, keine externen Erwartungen. Wir konnten Schritt für Schritt ausprobieren, lernen, wachsen – und einfach schauen, wohin die Reise geht. Das hat uns enorm viel Freiheit und Entwicklungsspielraum gegeben.

LEADERSNET: Gab es dennoch einen Moment, der für Sie besonders prägend war – so etwas wie der eigentliche Startschuss?

Steven Baumgaertner: Der wirkliche Durchbruch kam dann im Jahr 2001: Unser erster großer Fullservice-Auftrag im Werbeartikelbereich für RWE. Das war der Moment, in dem aus Vision Realität wurde. Wir hatten plötzlich Planbarkeit. Zum ersten Mal einen festen Vertrag, ein Lager, unseren ersten Online-Shop – und die erste Anbindung an ein SAP-System. Rückblickend war genau das auch die Weichenstellung für unser heutiges Business. Dieser erste große Fullservice-Case hat unsere Denkweise, unsere Strukturen und unser Leistungsportfolio entscheidend geprägt. Viele der Elemente, die wir damals erstmals umgesetzt haben, bilden bis heute das Fundament unseres Geschäftsmodells – skalierbar, digital vernetzt und kundenindividuell aufgesetzt.

LEADERSNET: Welche Herausforderungen mussten Sie als junger Gründer in den ersten Jahren meistern?

Steven Baumgaertner: Besonders in den ersten Jahren war eine schnelle Anpassungsfähigkeit essenziell – an neue Gegebenheiten, Kundenanforderungen oder schlichtweg an eigene Fehler. Ich erinnere mich noch gut an eine Situation, in der wir 10.000 von 20.000 bestellten T-Shirts in der falschen Größe geliefert haben. Das war schmerzhaft, aber wir haben daraus gelernt. Solche Situationen gehörten zum Alltag und haben uns geformt. Die klassischen Herausforderungen wie Finanzierung, Aufbau von Vertrauen, fehlende Wahrnehmung oder mangelnde Erfahrung – all das war natürlich auch Teil unseres Weges.

LEADERSNET: Wie blicken Sie rückblickend auf diese Gründungszeit?

Steven Baumgaertner: Rückblickend muss ich sagen: Wir hatten trotz allem großes Glück. Denn im Vergleich zu heute waren die Eintrittsbarrieren in den Markt deutlich niedriger. Wenn man sich anschaut, mit welchen Anforderungen Gründer heute konfrontiert sind – von umfassenden Compliance-Vorgaben über Bonitätsnachweise, umfangreiche Zertifizierungen bis hin zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – dann wird klar: Ein Unternehmen wie cyber-Wear mit den Kundenstrukturen, die wir von Anfang an betreuen durften, wäre unter heutigen Bedingungen wahrscheinlich kaum noch in dieser Form aufzubauen.

LEADERSNET: Heute ist cyber-Wear einer der führenden Full-Service-Anbieter für Werbeartikel in Deutschland – wie haben Sie diesen Wachstumspfad strategisch gestaltet?

Steven Baumgaertner: Ein zentraler Aspekt unserer Strategie war es, frühzeitig auf langfristige Partnerschaften statt auf Einzelaufträge zu setzen. Wir wollten keine klassischen „Streuartikel-Lieferanten“ sein, sondern ein verlängerter Arm der Marken, mit denen wir arbeiten – strategisch, prozessorientiert und integriert in deren Wertschöpfungskette. Das hat unser Denken und Handeln grundlegend verändert.

LEADERSNET: Was hat es dazu gebraucht?

Steven Baumgaertner: Wir haben sehr früh auf Digitalisierung und Prozessintelligenz gesetzt – nicht als Selbstzweck, sondern um Kundenerlebnisse effizienter, transparenter und skalierbar zu gestalten. Die Integration in bestehende Systemlandschaften, automatisierte Bestell- und Freigabeprozesse, aber auch Datenanalytik im Sinne der Bedarfsplanung spielen dabei bis heute eine Schlüsselrolle.

LEADERSNET: Welche weiteren Faktoren waren entscheidend für den Erfolg?

Steven Baumgaertner: Ein weiterer strategischer Baustein war unsere internationale Ausrichtung. Statt uns rein auf den deutschen Markt zu konzentrieren, haben wir gezielt Strukturen aufgebaut, um globale Marken dezentral, aber dennoch einheitlich betreuen zu können – mit eigenen Einheiten in den USA, UK, Dubai, China und Hongkong. Das erlaubt uns heute, weltweit agierende Kunden ganzheitlich zu begleiten.

Zudem haben wir uns bewusst ein sehr breites Leistungsportfolio aufgebaut – von der Produktentwicklung über Design und Produktion bis hin zu Logistik, Warehousing, Online-Plattformen und Nachhaltigkeitsberatung. Diese vertikale Integration verschafft uns enorme Kontrolle über Qualität, Lieferzeiten und Markenführung. Der eigentliche Schlüssel aber war und ist: zuhören. Wer es schafft, genau hinzuhören, was die Kunden wirklich brauchen – und nicht nur liefern, was angefragt wird – entwickelt sich automatisch vom Dienstleister zum strategischen Partner. Und genau das war unser Anspruch von Anfang an.

LEADERSNET: Was unterscheidet cyber-Wear heute von klassischen Werbeartikelhändlern?

Steven Baumgaertner: Der entscheidende Unterschied liegt in unserem ganzheitlichen Ansatz: Bei uns bekommen Kunden alles aus einer Hand – von der ersten Idee über die kreative Konzeption bis hin zur globalen Umsetzung. Wir verstehen uns nicht nur als Händler, sondern als strategischer Partner, der Marken ganzheitlich begleitet.

LEADERSNET: Wo zeigt sich dieser Unterschied in der Praxis besonders deutlich?

Steven Baumgaertner: Natürlich setzen wir auch klassische Produktanfragen effizient um. Aber unser eigentlicher Mehrwert entsteht dort, wo wir unsere eigene Kreativleistung einbringen: wenn wir gemeinsam mit dem Kunden Ideen entwickeln, die Marke spürbar machen und daraus Produkte und Kampagnen entstehen lassen, die emotional und nachhaltig wirken. Dass wir dabei über eigene Inhouse-Kreativteams verfügen und gleichzeitig die Power und Infrastruktur haben, diese Ideen mit unseren internationalen Partnern weltweit auf die Straße zu bringen – das ist unser größtes Asset. Wir liefern nicht nur Werbeartikel – wir schaffen Markenerlebnisse mit Substanz und Wirkung. Und genau das macht den Unterschied.

LEADERSNET: Mit Kunden wie Porsche, Volkswagen und der Deutschen Bahn bedienen Sie Top-Marken – was erwarten diese Unternehmen heute von einem Werbeartikelpartner?

Steven Baumgaertner: Vor allem zwei Dinge: Eigeninitiative und absolute Zuverlässigkeit. Bei großen Marken geht es nicht nur um die Lieferung eines Produkts, sondern um die Verantwortung für einen Teil der Markenwahrnehmung. In diesem Umfeld ist Vertrauen das höchste Gut – und es entsteht nur, wenn man konstant liefert: inhaltlich, organisatorisch und qualitativ. Unsere Kunden erwarten, dass wir nicht nur reagieren, sondern proaktiv denken. Dass wir Trends kennen, Lösungen mitentwickeln und frühzeitig Alternativen aufzeigen – auch unter sich ständig verändernden Rahmenbedingungen.

Gleichzeitig müssen wir jederzeit garantieren können, dass vereinbarte Zeitpläne, Budgets und Lieferumfänge exakt eingehalten werden. Es ist ein Zusammenspiel aus Kreativität, Präzision und Prozesssicherheit. Wer das beherrscht, wird nicht als Lieferant, sondern als echter Partner wahrgenommen – und genau das ist unser Anspruch bei jeder Zusammenarbeit.

LEADERSNET: Wie hat sich die Werbeartikelbranche in den letzten Jahren verändert – insbesondere im Hinblick auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit?

Steven Baumgaertner: Die Branche hat in den letzten Jahren einen grundlegenden Wandel durchlaufen – sowohl technologisch als auch inhaltlich. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind dabei keine Trends mehr, sondern zentrale Anforderungen. Im Bereich Digitalisierung hat sich vieles professionalisiert: Kunden erwarten heute nahtlos integrierte Bestellplattformen, automatisierte Freigabeprozesse, transparente Lager- und Lieferdaten in Echtzeit – idealerweise direkt angebunden an ihre eigenen ERP- oder Einkaufssysteme. Wer hier nicht mitzieht, verliert schnell an Relevanz.

Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung auch neue kreative Möglichkeiten, etwa durch AR-Anwendungen, dynamische Produktpersonalisierungen oder datenbasierte Kampagnensteuerung. Noch stärker ist der Wandel im Bereich Nachhaltigkeit zu spüren. Früher war das ein Nice-to-have – heute ist es ein Must-have.

Große Marken – und zunehmend auch Mittelständler – hinterfragen Herkunft, Materialien, Produktionsbedingungen und CO₂-Bilanzen ihrer Werbemittel sehr genau. Themen wie Lieferkettentransparenz, Kreislaufwirtschaft, Zertifizierungen oder sogar Produkt- und Verpackungsinnovationen aus Recycling- und Upcyclingmaterialien stehen heute im Fokus.

LEADERSNET: Wie setzen Sie diesen Anspruch konkret in der Praxis um?

Steven Baumgaertner: In der Produktentwicklung setzen wir gezielt auf langlebige, kreislauffähige Lösungen. Das beginnt bei der Auswahl zertifizierter Materialien wie GOTS, bluesign® oder FSC® und reicht bis hin zur Integration recycelter oder recycelbarer Bestandteile – inklusive Verpackung. Wir arbeiten eng mit Partnern zusammen, die unsere Werte teilen, und setzen auf Designs, die echte Nutzung erzeugen statt reiner Wegwerfware.

In der Lieferkette prüfen wir unsere Produktionsstätten regelmäßig – nicht nur in Bezug auf soziale Standards, sondern auch auf Umweltaspekte und gesetzliche Anforderungen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Transparenz ist dabei für uns essenziell. Viele unserer Kunden erwarten heute nachvollziehbare Herkunftsnachweise, CO₂-Bilanzen oder Lebenszyklusanalysen – und genau das können wir liefern.

Darüber hinaus investieren wir in Logistiklösungen, die Emissionen reduzieren – z. B. durch gebündelte Transporte, optimierte Lagerhaltung, klimaneutralen Versand oder regionale Produktionen. Unser Ziel ist es, nicht nur nachhaltig zu reagieren, sondern Nachhaltigkeit aktiv mitzugestalten – als Innovationstreiber, als Qualitätsmerkmal und als Haltung.

LEADERSNET: Gibt es konkrete Initiativen bei cyber-Wear, mit denen Sie auf mehr Umweltverträglichkeit hinwirken?

Steven Baumgaertner: Ja – und zwar sehr umfassend. Nachhaltigkeit ist für uns kein Trend, sondern Teil unserer unternehmerischen DNA. Wir begreifen sie nicht nur als Verantwortung, sondern als Innovationschance und Wettbewerbsvorteil.

LEADERSNET: Wie genau zeigt sich das im Unternehmensalltag?

Steven Baumgaertner: Ein starkes Beispiel dafür ist unsere Rolle als Initiator des „Innovator of the Year“, der im Rahmen der PSI Sustainability Awards ins Leben gerufen wurde und seit 2025 Teil der PSI Academy Awards ist. Bereits im ersten Jahr haben wir gemeinsam mit unseren Partnern – Marken, Lieferanten und Produzenten – über 30 konkrete Nachhaltigkeitsprojekte umgesetzt.

Das reicht von Upcycling-Initiativen über Materialinnovationen bis hin zu CO₂-reduzierten Verpackungslösungen. Unsere robotergesteuerten Lagersysteme sind ein weiteres Beispiel für gelebte Effizienz und Umweltverantwortung. Sie ermöglichen uns nicht nur eine extrem ressourcenschonende Logistik, sondern auch eine Just-in-time-Versorgung mit minimalem CO₂-Fußabdruck – weltweit.

LEADERSNET: Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Maßnahmen auch transparent und nachvollziehbar sind?

Steven Baumgaertner: Wir veröffentlichen regelmäßig einen CSR-Bericht, obwohl wir gesetzlich gar nicht dazu verpflichtet wären. Wir tun das aus echter Eigenverantwortung – weil wir überzeugt sind, dass Transparenz die Basis für glaubwürdiges Handeln ist. Darin dokumentieren wir unter anderem unsere Maßnahmen entlang der Lieferkette, unser Engagement für faire Arbeitsbedingungen sowie unsere Umweltkennzahlen. Als bluesign® Ambassador und Speaker für nachhaltige Markenkommunikation bin ich zudem international unterwegs, um das Thema auf Bühnen in Europa, Asien und Nordamerika voranzutreiben.

Das ist für mich persönlich eine Herzensangelegenheit – und für cyber-Wear Ausdruck unseres Anspruchs, nicht nur Teil der Bewegung zu sein, sondern sie aktiv mitzugestalten. Unser Ziel ist klar: Wir wollen Standards setzen – nicht weil wir müssen, sondern weil wir es können. Und weil wir davon überzeugt sind, dass nachhaltiges Handeln der einzige Weg ist, wie Marken langfristig Wirkung entfalten.

LEADERSNET: Sie führen Ihr Unternehmen seit über 30 Jahren – wie hat sich Ihr Führungsstil in dieser Zeit verändert?

Steven Baumgaertner: Am Anfang war mein Führungsstil stark geprägt von Nähe, Tempo und dem klassischen "Macher"-Ansatz. Wir waren ein kleines Team, alles lief über kurze Wege, Entscheidungen wurden schnell und oft intuitiv getroffen. Ich war überall involviert, habe vieles selbst gemacht – nicht aus Kontrolle, sondern aus Leidenschaft und dem Anspruch, alles im Detail zu verstehen.

LEADERSNET: Was bedeutet Führung für Sie heute?

Steven Baumgaertner: Mit dem Wachstum des Unternehmens hat sich das natürlich verändert. Heute geht es viel stärker darum, Verantwortung zu übertragen, Strukturen zu schaffen, die Vertrauen ermöglichen, und Räume zu lassen, in denen Menschen selbstwirksam agieren können. Mein Anspruch ist es heute, Rahmen zu setzen, Impulse zu geben und Visionen vorzuleben – nicht jede Entscheidung selbst zu treffen. Ich habe gelernt, dass nachhaltige Führung bedeutet, Teams zu befähigen statt zu steuern. Es geht um Orientierung, nicht um Kontrolle.

Gleichzeitig bin ich mir meiner Vorbildrolle bewusster denn je. Wie ich mit Veränderungen umgehe, wie konsequent ich Werte vertrete oder wie ich in kritischen Momenten reagiere – das prägt die Kultur mehr als jedes Organigramm. Was sich aber nie verändert hat, ist mein Anspruch an Authentizität, Transparenz und Haltung. Ich glaube fest daran, dass Leadership vor allem durch Vertrauen, Respekt und Begeisterung funktioniert – nicht durch Titel oder Hierarchie. Und vielleicht ist das die größte Veränderung: Heute verstehe ich Führung nicht mehr als Rolle, sondern als Verantwortung gegenüber den Menschen, der Marke und der Idee, die wir gemeinsam weitertragen.

LEADERSNET: Welche Werte sind Ihnen als CEO besonders wichtig?

Steven Baumgaertner: Für mich stehen Vertrauen, Verantwortung und Haltung im Zentrum meines Führungsverständnisses. Vertrauen ist die Grundlage für alles – ohne Vertrauen in die Menschen, mit denen ich arbeite, und ohne das Vertrauen der Kunden in unser Unternehmen kann kein echtes Wachstum entstehen. Verantwortung bedeutet für mich, Entscheidungen nicht nur unternehmerisch, sondern auch gesellschaftlich zu denken. Das betrifft unsere Lieferkette genauso wie unsere Produkte oder unser Verhalten als Arbeitgeber.

LEADERSNET: Welche Rolle spielen Mentoren in Ihrer eigenen unternehmerischen Entwicklung – und welche Bedeutung messen Sie Mentoring im Unternehmen bei?

Steven Baumgaertner: Mentoren haben in meiner Entwicklung eine zentrale Rolle gespielt – und tun es bis heute. Ich bin niemand, der glaubt, schon alles zu wissen oder alles allein zu können. Im Gegenteil: Ich habe früh gelernt, dass echte Stärke darin liegt, zuzuhören, zu reflektieren und von anderen zu lernen.

Ein prägender Mensch in meiner Anfangszeit war Peter Hoscheidt, der mich nicht nur fachlich, sondern vor allem menschlich inspiriert hat. Seine Haltung, seine Ruhe, seine Weitsicht – das hat mich in einer Zeit geprägt, in der wir noch ganz am Anfang standen und vieles instinktiv entschieden haben. Peter war nie laut, aber immer klar. Er war für mich ein echtes Vorbild in Sachen Haltung und Integrität.

LEADERSNET: Wie leben Sie diesen Mentoring-Gedanken heute im Unternehmen weiter?

Steven Baumgaertner: Mentoring bedeutet für mich: Weitergeben, ohne zu belehren. Fördern, ohne zu formen. Zuhören, ohne zu unterbrechen. Wir haben bei cyber-Wear keine klassische Mentoring-Formel, aber eine klare Kultur: Wissen soll fließen, Erfahrung soll geteilt werden – generationsübergreifend, disziplinübergreifend, ehrlich. Ich bin überzeugt: Unternehmen, in denen Mentoring gelebt wird – bewusst oder unbewusst – sind resilienter, innovativer und menschlicher. Und sie ermöglichen genau das, was für nachhaltigen Erfolg entscheidend ist: Entwicklung mit Haltung.

LEADERSNET: Neben Ihrer unternehmerischen Tätigkeit bereiten Sie sich auf einen weiteren Ironman vor – wie verbinden Sie Sport und Unternehmertum?

Steven Baumgaertner: Für mich gehören Sport und Unternehmertum untrennbar zusammen – nicht nur organisatorisch, sondern vor allem mental. Die Vorbereitung auf einen Ironman ist ein langfristiger Prozess, der Disziplin, Fokus und Belastbarkeit erfordert. Genau diese Eigenschaften braucht man auch als Unternehmer – besonders in einem Umfeld, das sich ständig verändert und in dem man jeden Tag neu entscheiden muss, wofür man seine Energie einsetzt.

LEADERSNET: Was nehmen Sie konkret aus dem Sport für Ihre Führungsarbeit mit?

Steven Baumgaertner: Ein Ironman zwingt dich zur Klarheit: über deine Ziele, über deine Prioritäten, über deinen Umgang mit Rückschlägen. Es geht nicht um kurzfristigen Erfolg, sondern um Konstanz, Ausdauer und mentale Stärke. Du musst lernen, durch Phasen der Erschöpfung zu gehen – ohne aufzugeben. Diese mentale Haltung hilft mir enorm im unternehmerischen Alltag.

Gleichzeitig ist der Sport für mich ein Ausgleich – ein Ort der Stille und Selbstbegegnung. Beim Laufen, Radfahren oder Schwimmen entstehen viele meiner Ideen. Es ist die Zeit, in der ich Strategien durchdenke, Entscheidungen vorbereite oder einfach mal den Kopf frei bekomme. Und nicht zuletzt ist ein Ironman auch ein Symbol: dafür, was möglich ist, wenn man dranbleibt. Diese Haltung versuche ich im Unternehmen vorzuleben – nicht als Dogma, sondern als Einladung, sich selbst und die eigenen Grenzen immer wieder neu zu definieren.

LEADERSNET: Was bedeutet mentale Stärke für Sie – im Sport wie im Business?

Steven Baumgaertner: Mentale Stärke bedeutet für mich, auch dann einen klaren Kopf zu bewahren, wenn es schwierig wird – und genau dann die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn andere aufgeben würden. Sie zeigt sich nicht in den Momenten, in denen alles läuft, sondern in den Phasen, in denen man zweifelt, scheitert oder unter Druck steht.

LEADERSNET: Wie zeigt sich diese mentale Stärke konkret im Sport – und wie übertragen Sie das auf Ihre Rolle als Unternehmer?

Steven Baumgaertner: Im Sport ist mentale Stärke die Fähigkeit, weiterzulaufen, wenn der Körper längst Stopp signalisiert – weil der Kopf das Ziel kennt und der Wille stärker ist als die Erschöpfung. Beim Ironman geht es nicht nur um körperliche Fitness, sondern darum, den inneren Dialog zu beherrschen: Zweifel zu managen, sich neu zu fokussieren und den eigenen Rhythmus wiederzufinden – auch auf Kilometer 180.

Im Business ist es ganz ähnlich. Mentale Stärke bedeutet hier: Verantwortung zu übernehmen, auch wenn es unbequem ist. Entscheidungen zu treffen, wenn nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Ruhe zu bewahren, wenn andere laut werden. Und immer wieder aufzustehen, wenn man gefallen ist – ohne dabei die eigene Überzeugung zu verlieren.

Ein ganz zentraler Aspekt ist auch: Sich vor das Team zu stellen, wenn es notwendig ist. Gerade in herausfordernden Zeiten ist es Aufgabe einer Führungskraft, Haltung zu zeigen, Rückendeckung zu geben und das Team zu schützen – auch wenn es Gegenwind gibt. Mentale Stärke heißt dann nicht nur, die eigene Balance zu halten, sondern auch Stabilität für andere zu bieten. Es geht nicht um Härte, sondern um Klarheit, Selbstführung und emotionale Souveränität. Und es geht auch darum, Verletzlichkeit zuzulassen, ohne sich davon lähmen zu lassen. Mentale Stärke ist kein Zustand, sondern eine Haltung – und sie wächst mit jeder Herausforderung, die man annimmt, durchsteht und in Stärke verwandelt.

LEADERSNET: Welche Rituale oder Gewohnheiten helfen Ihnen dabei, langfristig leistungsfähig und fokussiert zu bleiben?

Steven Baumgaertner: Um ehrlich zu sein: Ich habe keine klassischen Rituale im Sinne von festen Abläufen oder immer gleichen Routinen. Was mir stattdessen hilft, ist der Sport – und zwar nicht als Ausgleich, sondern als fester Bestandteil meines Lebens und Denkens.

LEADERSNET: Was sind die nächsten großen Meilensteine für cyber-Wear?

Steven Baumgaertner: Unser Blick ist klar auf Wachstum mit Substanz gerichtet. Wir haben in den vergangenen Jahren eine starke Grundlage gelegt – durch konsequente Digitalisierung, nachhaltige Produktstrategien, internationale Expansion und den Aufbau einer hochautomatisierten Logistik. Jetzt geht es darum, diese Basis zu skalieren und strategisch weiterzuentwickeln. Ein zentraler Meilenstein ist unser Ziel, cyber-Wear in den nächsten Jahren zu verdoppeln – wirtschaftlich wie strukturell. Das bedeutet: mehr Standorte, mehr Kapazitäten, mehr Kundenlösungen – aber alles eingebettet in einen klaren Qualitätsanspruch und mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit.

LEADERSNET: Welche konkreten Maßnahmen verfolgen Sie auf diesem Weg?

Steven Baumgaertner: Unser Anspruch ist es, Europas führender Anbieter für Merchandise, Corporate Fashion und Workwear zu werden. Dafür investieren wir gezielt in Technologie, kreative Produktentwicklung und den Ausbau unserer internationalen Infrastruktur. Gleichzeitig arbeiten wir daran, unsere Rolle als strategischer Partner für globale Marken weiter zu stärken – nicht nur als Lieferant, sondern als integrativer Teil ihrer Markenwelt.

Ein weiterer Hebel ist der Aufbau skalierbarer Plattformmodelle, mit denen wir Full-Service-Prozesse noch effizienter und kundenindividueller gestalten können – von der Produktentwicklung über digitale Ordering-Plattformen bis hin zur globalen Auslieferung. Wir wollen nicht nur wachsen, sondern relevanter werden – für Marken, für Märkte und für Menschen. Das gelingt nur, wenn man Haltung, Innovation und Exzellenz dauerhaft zusammenbringt. Genau daran arbeiten wir – mit voller Überzeugung.

LEADERSNET: Wo sehen Sie die Werbeartikelbranche in fünf Jahren?

Steven Baumgaertner: Die Werbeartikelbranche steht an einem Wendepunkt – und ich bin überzeugt: In fünf Jahren wird sie deutlich professionalisierter, digitalisierter, nachhaltiger und auch globaler sein als heute. Standardprodukte und Streuartikel von der Stange werden weiter an Bedeutung verlieren. Gefragt sind maßgeschneiderte Markenlösungen, die echten Mehrwert schaffen – emotional, funktional und strategisch. Werbeartikel werden nicht mehr als reine Giveaways verstanden, sondern als integraler Bestandteil ganzheitlicher Markenkommunikation.

LEADERSNET: Welche Rolle werden Nachhaltigkeit und Digitalisierung künftig spielen?

Steven Baumgaertner: Nachhaltigkeit wird nicht nur eine Anforderung sein, sondern ein Grundkriterium für die Zusammenarbeit mit großen Marken. Themen wie Kreislaufwirtschaft, CO₂-Bilanzierung, transparente Lieferketten und zertifizierte Materialien werden die Branche inhaltlich wie strukturell neu definieren. Digitalisierung wird Prozesse radikal vereinfachen und gleichzeitig neue Anforderungen schaffen: Echtzeit-Daten, integrierte Plattformlösungen, automatisierte Logistik und flexible Individualisierung werden zum Standard.

LEADERSNET: Welche Marktveränderungen zeichnen sich darüber hinaus ab?

Steven Baumgaertner: Ein weiterer, oft unterschätzter Faktor ist die fortschreitende Konsolidierung durch Globalisierung. Internationale Marken erwarten heute konsistente Lösungen über Ländergrenzen hinweg – in Design, Qualität, Logistik und Abwicklung. Das erfordert Strukturen, die skalierbar und international vernetzt sind. Kleinere Player ohne diese Infrastruktur werden es zunehmend schwer haben. Wir erleben bereits jetzt, wie sich der Markt verdichtet – mit wenigen starken Full-Service-Anbietern, die international liefern können, und einem Rückgang der klassischen Handelsstrukturen.

LEADERSNET: Wie wird sich die Branche kulturell entwickeln?

Steven Baumgaertner: Kooperation, Plattformdenken und Partnerschaften werden zentrale Erfolgsfaktoren – nicht Besitzstand, sondern Beweglichkeit wird zählen. Ich sehe darin enorme Chancen für alle, die sich strategisch, nachhaltig und international aufstellen. Die nächsten fünf Jahre werden den Unterschied machen zwischen kurzfristiger Existenz und langfristiger Relevanz.

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