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Phubbing: Wie der dauernde Blick aufs Smartphone die Führungskompetenz untergräbt

| Natalie Oberhollenzer 
| 17.12.2025

Phubbing ist ein Wort, das noch nicht jeder kennt – das Phänomen dahinter aber schon. Gemeint ist das Brüskiertwerden durch ein Smartphone: Jemand greift zum Display, liest, tippt oder nimmt einen Anruf an, während er gerade mit Ihnen spricht. "Phone" plus "snubbing" – Handy plus Brüskieren. Im Privaten ist das oft nur ein kleiner Stich. Im Berufsleben ist es eine Führungsfrage.

"Phubbing" ist die Kombination aus Phone und Snubbing (Brüskieren). Es ist der Moment, in dem die Führungskraft im 1:1-Gespräch, im Meeting oder auf dem Flur zum Smartphone greift, scrollt oder tippt. Was als Beweis für "always on" und Multitasking gedacht ist, wird von der Belegschaft als klares Signal interpretiert: "Etwas anderes ist wichtiger als dieses Gespräch."

Für Führungskräfte ist dies ein kritischer blinder Fleck. Aufmerksamkeit ist die härteste Währung der Führung. Wer sie fragmentiert, zahlt mit messbaren Verlusten. Etwa mit Vertrauenserosion. Denn der Blick aufs Gerät kann ein Symbol für Distanz und mangelnde Wertschätzung sein. In hybriden Arbeitswelten ist Distanz das Gift für Bindung. Außerdem droht ein Qualitätsverlust. Gephubbte Mitarbeiter sprechen kürzer, teilen seltener kritische Meinungen oder gute Ideen. Die psychologische Sicherheit sinkt, was die Entscheidungsqualität im Team direkt verschlechtert. Und es kann eine Macht-Asymmetrie entstehen. Wenn Mitarbeitenden das Handy im Meeting untersagt wird, der Chef sich die ständige Unterbrechung aber erlaubt, wird Phubbing zur Machtdemonstration. Hierarchie wird nicht über Kompetenz, sondern über Aufmerksamkeitssperren ausgedrückt.

Der Aufwand, verlorenes Vertrauen und gesunkenes Engagement durch Reporting, Kontrolle oder erneute Erklärungen zu ersetzen, ist weitaus höher, als die paar Minuten, die durch den ständigen Blick aufs Display "gewonnen" werden.

Der Chef, das Vorbild

Es ist keine Frage der Moral, sondern eine der Disziplin. Wer Fokus von seinem Team erwartet, muss ihn selbst vorleben. Hier einige Regelvorschläge, die helfen können:

1. Präsenzfenster hart definieren

Legen Sie für alle Meetings, die länger als 30 Minuten dauern, klare, dogmenfreie Zonen fest. Vereinbaren Sie: Die ersten 30 Minuten sind "Phone-Down-Time". Das gilt für alle, auch für Sie. Beginnen Sie Meetings mit der Ansage: "Wir sind schneller fertig und treffen bessere Entscheidungen, wenn wir alle wirklich hier sind. Bitte Geräte umdrehen."

2. Unterbrechungen professionalisieren

Da Führungskräfte oft erreichbar sein müssen, ersetzen Sie heimliches Scrollen durch Transparenz. Wenn Sie einen wichtigen Anruf erwarten, teilen Sie dies dem Gesprächspartner oder dem Meeting-Team vorab mit: "Ich muss in 10 Minuten mit dem Vorstand sprechen. Wenn es klingelt, gehe ich für zwei Minuten raus." Diese Ehrlichkeit signalisiert Respekt.

3. Vertrauen vor Kontrolle priorisieren

Seien Sie sich bewusst: In heiklen Gesprächen (Feedback, Konflikte, Entwicklung) wirkt das Smartphone als Beziehungskiller. Das absolute Zeigen von Präsenz in diesen Momenten baut Kapital auf, das später in Stresssituationen oder bei notwendigen Extrameilen abgerufen werden kann. Die Qualität Ihrer Beziehungen ist der ROI Ihrer Aufmerksamkeit.

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