Neobroker erzielt Milliardenbewertung
Trade Republic ist jetzt Deutschlands wertvollstes Start-up

Zehn Millionen Kund:innen, neue Produkte, Vollbanklizenz – Trade Republic positioniert sich zunehmend als digitale Universalbank. Eine Umschichtung von Anteilen hat dem Berliner Unternehmen nun den höchsten Start-up-Wert in Deutschland beschert. Der Markt beobachtet diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen.

Trade Republic steht nicht mehr nur für günstiges Wertpapier-Investing. Mit einem erweiterten Produktportfolio und strategischen Neuerungen hat sich das Berliner Fintech tief in den Alltag seiner Nutzer:innen integriert. Nun folgt ein symbolträchtiger Etappensieg: Mit einer Bewertung von 12,5 Milliarden Euro überflügelt das Unternehmen alle anderen Start-ups in Deutschland – ohne klassische Kapitalaufnahme.

Vom Neobroker zur digitalen Vollbank

Innerhalb von drei Jahren hat sich bei Trade Republic vieles verändert: Die Kundenzahl ist auf rund zehn Millionen gestiegen, neue Dienstleistungen wie Bezahlkarte, Girokonto und Private-Equity-Investments ergänzen das ursprüngliche Broker-Angebot. Mit dem Erwerb einer Vollbanklizenz Ende 2023 wurde ein bedeutender Meilenstein erreicht – und das Fundament für die Skalierung als ganzheitliche Plattform gelegt.

Diese Entwicklung verläuft in einem Marktumfeld, das für viele Tech-Unternehmen schwierig bleibt. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich Trade Republic ohne eine neue Finanzierungsrunde in den Fokus der Investoren rückt – und eine Bewertung erzielt, die das Start-up über Branchen wie Verteidigung (Helsing) oder Chemie (Brenntag) hinausträgt.

Bewertungssprung durch Anteilsumschichtung

Den Wertzuwachs verdankt das Unternehmen einem sogenannten Secondary Deal, bei dem Altinvestor:innen ihre Anteile an neue Geldgeber veräußerten. Dies führte zur Neubewertung auf 12,5 Milliarden Euro. Zu den neuen Investoren zählen unter anderem Wellington, GIC (Staatsfonds Singapur), Fidelity sowie die Family Offices der Agnelli- und Arnault-Dynastien. Auch bestehende Kapitalgeber wie Founders Fund oder Sequoia haben aufgestockt.

Laut eines Berichts der WirtschaftsWoche äußerten sich einzelne Beteiligte überrascht, dass der Bewertungsaufschlag nicht noch höher ausfiel – angesichts der Verzehnfachung der Kundenzahl seit 2022 und der Produktdiversifikation.

Die Sino AG, erster institutioneller Partner von Trade Republic, trennte sich im Zuge des Deals von 15 Prozent ihrer Anteile. Über weitere Verkäufe wurde bislang nichts bekannt.

Vertrauen trotz Kritik – was bedeutet das für den Markt?

Obwohl Trade Republic derzeit viel Rückenwind genießt, bleibt nicht jede Schlagzeile positiv. Nutzer:innen berichten seit Monaten von technischen Störungen und mangelnder Service-Erreichbarkeit. In der Branche wird bereits darüber spekuliert, ob sich die Finanzaufsicht BaFin stärker einbringen könnte – bestätigt ist das bisher nicht.

Dass der aktuelle Deal dennoch zustande kam, zeigt vor allem eines: Das Vertrauen institutioneller Kapitalgeber in skalierbare digitale Bankmodelle bleibt hoch – insbesondere, wenn Kundenzugang, Technologie und Regulierungsstatus zusammenpassen.

Für den deutschen Fintech-Sektor ist das ein starkes Signal. Trotz Zurückhaltung an vielen Kapitalmärkten sind Rekordbewertungen möglich – auch ohne frisches Geld. Entscheidend ist, wie klar die Vision ist, wie stark die Nutzerbindung funktioniert – und wie glaubwürdig der Weg zur nachhaltigen Monetarisierung wirkt.

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