Neues Lufthansa-Logo
Schön geworden!

| Natalie Oberhollenzer 
| 14.12.2025

Die Lufthansa Group hat ihren Markenauftritt erneuert. Diesmal geht es tatsächlich um mehr als ein paar frische Screens und einen nachgezogenen Schriftzug. Der Konzern stellt seinen berühmten Kranich als Dachmarken-Symbol in den Mittelpunkt und versucht sichtbar zu machen, was strategisch längst Realität ist: Aus einer Gruppe einzelner Airlines wird eine integrierte Airline-Gruppe.

Für ein Unternehmen, das sich nach Pandemie, Streiks und Service-Debatten neu sortieren muss, ist dieser Schritt kein Schönheitsfehler, sondern ein klares Signal an Kunden, Markt und Mitarbeiter. Im offiziellen Wording heißt das, die "Stärke der Lufthansa Group sichtbarer" machen zu wollen und Serviceangebote stärker unter der Group-Marke zu bündeln. Dahinter steckt eine einfache Überlegung: Wer als Passagier von Swiss auf Austrian umsteigt, Luftfracht bucht oder über eine Partner-Airline fliegt, soll deutlicher als bisher erkennen, dass all das Teil einer gemeinsamen Welt ist. Der neue Markenauftritt ist damit das visuelle Pendant zur organisatorischen Entwicklung vom Airline-Zoo zum Konzern mit Anspruch auf stringente Markenführung.

Blau – vom Boden bis zum Himmel

Auffälligstes Zeichen dieser Zäsur ist der Kranich selbst. Für die Lufthansa Group tritt er künftig ohne den berühmten Kreis auf – freigestellt, reduziert, sehr klar als Signet der Holding. Der Kreis bleibt dort, wo er hingehört: bei der Airline Lufthansa. Damit trennt der Konzern erstmals konsequent zwischen der operativen Fluggesellschaft und der Group-Ebene. Ergänzt wird das neue Logo um eine eigenständige Schrift und eine erweiterte Farbpalette, die in der internen Logik unterschiedliche „Höhenstufen“ vom Boden bis zum Himmel abbilden und so die Vielfalt der Aktivitäten der Gruppe markieren sollen. Man kann das etwas poetisch finden – in erster Linie schafft es aber System: Ein Konzern, fünf Netzwerk-Airlines, mehrere touristische Marken, Technik, Cargo, über 300 Beteiligungen – ohne visuelles Raster wäre dieses Gebilde kommunikativ kaum noch zu greifen.

Ein weiterer Baustein ist der Zusatz "Member of Lufthansa Group", der künftig auf allen Flugzeugen der Gruppe, auf digitalen Bordkarten, Websites, Lounges und an Flughafen-Touchpoints zu sehen sein wird. Was wie ein kleines Label wirkt, ist markenstrategisch ein starkes Instrument: Wenn auf Edelweiss, Austrian oder Brussels Airlines derselbe Absender im Hintergrund auftaucht, überträgt sich das Vertrauenskapital der Kranich-Marke auf die ganze Familie. Endorsement-Branding – aber konsequent und über alle Kanäle durchdekliniert.

Dieter Vranckx, Chief Commercial Officer der Lufthansa Group, nennt das Ganze in der Presseaussendung einen "strategischen Meilenstein" und spricht von einem "visuellen Anker des Vertrauens" in einem herausfordernden Umfeld. Man kann das als PR-Formel abtun, aber der Kern stimmt: In einer Branche, in der Krisen und Skandale in wenigen Stunden um die Welt gehen, ist ein klarer Absender über alle Marken und Produkte hinweg kein Luxus, sondern Versicherungsprämie. Eine visuelle Identität in der Luftfahrt muss mehr leisten als hübsch aussehen – sie muss Orientierung bieten, Komplexität reduzieren und Vertrauen schnell kodierbar machen.

Ein integriertes System

Spannend ist aus fachlicher Sicht, wie behutsam der Relaunch an das historische Erbe herangeht. Der Kranich ist seit fast einem Jahrhundert das stärkste Symbol der Marke. Ihn zu verändern wäre ein Risiko gewesen, das man zurecht nicht eingeht. Stattdessen wird er in zwei Rollen aufgeteilt: Ikone der Airline und Absenderzeichen der Group. Die eigentliche Modernisierung passiert in Proportionen, Trägerformen, Typografie und Farbwelt – also genau dort, wo sich Marken im digitalen Raum heute beweisen müssen. Das Ergebnis wirkt ruhiger und erwachsener als viele der lauten, auf Effekt getrimmten Rebrushes, die man zuletzt in anderen Branchen gesehen hat.

Dazu passt, dass die Lufthansa Group den Relaunch nicht nur als Designübung, sondern klar als wirtschaftliches Instrument begreift. Der Konzern ist nach Umsatz und Flottengröße die viertgrößte Airline-Gruppe der Welt. In einer derartig komplexen Struktur ist jede zusätzliche Submarke mit eigenem Look, eigener Kampagne und eigenen Assets ein Kostenfaktor. Wenn künftig ein größerer Teil der Budgets in die Dachmarkenstrategie und eine gemeinsame Identität fließt, ist das nicht nur markentechnisch, sondern auch betriebswirtschaftlich konsequent. Cross-Selling – vom Flug über Technikleistungen bis hin zur Fracht – funktioniert leichter, wenn für alle diese Angebote ein klar erkennbarer Absender existiert. Und auch Richtung Kapitalmarkt sendet der Konzern ein Signal: Wir sind nicht fünf nationale Airlines mit ein bisschen Gemeinsamkeit, wir sind ein integriertes System.

Der Kranich als Dach

Das Spannungsfeld zwischen Konzernmarke und Einzelmarken bleibt dennoch bestehen – und genau hier zeigt sich, dass der Relaunch mehr Ordnung als Einheitsbrei bringt. Swiss, Austrian, Brussels & Co. behalten ihre eigenen Markenauftritte, ihre Tonalität, ihre kulturelle Verankerung. Die Group zieht lediglich einen verbindenden Rahmen: der Kranich als Dach, der Endorsement-Zusatz an Flugzeugen, Lounges und digitalen Touchpoints, die Farben und Schriften als Klammer. Für die Agenturen und internen Teams, die künftig Kampagnen und Auftritte für all diese Marken entwickeln, ist das eine gute Nachricht: Es gibt ein klares Set an Regeln – und innerhalb dieses Sets weiterhin genügend Spielraum für individuelle Geschichten.

Unterm Strich ist der Corporate-Redesign strategisch hergeleitet, er respektiert die Historie, er funktioniert in der Fläche. Und er schreit nicht nach Aufmerksamkeit um jeden Preis.

Warum wir das gut finden? Weil hier Strategie und Gestaltung tatsächlich deckungsgleich sind. Das Versprechen, aus einer Gruppe von Airlines eine integrierte Airline-Gruppe zu machen, wird im Design nachvollziehbar und anfassbar. Weil Heritage nicht wegpoliert, sondern intelligent weitergedacht wird – der Kranich bleibt der Kranich und weil der Konzern, der täglich Vertrauen verkaufen muss, sich für eine visuelle Sprache entscheidet, die Ruhe ausstrahlt statt Nervosität. Kurzum:eEine gelungene Sache.

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