Rüstungs-Start-up kauft Flugzeughersteller
Helsing übernimmt Grob Aircraft – und sichert sich Expertise im Hardware-Sektor

| Redaktion 
| 05.06.2025

Europas wertvollstes Rüstungs-Start-up Helsing geht erstmals auf Einkaufstour – und übernimmt den bayerischen Traditionshersteller Grob Aircraft. Mit dem Deal verschafft sich das in München ansässige Unternehmen Zugang zu jahrzehntelanger Hardwarekompetenz – und setzt ein Zeichen im Rennen um die Zukunft europäischer Verteidigungstechnologie.

Offiziell bestätigt wurde die Übernahme am Mittwoch von beiden Seiten. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Für Helsing-Mitgründer und Co-CEO Gundbert Scherf ist der Schritt dennoch mehr als ein bloßer Zukauf: "Unsere Kompetenzen ergänzen sich perfekt. Gemeinsam wollen wir Technologien der nächsten Generation für den Luftkampf entwickeln und gleichzeitig Europas strategische Autonomie stärken", erklärt er dem Handelsblatt.

Vom Software-Pionier zum Komplettanbieter

Helsing ist bekannt für KI-basierte Verteidigungssoftware – insbesondere für elektronische Kampfführung und Zielerkennung in Echtzeit. Nun folgt die nächste Evolutionsstufe: Der KI-Spezialist erweitert sein Profil Richtung Hardware, um künftig nicht nur Algorithmen, sondern ganze Plattformlösungen anbieten zu können. Der Hintergrund: Im Verteidigungsbereich bleibt reine Software schwer skalierbar – Ausschreibungen bevorzugen Komplettsysteme.


Grob Aircraft mit Sitz in Tussenhausen (Bayern) steht seit den 1970er Jahren für innovative Leichtflugzeuge aus Verbundwerkstoffen – viele davon Weltrekordträger in ihrer Klasse. Der Hersteller beliefert sowohl zivile als auch militärische Kunden, darunter die kanadische und die schwedische Luftwaffe. Die bestehende Infrastruktur inklusive Flugplatz, hoch spezialisierter Produktion und Schulungsprogrammen macht Grob zum idealen Partner für Helsing – das Start-up kündigte bereits Investitionen und neue Arbeitsplätze vor Ort an.

Wettlauf um Europas militärische Innovationsführerschaft

Der Deal ist aber nicht nur ein strategischer Meilenstein für Helsing, sondern auch ein Signal im sich zuspitzenden Wettbewerb um Europas sicherheitstechnologische Zukunft. Während sich US-Start-ups traditionell auf große nationale Budgets verlassen können, konsolidiert sich in Europa eine neue Generation von Verteidigungsunternehmen – Helsing gilt mit einer Bewertung von rund fünf Milliarden Euro und über 830 Millionen Dollar eingesammeltem Risikokapital als Speerspitze dieser Bewegung.

Große Namen wie Spotify-Gründer Daniel Ek (Prima Materia) und General Catalyst gehören zu den Investoren – und sie setzen auf eine Vision: europäische Verteidigung aus europäischer Hand.

Die Übernahme fällt in eine Phase geopolitischer Neuorientierung: Angesichts protektionistischer Tendenzen in den USA – inklusive angedrohter Strafzölle auf chinesische Exporte durch Donald Trump – suchen Plattformen wie Temu und Shein verstärkt nach Absatzmärkten in Europa. Im Windschatten dieser Entwicklung entsteht ein regelrechter Run auf europäische Marktanteile – auch im Rüstungs- und Sicherheitsbereich. Wer jetzt Infrastruktur, Expertise und lokale Verankerung sichert, könnte sich langfristig behaupten.

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