Pleitewelle rollt weiter
Insolvenzen auf Höchststand – Autobranche besonders betroffen

Die Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland ist so hoch wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Vor allem die Industrie steht unter Druck – allen voran die Autobranche. Zu den Ursachen zählen eine schwache Nachfrage, hohe Kosten und eine schwindende Liquidität.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2025 auf 11.900 gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – und markiert den höchsten Stand seit zehn Jahren. Das geht aus aktuellen Daten der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor, die der Business Insider zitiert.

Die anhaltende konjunkturelle Schwäche und strukturelle Herausforderungen setzen Unternehmen zunehmend unter Druck. Laut Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform wirken sich insbesondere hohe Energie- und Finanzierungskosten, sinkende Aufträge und ein allgemein unsicheres Marktumfeld negativ aus. Viele Betriebe hätten ihre finanziellen Reserven aufgebraucht. Hinzu kämen restriktivere Kreditvergaben durch Banken.

Die Folge: Selbst größere Unternehmen wie der Modekonzern Gerry Weber oder das Lufttaxi-Startup Lilium mussten in diesem Jahr Insolvenz anmelden.

Autobranche vor neuer Umbruchwelle

Besonders angespannt ist die Lage in der Automobilindustrie. Branchenexperten wie Jens Stobbe vom Kreditversicherer Atradius rechnen mit weiteren Stellenstreichungen und Werksschließungen. Grund dafür seien unter anderem Überkapazitäten, der schleppende Absatz sowie die kostspielige Umstellung auf Elektromobilität und digitale Geschäftsmodelle.

"Aktuell ist die Branche stark durch Unsicherheit, Konsolidierung und erheblichen Anpassungsdruck geprägt", so Hantzsch im Business Insider. Ein Strukturwandel sei unausweichlich, betont auch Stobbe: "Die deutsche Autoindustrie muss sich neu erfinden oder zumindest deutlich verschlanken."

Hoher Schaden für Gläubiger – Kliniken ebenfalls stark betroffen

Die wirtschaftlichen Folgen der Insolvenzwelle sind erheblich: Laut Creditreform belaufen sich die Forderungsausfälle im ersten Halbjahr 2025 auf 33,4 Milliarden Euro – knapp vier Milliarden mehr als im Vorjahreszeitraum. Zudem sind über 141.000 Arbeitsplätze bedroht oder bereits verloren gegangen, vor allem durch Großinsolvenzen im Klinik- und Pflegebereich. 

Auffällig: Rund 80 Prozent der Insolvenzen betreffen Kleinunternehmen.

Ein Ende der Entwicklung ist laut Experten nicht in Sicht. Jonas Eckhardt von der Beratungsgesellschaft Falkensteg rechnet mit einem weiteren Anstieg der Insolvenzen im Gesamtjahr. So könnte 2025 das vierte Jahr in Folge mit steigenden Firmenpleiten werden – im Vergleich zum Vorkrisenniveau wäre das mehr als eine Verdopplung.

Der Mix aus Konjunkturschwäche, strukturellem Wandel und sinkender Sanierungsbereitschaft der Gläubiger lasse kaum Hoffnung auf eine rasche Besserung zu, so Eckhardt.

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