Kalshi
Jüngste Selfmade-Milliardärin: Wie ihr Unternehmen die Nachrichtenwelt herausfordert

| Redaktion 
| 21.12.2025

Eine 29-jährige Selfmade-Milliardärin, eine Traumbewertung und ein Geschäftsmodell, das verdächtig wettähnliche Vorgänge erfolgreich als Informationsinstrument verkauft: Kalshi vereint Startup-Mythos, Finanzmarktlogik und Medienrelevanz in ungewöhnlicher Weise. Der Einzug der Prediction-Market-Plattform in die US-Berichterstattung macht deutlich, dass es hier nicht "nur" um Geld und Technologie geht, sondern die Zukunft öffentlicher Meinungsbildung geht.

Es war ein aufregender Herbst für Kalshi: Anfang Dezember hat das 2018 gegründete Unternehmen eine von Paradigm angeführte Serie-E-Finanzierungsrunde in Höhe von einer Milliarde US-Dollar bei einer Bewertung von elf Milliarden US-Dollar bekanntgegeben.

Kalshi bezeichnet sich daraus folgend als weltweit größte Prediction-Market-Plattform (also ein regulierter Marktplatz für Prognosekontrakte), auf der Menschen "mit realen Ereignissen handeln" können – seien es Wahlen, das Wetter oder kulturelle Begebenheiten.

Dabei setzen Nutzer auf klar definierte, binäre Ereignisse. Ein entsprechender Kontrakt zahlt einen festen Betrag aus, wenn das Ereignis eintritt, während der aktuelle Marktpreis die aggregierte Einschätzung aller Marktteilnehmer über die Eintrittswahrscheinlichkeit widerspiegelt.

Kalshi will Debatten ersetzen

Operativ ähnelt Kalshi damit einem Termin- beziehungsweise Derivatemarkt und weniger einem Wettbüro. Für den einzelnen Nutzer fühlt sich ein politischer oder kultureller Kalshi-Kontrakt funktional jedoch kaum anders an als eine Online-Wette.

Der entscheidende Unterschied zum klassischen Glücksspiel liegt auf formaler Ebene: Kalshi ist von der US-Aufsichtsbehörde CFTC als Finanzmarkt zugelassen, nicht als Glücksspielanbieter – unter der Argumentation, dass die Kontrakte der Risikobewertung dienen und Kalshi Informationsgehalt zu objektiv verifizierbaren Ereignissen erzeugt, statt Zufallsergebnisse zu monetarisieren.

"Kalshi ersetzt Debatten, Subjektivität und Gespräche durch Märkte, Genauigkeit und Wahrheit. Wir haben eine neue Art des Konsums und der Auseinandersetzung mit Informationen geschaffen", erklärt es Tarek Mansour, CEO von Kalshi, der überzeugt ist: "Es ist heute schwierig, sich eine Meinung über die Zukunft zu bilden, ohne an Kalshi zu denken."

Ballerina mit Milliardenvermögen

Im Zuge der eingangs erwähnten Elf-Milliarden-Bewertung erfährt dieser Tage vor allem Luana Lopes Lara viel mediale Aufmerksamkeit, die Kalshi gemeinsam mit Mansour aus der Taufe gehoben hat. Schließlich macht sich Erfolg ihrer Plattform für die erst 29-jährige wortwörtlich bezahlt: Die gebürtige Brasilianerin gilt nun als jüngste (bekannte) Selfmade-Milliardärin aller Zeiten.

Der Bild zufolge bringt sie es auf ein Vermögen von 1,3 Milliarden US-Dollar. Darüber hinaus geht der Beitrag auf ihre Vergangenheit als Ballerina ein, in der sie unter anderem am Salzburger Landestheater in Schwanensee-Aufführungen getanzt hat.

 
 
 
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Auch auf eine Sammelklage in den USA wird Bezug genommen, die sich unter anderem darum dreht, inwiefern Sportprognosen bei Kalshi als Sportwetten im klassischen Sinne durchgehen. In einigen Bundesstaaten sind diese stark reguliert.

"Kalshi ist eine Börse", bekräftigte Luana Lopes Lara daraufhin auf X. "Es handelt sich um eine Peer-to-Peer-Börse ohne Haus. Jeder kann Aufträge erteilen und mit jedem anderen handeln, egal, ob es sich um eine Person oder ein Unternehmen handelt. Wie bei jeder Finanzbörse gibt es auch bei uns Market Maker, die offen miteinander konkurrieren und zur Liquidität beitragen."

Die Anschuldigungen gegen ihr Unternehmen sind demnach "falsch und zeugen von einem grundlegenden (und möglicherweise absichtlichen) Missverständnis der Funktionsweise dieser Märkte", wie sie weiter schreibt.

Kalshi zieht in US-Berichterstattung ein

Der aufregende Kalshi-Herbst umfasste neben einer Thematisierung in "South Park" auch eine Anfang Dezember mit CNN eingefädelte Kooperation: Für den US-amerikanischen Nachrichtensender fungiert das Unternehmen künftig als "offizieller Prediction Markets Partner" und ermöglicht die redaktionelle Nutzung der eigenen Marktdaten.

CNN erhält Zugriff auf Live-Wahrscheinlichkeiten, die in Grafiken, Analysen und teilweise in laufenden Sendungen eingebunden werden. Der Sender unterstreicht, dass die redaktionelle Kontrolle vollständig erhalten und Kalshi als ergänzende Informationsquelle neben Umfragen, Experteneinschätzungen und klassischen Statistiken dienen soll. CNBC verkündete wenige Tage später einen ähnlichen Deal.

Zusammenarbeiten wie diese markieren einen qualitativen Sprung: Kalshi verlässt die (schon jetzt milliardenschwere) Nische finanz- und technikaffiner Nutzer und rückt in den Kern der massenmedialen Öffentlichkeit vor.

Womöglich kann Kalshi den Journalismus dabei tatsächlich bereichern. Prognosemärkte aggregieren Erwartungen in Echtzeit, reagieren schneller als Umfragen und machen Unsicherheit sichtbar, statt sie zu verdecken. Als transparent gekennzeichnete Zusatzebene können Kalshi-Daten dabei helfen, Nachrichten zu erklären und ihre mögliche Entwicklung nachvollziehbar zu machen.

Die Verantwortung liegt bei der Redaktion

Dennoch kommt auch diese Rose nicht ohne Dornen daher: Prognosemärkte messen keine Meinungen, sondern kapitalgewichtete Erwartungen. Wer über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, kann diese Wahrscheinlichkeiten beeinflussen – nicht zwangsläufig, um richtig zu liegen, sondern um die gewünschten Signale zu senden.

Werden diese Signale in reichweitenstarken Nachrichtensendungen visualisiert, entsteht ein Rückkopplungseffekt zwischen Markt, Berichterstattung und öffentlicher Wahrnehmung, was die Grenze zwischen Analyse und Einflussnahme verwischt.

Eine verantwortungsbewusste und transparente Integration ist das erstrebenswerte Ideal, denn: Je stärker von Kalshi übermittelte Marktpreise als Ausdruck einer öffentlichen Stimmung gelesen und verpackt werden, desto größer wird die Gefahr subtiler Meinungssteuerung.

Ob eine Leistung wie die von Kalshi zum wertvollen Analyseinstrument oder zum problematischen Verstärker wird, entscheidet sich letztlich also in den Redaktionen, die sich auf den Prediction Market einlassen.

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