Debatte um Krankschreibungen
KBV-Chef Gassen rät zu gelockerter Attestpflicht

| Redaktion 
| 12.10.2025

Pro Jahr werden Krankschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe in Deutschland ausgestellt. Das liegt auch daran, dass Arbeitnehmer nach drei ausgefallenen Kalendertagen eine ärztliche Bescheinigung vorlegen müssen – auf Anfrage des Arbeitgebers sogar vorher. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sieht in beiden Punkten erhebliches Entlastungspotenzial für unser Gesundheitswesen.

Zweck der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die Interessenvertretung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten in Deutschland. Sie setzt sich dafür ein, dass die ambulante medizinische Versorgung der gesetzlich Versicherten flächendeckend gesichert ist und verhandelt mit den Krankenkassen über Vergütung und Leistungsumfang.

Darüber hinaus entwickelt die KBV eigene Richtlinien zur Qualitätssicherung und unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder. Ihr Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Patientenversorgung, ärztlicher Selbstverwaltung und wirtschaftlicher Stabilität im Gesundheitswesen.

Unter anderem um besagte Stabilität ist es anhaltend schlecht bestellt, weshalb auch mit Blick auf die gesetzlichen Krankenversicherungen eifrig nach Einsparungsmaßnahmen gesucht wird. Nun hat KBV-Chef Andreas Gassen mit einem Vorschlag für Aufsehen gesorgt.

"Abertausende Arztbesuche" eigentlich überflüssig

"Die gesetzliche Möglichkeit für Arbeitgeber, bereits in den ersten drei Tagen die Vorlage einer Krankschreibung zu verlangen, produziert abertausende Arztbesuche, die aus unserer Sicht nicht zwingend notwendig wären", wird Andreas Gassen vom RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zitiert.

In diesem Punkt geht es Gassen zunächst also um eine geltende Ausnahmeregelung: Während eine Krankschreibung nach drei verpassten Kalendertagen üblich ist, kann ein Arbeitgeber eine Vorlage der ärztlichen Bescheinigung bei Bedarf auch schon vorher einfordern.

Deshalb könnte sich Gassen gut mit der Abschaffung dieser Regelung anfreunden. Er erklärt: "Eine generelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst ab dem vierten Tag hätte wieder mehr den Stellenwert eines wirklichen ärztlichen Attestes."

116 Millionen Krankschreibungen pro Jahr

Von den rund 116 Millionen Krankschreibungen pro Jahr würden etwa 35 Prozent maximal drei Tage umfassen. Ohne diesen Anteil könne das Gesundheitswesen ungefähr 100 Millionen Euro einsparen.

Grundsätzlich kann sich KBV-Chef Gassen neben dem Ende der erwähnten Ausnahmeregelung für Arbeitgeber auch eine Anhebung der Bescheinigungspflicht vorstellen: "Es geht uns um eine vom mündigen Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerin selbst verantwortete Karenzzeit", die statt der bisherigen drei etwa vier oder fünf Tage betragen könnte.

Gassen ging auch auf die noch strenger regulierten Bescheinigungen im Falle eines kranken Kindes ein, die per Gesetz bereits nach einem Tag erforderlich sind. Durch eine Änderung ließen sich hier seiner Ansicht nach "sowohl die kinderärztlichen Praxen als auch die Eltern der erkrankten Kinder deutlich entlasten", speziell in Phasen mit hohem Infektionsgeschehen.

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