Alle vier Jahre liefert der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung ein aktuelles Bild der sozialen Lage in Deutschland. Die jüngste Ausgabe offenbart große Unterschiede bei der Vermögensverteilung – vor allem entlang der Erwerbsbiografien. Während Selbstständige und Beamte überdurchschnittlich viel besitzen, sind Arbeitslose und viele Mieter weiterhin am unteren Ende der Skala zu finden. Der Bericht wird von einem interdisziplinären Gremium erstellt und stützt sich auf statistische Erhebungen sowie wissenschaftliche Analysen, die eine fundierte Grundlage für politische Diskussionen über Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit liefern. Laut dem Entwurf des Siebten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, der auf der offiziellen Website armuts-und-reichtumsbericht.de veröffentlicht wurde, basiert die aktuelle Analyse auf umfassenden statistischen Erhebungen und wissenschaftlichen Bewertungen.
Beruf entscheidet über Vermögen
Der durchschnittliche Nettovermögenszuwachs der vergangenen Jahre war beachtlich – dennoch ist der Wohlstand in Deutschland ungleich verteilt. Besonders deutlich zeigt sich das bei den Selbstständigen: Sie verfügen laut Bericht im Schnitt über mehr als eine Million Euro Nettovermögen. Das Medianvermögen – also der Wert, bei dem 50 Prozent mehr und 50 Prozent weniger besitzen – liegt bei 475.500 Euro und ist damit der höchste Wert unter allen Gruppen.
Ein zentraler Faktor für diesen Reichtum ist laut Bericht der Besitz von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen. Vor allem im Süden Deutschlands ist dieses Vermögenscluster besonders ausgeprägt. Dort finden sich auffallend viele mittelständische Familienbetriebe, deren wirtschaftlicher Erfolg sich direkt im Privatvermögen der Inhaber:innen widerspiegelt. Darüber hinaus profitieren Selbstständige häufig von flexibleren Einkommensquellen und steuerlichen Vorteilen, die ihre Vermögensbildung zusätzlich begünstigen.
Auch Beamte rangieren weit oben: Sie verfügen im Mittel über rund 500.000 Euro, ihr Median liegt bei 320.000 Euro. Damit liegen sie klar vor Angestellten (Median: 101.000 Euro) und Arbeitern (56.000 Euro). Die relative finanzielle Stabilität im öffentlichen Dienst, ein sicherer Arbeitsplatz und eine verlässliche Pensionsperspektive tragen maßgeblich zum langfristigen Vermögensaufbau bei. Arbeitslose besitzen mit einem Medianvermögen von nur 3.400 Euro am wenigsten – ein deutliches Zeichen für die ökonomische Verwundbarkeit dieser Gruppe.
Immobilieneigentum als Reichtumsfaktor
Ein wesentlicher Wohlstandstreiber ist laut dem Bericht der Immobilienbesitz. Wer schuldenfrei in den eigenen vier Wänden lebt, hat im Durchschnitt ein Nettovermögen von fast 700.000 Euro. Eigentümer mit laufender Hypothek kommen immerhin noch auf 530.000 Euro.
Demgegenüber stehen Mieter:innen mit einem durchschnittlichen Vermögen von unter 100.000 Euro. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass Mieterhaushalte im Schnitt jünger, kleiner und weniger einkommensstark sind – Faktoren, die ebenfalls das Vermögen beeinflussen. Zudem ist die Wohnimmobilie für viele Deutsche nicht nur ein Zuhause, sondern auch eine zentrale Form der Altersvorsorge. Gerade in Ballungszentren mit steigenden Mieten zeigt sich, wie stark Eigentum zur wirtschaftlichen Resilienz beiträgt.
Die Studie betont außerdem, dass Immobilienbesitz häufig über Generationen weitergegeben wird – ein Mechanismus, der die Vermögensunterschiede zwischen Haushalten langfristig verfestigt. Besonders Erbschaften und familiäre Unterstützung beim Immobilienerwerb führen laut den Forschenden dazu, dass Vermögen oft innerhalb bestimmter Milieus bleibt.
Regionale Unterschiede und soziodemografische Faktoren
Zwischen Ost- und Westdeutschland zeigt sich weiterhin ein deutliches Vermögensgefälle: Während westdeutsche Haushalte im Durchschnitt ca. 365.000 Euro besitzen, sind es in Ostdeutschland nur 170.000 Euro. Trotz dieses Unterschieds habe sich die Lücke über die Jahre spürbar verringert, so die Autoren. Der langfristige Aufholprozess sei unter anderem auf steigende Einkommen, bessere Arbeitsmarktbedingungen und Investitionen in Infrastruktur zurückzuführen.
Auch innerhalb der Bundesländer gibt es teils erhebliche Unterschiede. So weisen Großstädte wie München, Frankfurt oder Stuttgart ein deutlich höheres Durchschnittsvermögen auf als ländlich geprägte Regionen – nicht zuletzt wegen des dort besonders hohen Immobilienwerts. Gleichzeitig wird in der Studie auch auf die zunehmende soziale Spaltung hingewiesen: Während gut ausgebildete, vollzeittätige Haushalte Vermögen aufbauen, drohen prekär Beschäftigte, Alleinerziehende und Personen mit niedrigem Bildungsgrad weiter zurückzufallen.
Darüber hinaus identifiziert der Bericht weitere Merkmale, die statistisch mit einer geringeren Armutsgefährdung einhergehen. Dazu zählen:
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Vollzeitarbeit beider Elternteile in Haushalten mit Kindern
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Höheres Bildungsniveau
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Eigenständige Erwerbstätigkeit
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Eigentum an Immobilien oder Unternehmen
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Ruhestand mit ausreichender Vorsorge
Auch das Alter spielt eine zentrale Rolle: Personen über 65 Jahre verfügen im Schnitt über deutlich höhere Vermögen – teils durch Erbschaften, teils durch jahrzehntelangen Vermögensaufbau. Gleichzeitig warnt der Bericht davor, dass Jüngere ohne Zugang zu Immobilieneigentum und stabilen Erwerbsbiografien zunehmend vom Vermögensaufbau ausgeschlossen bleiben könnten.
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