Forscher entdecken tödliches Schlafmuster
Schlafstörung nimmt am Wochenende drastisch zu und bleibt oft unerkannt

| Redaktion 
| 14.08.2025

Eine internationale Studie deckt eine alarmierende Entwicklung auf: Am Wochenende steigt das Risiko für Atemaussetzer im Schlaf erheblich. Die sogenannte soziale Schlafapnoe bedroht Millionen Menschen – viele davon ahnungslos. Die Forscher sehen dringenden Handlungsbedarf.

Ausschlafen, ein Glas Wein zu viel, spät ins Bett gehen: Was wie ein typisches Wochenende klingt, kann täglich zur Gefahr werden. Eine neue Studie warnt vor einer bisher wenig bekannten Form der obstruktiven Schlafapnoe, die besonders an Wochenenden auftritt. Die sogenannte "soziale Schlafapnoe" ist nicht nur weit verbreitet, sondern bleibt häufig unentdeckt – mit potenziell tödlichen Folgen.

Wochenendverhalten als Risikofaktor

Ein Forschungsteam der Flinders University in Australien analysierte die Schlafdaten von mehr als 70.000 Menschen weltweit. Veröffentlicht wurde die Studie im "American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine". Die Ergebnisse: Am Wochenende treten Atemaussetzer deutlich häufiger auf als unter der Woche. Wer sich samstags 45 Minuten oder länger zusätzlichen Schlaf gönnt, steigert das Risiko für eine moderate bis schwere Schlafapnoe um bis zu 47 Prozent.

Ein Grund für die starke Zunahme ist der veränderte Schlafrhythmus: Unregelmäßige Bettzeiten, Alkoholkonsum und eine geringere Therapietreue fördern das Auftreten der Atemaussetzer. Auch die Tatsache, dass viele Menschen am Wochenende ihre Schlafumgebung verändern – etwa durch Reisen, Übernachtungen außerhalb oder nächtliche Aktivitäten – kann laut den Forschenden zur Verschärfung der Symptome beitragen.

"Schlafapnoe ist schon jetzt ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit, aber unsere Ergebnisse legen nahe, dass ihr wahres Ausmaß bisher unterschätzt wird", sagt Hauptautorin Lucia Pinilla. Ihrer Meinung nach müsse die klinische Diagnostik dringend angepasst werden, um auch den „Wochenendeffekt“ systematisch zu erfassen und zu behandeln.

Millionen Betroffene bleiben ohne Diagnose

Das Problem: Schlafdiagnosen werden meist unter der Woche gestellt – meist in einer einzigen Nachtmessung, die an einem regulären Arbeitstag durchgeführt wird. Die Folge: Der sogenannte Wochenendeffekt wird oft nicht erkannt. "Die meisten klinischen Diagnosetests werden an einem einzigen Abend durchgeführt, wodurch der Wochenendeffekt nicht berücksichtigt wird", erklärt Danny Eckert, Co-Autor der Studie.

Die Zahlen sind alarmierend: Bei Männern steigt das Risiko am Wochenende um 21 Prozent, bei Frauen um 9 Prozent. Unter 60-Jährige sind besonders gefährdet. Sie leiden 24 Prozent häufiger unter sozialer Apnoe als ältere Personen. Die Forschenden vermuten, dass dies mit einem insgesamt höheren sozialen Aktivitätsniveau in dieser Altersgruppe zusammenhängt. Alkohol, spätes Zubettgehen, soziale Verpflichtungen und unregelmäßige Abläufe tragen demnach zur Verstärkung der Atemstörung bei.

Hinzu kommt: Viele Menschen sind sich ihrer Symptome gar nicht bewusst. Das typische Schnarchen, häufige nächtliche Wachphasen oder morgendliche Erschöpfung werden oft nicht mit einer ernsten Störung in Verbindung gebracht. Dabei sind die gesundheitlichen Folgen erheblich.

Fester Schlafplan kann Leben retten

Schlafapnoe hat massive Auswirkungen auf die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Neben Tagesmüdigkeit und Konzentrationsproblemen steigen auch die Risiken für Bluthochdruck, Herzinfarkt, Diabetes, Demenz und sogar plötzlichen Herztod. Studien bringen unbehandelte Schlafapnoe auch mit einem erhöhten Unfallrisiko im Straßenverkehr in Verbindung.

Die Forschenden empfehlen daher dringend, die eigene Schlafhygiene zu überprüfen. Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus – auch am Wochenende – sei ein entscheidender Schutzfaktor. "Versuchen Sie, jeden Tag zur selben Zeit aufzustehen, gehen Sie ins Bett, wenn Sie müde sind und halten Sie Ihre verordnete OSA-Therapie konsequent ein", so Eckert.

Darüber hinaus wird geraten, auf Alkohol vor dem Schlafengehen möglichst zu verzichten und digitale Geräte mindestens 60 Minuten vor dem Zubettgehen abzulegen. Auch die Raumtemperatur, Geräuschquellen und Lichtverhältnisse sollten optimiert werden. Wer bereits Symptome wie starkes Schnarchen, Atemaussetzer oder ständige Tagesmüdigkeit zeigt, sollte ärztlichen Rat einholen und gegebenenfalls eine mehrtägige Schlafanalyse durchführen lassen.

Wie ntv.de berichtet, beruhen die Daten auf Schlafsensoren, die von den Teilnehmern freiwillig genutzt wurden. Das könnte die Repräsentativität der Studie beeinflussen, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Aussagekraft.

Ein Weckruf für die Gesellschaft

Die Studie wirft auch gesellschaftspolitische Fragen auf: In einer Welt, die immer mehr Flexibilität, Erreichbarkeit und Leistungsbereitschaft verlangt, gerät der Schlaf zunehmend ins Hintertreffen. Die Autoren fordern deshalb, Schlaf nicht länger als verhandelbares Gut zu betrachten, sondern als essentielle Säule der Gesundheit – besonders auch für Führungskräfte und Entscheidungsträger:innen, die oft unter besonderem Druck stehen.

Schlafmedizinische Forschung müsse verstärkt gefördert werden, fordern die Expert:innen. Gleichzeitig solle das Bewusstsein für Risiken wie soziale Schlafapnoe auch in Unternehmen, Gesundheitseinrichtungen und der breiten Öffentlichkeit geschärft werden – zum Beispiel durch Informationskampagnen und Gesundheitschecks.

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