Neue EU-Regeln
Unternehmen müssen Gender Pay Gap künftig offenlegen

| Redaktion 
| 11.08.2025

Frauen verdienen in Deutschland noch immer deutlich weniger als Männer – selbst bei gleicher Qualifikation. 2024 lag der unbereinigte Gender-Pay-Gap bei 16 Prozent. Neue EU-Regeln sollen Unternehmen zu mehr Gehaltstransparenz verpflichten und damit die Lohnlücke verkleinern. Die Maßnahmen gelten als wichtiger Schritt, um strukturelle Ungleichheiten am Arbeitsmarkt aufzubrechen.

Der Gender-Pay-Gap in Deutschland ist 2024 so stark gesunken wie noch nie seit Beginn der Erhebungen 2006. Dennoch bleibt die Lücke zwischen den Einkommen von Frauen und Männern groß. Eine EU-Richtlinie verpflichtet Unternehmen nun, ihre Gehaltsstrukturen offenzulegen, Diskriminierung abzubauen und Betroffenen mehr Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung zu geben. Zusätzlich sieht die Richtlinie vor, dass Unternehmen interne Prozesse zur Gehaltsfindung dokumentieren und auditieren müssen, um Ungleichbehandlungen frühzeitig zu identifizieren.

Mindestlohn und steigende Fraueneinkommen als Treiber

Seit 2015 geht der Gender-Pay-Gap kontinuierlich zurück – ein Effekt der Einführung des Mindestlohns, der vor allem Frauen in unteren Einkommensgruppen zugutekam. Laut Statistischem Bundesamt verdienten Frauen 2024 im Schnitt 22,24 Euro brutto pro Stunde, Männer 26,34 Euro – ein Unterschied von 16 Prozent. Der bereinigte Gender-Pay-Gap, der vergleichbare Tätigkeiten berücksichtigt, verharrte bei sechs Prozent. Diese Lücke deutet auf mögliche Diskriminierung hin, da strukturelle Unterschiede weitgehend herausgerechnet werden. Experten betonen, dass weitere Faktoren wie Unterbrechungen der Erwerbsbiografie durch Elternzeit oder Pflege sowie eine geringere Wahrscheinlichkeit, Führungspositionen zu erreichen, den Abstand zusätzlich vergrößern.

Regionale und branchenspezifische Unterschiede

In Ostdeutschland beträgt die Lohnlücke lediglich fünf Prozent, in Westdeutschland inklusive Berlin 17 Prozent. Ursachen liegen in unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen, Einkommensniveaus und Arbeitszeitmodellen. Auch die Branchenzugehörigkeit spielt eine zentrale Rolle: Während in Dax-Unternehmen der Durchschnittsunterschied bei 13,9 Prozent liegt, reicht er bei einzelnen Konzernen wie der Deutschen Bank bis zu 38,8 Prozent. Positivbeispiel: Bei Daimler Truck verdienen Frauen im Schnitt 15 Prozent mehr als Männer – vor allem durch hochdotierte weibliche Führungskräfte, die den Durchschnitt stark anheben. Ähnliche Tendenzen zeigen sich in kleineren, familiengeführten Unternehmen, in denen Gehaltsstrukturen flexibler gestaltet werden.

EU-Richtlinie bringt neue Pflichten

Wie das Handelsblatt berichtet, müssen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten künftig jährlich den Gender-Pay-Gap veröffentlichen. Firmen ab 100 Beschäftigten sind alle drei Jahre zur Offenlegung verpflichtet. Arbeitgeber müssen in Stellenanzeigen Gehaltsspannen angeben, Bewerber:innen nicht mehr nach ihrem bisherigen Einkommen fragen und Beschäftigten Auskunft über Gehaltsdaten nach Geschlecht geben. Bei nachgewiesener Lohndiskriminierung drohen Schadensersatzforderungen, einschließlich Boni und Sachleistungen. Zudem müssen Mitgliedsstaaten Sanktionen bei Verstößen festlegen. Neu ist auch, dass Arbeitgeber künftig proaktiv Maßnahmen ergreifen müssen, wenn die Gehaltsanalyse Unterschiede von mehr als fünf Prozent zwischen den Geschlechtern aufzeigt.

Ausblick

Ob die neuen Transparenzregeln den Gender-Pay-Gap nachhaltig senken, hängt von der konsequenten Umsetzung und Kontrolle ab. Für Unternehmen bedeutet dies nicht nur administrativen Mehraufwand, sondern auch die Chance, sich als fairer Arbeitgeber zu positionieren. Für Beschäftigte eröffnet sich die Möglichkeit, Gehaltsunterschiede frühzeitig zu erkennen und dagegen vorzugehen. Langfristig könnten die Richtlinien auch den Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte beeinflussen, da Gehaltsgerechtigkeit zunehmend zu einem Kriterium bei der Arbeitgeberwahl wird.

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