Präventionsmedizin der Zukunft
Wie alt sind Sie wirklich? Ein neuer Gehirnscan sagt Krankheitsrisiken voraus

Was wie ein Versprechen aus der Wellnessindustrie klingt, stützt sich auf solide wissenschaftliche Daten: Ein einzelner Hirnscan könnte bald verraten, wie schnell Ihr Körper altert – und wie hoch Ihr Risiko für Demenz oder Herzinfarkt ist. Forscher aus den USA arbeiten an einer Methode, die das Altern sichtbar macht.

Alt auf dem Papier, jung im Kopf – oder umgekehrt? Wie stark der menschliche Körper tatsächlich gealtert ist, lässt sich bislang nur mit komplexen Tests über viele Jahre hinweg feststellen. Nun aber melden Wissenschaftler der Duke University und der University of Otago einen Durchbruch: Mithilfe Künstlicher Intelligenz analysieren sie das biologische Alter eines Menschen – anhand eines einzigen MRT-Bildes vom Gehirn.

Die Methode heißt DunedinPACNI. Sie ist benannt nach einer Langzeitstudie in Neuseeland, die mehr als 1000 Menschen seit den Siebzigerjahren medizinisch begleitet. Zwischen dem 28. und 45. Lebensjahr wurden ihre Blutwerte, Organe, Zähne, Lungen und Nieren regelmäßig untersucht. Daraus entstand ein mathematischer Wert – die sogenannte "Pace of Aging". Er gibt an, wie schnell ein Körper im Vergleich zu Gleichaltrigen altert.

Anhand dieser Werte trainierten die Forscher ein KI-Modell, das bestimmte Veränderungen im Gehirn mit dem individuellen Alterungstempo verknüpft: etwa das Volumen der grauen Substanz, die Dicke der Hirnrinde oder die Struktur der weißen Fasern. Ergebnis: Ein einziger Scan reicht aus, um zu ermitteln, ob ein Mensch biologisch jünger oder älter ist, als es der Ausweis vermuten lässt. Hier mehr dazu.

40 Prozent höheres Sterberisiko

Das Verfahren wurde an mehr als 50.000 Hirnscans aus verschiedenen Ländern getestet – mit ernüchternden Ergebnissen für die biologisch "älteren" Teilnehmer. Sie schnitten in Gedächtnistests schlechter ab, entwickelten häufiger Herz- oder Lungenkrankheiten, litten öfter an Demenz. Ihr Risiko, vorzeitig zu sterben, lag um bis zu 40 Prozent höher als bei Menschen mit langsamem Alterungsprozess.

"Wir glauben, dass DunedinPACNI ein wichtiger Baustein in der Prävention altersbedingter Erkrankungen sein kann", sagt Ahmad Hariri, Neurowissenschaftler an der Duke University und Mitautor der Studie. Es sei denkbar, dass Hirnscans künftig nicht mehr nur der Diagnose von Krankheiten dienen, sondern auch der Früherkennung von Risiken.

Noch ist das Zukunftsmusik. Das Verfahren ist nicht zugelassen, die Entwicklung steht am Anfang. Aber es zeigt, wohin die Reise gehen könnte: weg vom groben Maßstab "Alter", hin zu individuellen Gesundheitsprognosen – mit einem einzigen Bild aus dem Innersten unseres Körpers.

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