Managerbarometer 2025
Warum so viele Führungskräfte jetzt wechseln – und wer davon profitiert

Die Wechselbereitschaft in deutschen Chefetagen erreicht neue Höhen. Während Konzerne sparen und umbauen, entstehen anderswo Chancen – vor allem dort, wo Wachstum, Effizienz und Innovation nicht länger Schlagworte sind, sondern Handwerk.

Die Signalstärke ist ungewöhnlich klar: Laut "Managerbarometer 2025" der Personalberatung Odgers, der dem Handelsblatt vorliegt denken 62 Prozent der befragten Führungskräfte im deutschsprachigen Raum über einen Arbeitgeberwechsel nach. Jede dritte plant ihn innerhalb der nächsten zwölf Monate. Befragt wurden rund 1200 Managerinnen und Manager. Das Stimmungsbild spiegelt eine Wirtschaft im Umbau: Neue Technologien, der grüne Strukturwandel, verschärfte Regulierung und geopolitische Spannungen beschleunigen Veränderung – mit sehr unterschiedlichen Folgen je nach Branche. Während Großunternehmen wie Bayer, Bosch oder ZF Stellen streichen, ziehen Infrastruktur und Wehrtechnik mit milliardenschweren Investitionen an.

Geduld ist gefragt

Personalberater und Karriere-Coaches bestätigen zwar einen grundsätzlich gut gefüllten Markt an Managementpositionen; die Suchprozesse dauern jedoch länger. Wo bis vor Kurzem sechs bis neun Monate üblich waren, müssen Kandidaten heute bis zu ein Jahr einkalkulieren, bis die neue Rolle unterschriftsreif ist. "Unternehmen, die Verstärkung suchen, können aus dem Vollen schöpfen", sagt Nane Nebel, Beraterin für Führungskräfte und Autorin von Bewerbungs-Guides, gegenüber dem Handelsblatt. Das Machtverhältnis verschiebt sich: Nachfrage gibt es – Auswahl auch.

Der Wechsel gelingt in dieser Lage vor allem jenen, die ihr Profil präzise schärfen und in Marktlogik übersetzen: Welche Probleme kann ich nachweislich lösen – und für wen? Ein Einkaufsleiter aus der Autoindustrie, der Werke skaliert und Lieferketten gehärtet hat, findet im Schienenfahrzeugbau oder in energieintensiven Industrien Anknüpfungspunkte. Ein Vertriebschef aus der Telekommunikation kann im datengetriebenen Lebensmittelhandel Mehrwert stiften – vorausgesetzt, er belegt dies mit Projekterfolgen, KPIs und Referenzen.

Schneller Takt bei Energie, Verkehr, Bau, Rüstung

Dort, wo politisch und finanziell Weichen gestellt sind, beschleunigt sich der Takt. Die beschlossenen Milliarden für Infrastruktur und Verteidigung nähren einen Investitionszyklus in Energie, Verkehr, Bau und Rüstung. Der Sensor- und Radarhersteller Hensoldt etwa rechnet mit Bundeswehr-Großaufträgen in einer Dimension "des Zehn- bis Zwanzigfachen" früherer Bestellmengen und investiert bis 2027 rund eine Milliarde Euro in neue Werke, Forschung und Entwicklung.

Für Führungskräfte heißt das: Skalierungskompetenz wird zur Schlüsselwährung. Führungskräfte, die ein Geschäft rasch hochfahren, sind gefragt. Kandidaten aus der Autoindustrie – mit ihrer Schule für Output, Prozess und Kosten – gelten als prädestiniert, sofern sie bereit sind, sich zügig in wehrtechnische Vorgaben und Compliance einzuarbeiten.

Am anderen Ende der Skala steht die Kunst der Reduktion. Gestiegene Kosten, brüchige Lieferketten, unsichere Absatzmärkte – vielerorts geht es um Liquiditätssicherung und Effizienz. Standorte werden zusammengeführt, Bereiche verschlankt, Tätigkeiten outgesourct, Lieferverträge neu verhandelt, IT-Landschaften gehärtet. Gefragt sind Strategen mit Zahlensinn und Prozessblick: CFO-nahe Profile, Programmmanager, Operative mit nachweislichen Turnaround-Meriten – vom Carve-out bis zur Automatisierung.

Die Königsdisziplin: Zukunft bauen

Ein Beispiel aus dem Maschinen- und Anlagenbau zeigt, wie das aussehen kann: Eine Lieferkettenchefin verantwortete erst die Neuaufstellung von Beschaffung und Logistik eines US-Konzerns, verlor dann in einer globalen Reorganisation ihre Position – und führte ihre Erfahrung in einem mittelständischen Bauzulieferer fort, der sich neu aufstellt. "Breites Fachwissen, Prozesskompetenz und belegbare Restrukturierungserfahrung – damit hat die Kandidatin überzeugt", sagt Odgers-Partner Frille. Die Managerin übernahm ganzheitliche Verantwortung – ohne Gehaltseinbußen. Häufig kommen solche Profile zunächst interimistisch: Ein Finanzchef aus der Chemie kann binnen zwölf Monaten die Finanzen eines Maschinenbauers stabilisieren und ein Controlling-System einführen

Zwischen Wachstum und Schrumpfkur liegt die Königsdisziplin: Zukunft tatsächlich bauen. Ob datengetriebene Geschäftsmodelle, digitale Plattformen oder nachhaltige Produktlinien – viele Unternehmen stehen unter Innovationszwang. Besonders gesucht sind solche Profile in IT, Gesundheitswesen, grüner Technologie, Biotech, Maschinenbau und Logistik – überall dort, wo Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Effizienz die Märkte neu ordnen.

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