Kontrollprämie fürs Bodenpersonal
Ryanair verschärft Kontrolle beim Handgepäck deutlich

| Redaktion 
| 03.09.2025

Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair erhöht ab November die Prämien für Bodenpersonal, das übergroßes Handgepäck entdeckt. Die Maßnahme soll die Boardingzeit verkürzen, könnte jedoch laut Kritikern das Konfliktpotenzial an Bord deutlich verschärfen. Auch die Wettbewerber und Verbraucherschützer äußern massive Bedenken gegen das neue Anreizsystem.

Ryanair setzt bei der Durchsetzung seiner Handgepäckregeln auf ein umstrittenes Anreizmodell. Mit einer deutlichen Erhöhung der Fangprämien für Bodenpersonal verschärft der Konzern die Kontrollen beim Boarding. Gewerkschafter und Verbraucherschützer schlagen Alarm und warnen vor steigender Unzufriedenheit bei den Passagieren. Gleichzeitig wirft das Vorgehen Fragen zur Rolle des Kundenservice in der Low-Cost-Strategie auf.

Boarding wird zur Nervenprobe

Wie ufo.de berichtet, erhalten ab November Mitarbeiter:innen an den Gates pro entdecktem Handgepäckverstoß 2,50 Euro statt bisher 1,50 Euro. Zudem entfällt die bisherige monatliche Deckelung der Prämien. Ryanair begründet die Verschärfung mit der Notwendigkeit effizienterer Boardingprozesse. "Wir sind entschlossen, die Geißel der übergroßen Gepäckstücke zu beseitigen", erklärt ein Unternehmenssprecher. Verzögerungen beim Einstieg seien nicht nur kostspielig, sondern auch unfair gegenüber der Mehrheit der Fluggäste, die sich korrekt verhalte. Die neue Maßnahme gilt für alle Abflüge, auch innerhalb Deutschlands.

Kritiker bemängeln jedoch, dass sich der Fokus vom Servicegedanken hin zu einer Kontroll- und Strafkultur verschiebt. Das Boarding, ohnehin für viele Fluggäste ein Stressmoment, könnte so zur Eskalationszone werden. Erste Stimmen aus der Reisebranche sprechen bereits von einer "bürokratischen Eskalation" für wenige Minuten Zeitgewinn.

Kritik von Gewerkschaften und Mitbewerbern

Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo hält wenig von dem Vorstoß. "Sie verderben die Stimmung schon vor dem Start, wenn man ohnehin gestresste Passagiere angeht", kritisiert Ufo-Chef Joachim Vazquez Bürger. Er warnt davor, dass Ryanair sich durch die Maßnahmen seine "unruly passengers" selbst erzeuge – also Gäste, die durch ihr Verhalten den Flug stören oder gefährden. Die psychologische Wirkung solcher Kontrollmechanismen dürfe nicht unterschätzt werden, betont Bürger.

Auch bei anderen Airlines sieht man das Vorgehen kritisch. Die Lufthansa verzichtet bewusst auf monetäre Anreize für das Bodenpersonal. Stattdessen werde auf frühzeitige Kommunikation und kundenfreundliche Lösungen gesetzt. "Wir setzen auf Kooperation statt Konfrontation", so ein Sprecher. Easyjet wiederum weist darauf hin, dass das Gate-Personal in der Regel nicht direkt beim Unternehmen angestellt sei und daher nicht an einem vergleichbaren Bonussystem teilnehme.

Debatte über Fairness und Kundenservice

Im Basistarif erlaubt Ryanair nur ein kleines Handgepäckstück bis 40x30x20 cm. Kabinenkoffer sind nur gegen Aufpreis erlaubt. Diese strengen Regeln wurden bereits mehrfach von Verbraucherschützern und dem EU-Parlament kritisiert. Mit der verschärften Kontrolle drohen nun häufigere Zusatzgebühren und potenzielle Eskalationen am Gate. Besonders für unerfahrene oder selten fliegende Passagiere besteht die Gefahr, in die Gebührenfalle zu tappen.

Erst kürzlich wurde in einem anderen Fall deutlich, wie massiv Verbraucherschützer aktuell gegen Airline-Praktiken vorgehen: Die Verbraucherzentrale Bundesverband hat mehrere Fluggesellschaften wegen ihrer Gepäckregelungen verklagt. Dabei steht der Vorwurf im Raum, dass einzelne Tarifmodelle rechtswidrige Zusatzkosten verursachen.

Flugrechtsexperten und Konsumentenschützer fordern mehr Transparenz bei der Buchung sowie klarere Hinweise zu Gepäckgrenzen bereits vor der Anreise zum Flughafen. Gleichzeitig wird diskutiert, ob monetäre Anreize überhaupt mit der Aufgabe des Sicherheitspersonals vereinbar sind. Die Grenze zwischen Durchsetzung und Verkaufsdruck drohe zu verschwimmen.

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