Absatzkrise bei Auto, Pharma und Maschinenbau
Deutsche Industrieproduktion fällt auf tiefsten Stand seit 2020

Deutschlands Industrie rutscht tiefer in die Krise: Im Juni 2025 sank die Produktion im verarbeitenden Gewerbe stärker als erwartet – besonders hart trifft es die Automobil-, Maschinenbau- und Pharmaindustrie. Analysten sprechen bereits vom schwärzesten Monat seit dem Corona-Schock.

Die Konjunktur in Deutschland zeigt erneut deutliche Schwächen. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts offenbaren einen überraschend starken Rückgang der Produktion im Juni 2025 – mit gravierenden Auswirkungen auf zentrale Wirtschaftsbereiche. Unternehmen sehen sich mit einer Gemengelage aus schwacher Nachfrage, geopolitischer Unsicherheit und strukturellen Herausforderungen konfrontiert.

Automotive und Maschinenbau unter Druck

Wie das Handelsblatt berichtet, verzeichnete das Produzierende Gewerbe ein Minus von 1,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat – der niedrigste Wert seit Mai 2020. Besonders betroffen ist die Automobilindustrie, die unter schwachem Absatz leidet und für außergewöhnlich starke Revisionen in der Statistik sorgte. Auch der Maschinenbau musste einen Rückgang von 5,3 Prozent hinnehmen, während die Pharmaindustrie mit einem Rückgang von 11,0 Prozent besonders stark getroffen wurde.

Die Nahrungsmittelindustrie verlor ebenfalls deutlich an Produktionsvolumen (–6,3 Prozent). Einziger Lichtblick bleibt die Energieerzeugung, die dank vermehrtem Einsatz von Photovoltaik um 3,1 Prozent zulegen konnte. Auch die Stromproduktion aus Windenergie legte moderat zu. Dennoch bleibt der Beitrag des Energiesektors angesichts des allgemeinen Abschwungs begrenzt.

Zahlreiche Betriebe in der Industrie berichten von einem Auftragsmangel. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) weist auf die sinkenden Exportzahlen hin – insbesondere Richtung China und USA. Hinzu kommen steigende Lagerbestände, die sich negativ auf die Liquidität vieler mittelständischer Zulieferer auswirken. Immer mehr Unternehmen fahren ihre Schichten zurück oder kündigen Kurzarbeit an.

Politische und globale Belastungsfaktoren

Das Bundeswirtschaftsministerium sieht die Ursachen nicht allein im Inland: Neben den angekündigten Zollerhöhungen, die zu Jahresbeginn noch für Vorzieheffekte gesorgt hatten, verschlechtern auch die gestiegenen US-Zölle und die schwächelnde Nachfrage außerhalb des Euroraums die Rahmenbedingungen für das exportabhängige Produzierende Gewerbe. Für das dritte Quartal zeichnet sich laut Ministerium bislang keine Trendumkehr ab.

Im zweiten Quartal insgesamt sank die Produktion um ein Prozent im Vergleich zum ersten Quartal – vor allem durch Einbußen in Industrie und Bau. Die Stromerzeugung konnte diesen Rückgang nur teilweise kompensieren. Zusätzlich bremsen anhaltende Lieferkettenprobleme, etwa bei elektronischen Bauteilen, den Maschinen- und Fahrzeugbau. Neue Investitionen werden vielerorts zurückgestellt.

Wirtschaftsforscher warnen davor, die geopolitischen Risiken zu unterschätzen: Neben den USA und China belasten auch Spannungen im Nahen Osten und die instabile Lage in Osteuropa das Vertrauen internationaler Abnehmer. Zudem trifft der starke Euro deutsche Exporteure zusätzlich. Laut einer aktuellen Ifo-Umfrage rechnen 64 Prozent der befragten Industriebetriebe mit keiner Verbesserung der Auftragslage im zweiten Halbjahr.

Aussichten bleiben eingetrübt

Die Zahlen verdeutlichen die aktuelle strukturelle Schwäche der deutschen Industrie. Ohne spürbare konjunkturelle Impulse oder politische Weichenstellungen droht der Wirtschaftsstandort weiter an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Der internationale Vergleich zeigt: Während andere Industrienationen auf Erholungskurs sind, kämpft die deutsche Industrie weiterhin mit nachlassender Nachfrage, hohen Produktionskosten und geopolitischen Unsicherheiten.

Die Politik steht vor einem Dilemma: Einerseits wird ein industriepolitisches Maßnahmenpaket gefordert, andererseits mahnt der Bundesrechnungshof zur Haushaltsdisziplin. Wirtschaftsverbände drängen auf Investitionsanreize, beschleunigte Planungsverfahren und eine Stabilisierung der Energiepreise. Langfristig, so Experten, brauche es jedoch tiefgreifende Strukturreformen, um die deutsche Industrie auf einem nachhaltigen Wachstumspfad zu halten.

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