Liken, sharen, subscriben, Steuern hinterziehen
Influencer verursachen 300-Millionen-Euro-Schaden – allein in NRW

| Redaktion 
| 15.07.2025

Das zu Jahresbeginn gegründete Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) gewährt Einblicke in die eigene Arbeit – und diese dürften einigen Influencern aus dem größten deutschen Bundesland nervöse Momente bereiten: Rund 200 Strafverfahren wegen nicht gezahlter Steuern wurden bereits eingeleitet, während ein neues, 6000 Datensätze schweres Paket bereits ausgewertet wird.

Es gibt Influencer, denen man nach wenigen Minuten konsumiertem Content ohne jeden Zweifel abkaufen würde, dass sie mit einer sachgerechten Steuererklärung überfordert sind. Unterm Strich könnte bei ihrem aufrichtigen Versuch etwas herauskommen, was vor dem Gesetz als Steuerbetrug durchgeht – allerdings sind es eben nicht solche Fälle, die das zu Jahresbeginn ins Leben gerufene Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) nun ins Visier nimmt.

Genauso wenig geht es der Behörde um "junge Menschen, die ein paar Follower gesammelt und ein paar Cremes oder Kleider beworben haben", wie Behördenleiterin Stephanie Thien gegenüber der DPA (und aufgegriffen unter anderem vom WDR) erklärt. Vielmehr befasst sich das LBF in Nordrhein-Westfalen mit erfolgreichen Influencern auf Social-Media-Plattformen, die ihrer Steuerpflicht ganz bewusst und teils mit einigem Aufwand entgehen wollen.

Wahlheimat Dubai… zumindest auf dem Papier?

Seitens der Behörde heißt es, dass hohe Einnahmen und eine gewisse kriminelle Energie häufig mit einer Auswanderung nach Dubai einhergehen. Influencer wie Sami Slimani, Sarah und Dominic Harrison, Fiona Erdmann, Georgina Fleur und Simon Desue oder auch Rapper wie Bushido, Haftbefehl und Capital Bra haben das Emirat in den letzten Jahren als Wahlheimat auserkoren und damit diverse weitere Branchenkollegen inspiriert.

Wohlgemerkt kommen die genannten Personen nicht in der aktuellen Berichterstattung zur Arbeit des LBF NRW vor; sie dienen hier also lediglich als Beispiele für namhafte Dubai-Auswanderer und nicht als konkrete Verdächtige. Zumal viele ihren tatsächlichen Lebensmittelpunkt vor Ort recht glaubhaft belegen können, was der Behörde zufolge keineswegs selbstverständlich ist: Briefkastenfirmen dienen manchen Verdächtigen als offizieller Wohnsitz, während der Alltag primär in NRW bestritten wird.

Entsprechend lückenlos müssen die Ermittler die Social-Media-Aktivitäten ihrer Verdachtsfälle dokumentieren, was insbesondere bei innerhalb von 24 Stunden wieder verschwindenden Stories anspruchsvoll sei. Das Land habe allerdings "Ermittlungsmethoden initiiert, um Werbepartnerschaften und -einnahmen zurückverfolgen und beweissicher nachweisen zu können".

Fünfstelliges Monatseinkommen, aber keine Steuernummer

Dabei sind besonders "nicht versteuerte Gewinne mit Werbung, Abos und co." im Blickfeld. Dem Finanzministerium in Düsseldorf nach durchforsten die Ermittler derzeit ein Paket mit 6000 Datensätzen, die sich über diverse Social-Media-Plattformen erstrecken. Allein im größten Bundesland der Republik sei durch Influencer mit Steuerphobie ein finanzieller Schaden von rund 300 Millionen Euro entstanden.

Stephanie Thien schildert, dass aufgedeckte Verdächtige in der Regel keine großen Schwierigkeiten haben, die entstandene Steuerschuld schnell zu begleichen. Sie berichtet von Fällen, in denen Influencer mit fünfstelligem Monatseinkommen nicht einmal eine Steuernummer besessen haben. "Da geht es nicht um Überforderung mit plötzlichem Ruhm, sondern um immense Steuerhinterziehung mit Wissen und Willen", stellt Thien klar.

Anteil der Wiederholungstäter "überproportional hoch"

Es mangelt meist also weder an der finanziellen noch an der kognitiven Kapazitäten, Steuern zu begleichen, sondern eher an den moralischen. Dafür spricht auch der laut Thien "überproportional hohe Anteil" an Steuersündern, die mehr als einmal die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich ziehen.

Außerhalb der Fälle aus dem 6000 Datensätze umfassenden Paket führt das LBF NRW aktuell bereits rund 200 Verfahren gegen Influencer im Bundesland. In vereinzelten Fällen sollen die eingeforderten Beträge die Millionengrenze überschreiten, während ein "hoher fünfstelliger steuerlicher Fehlbetrag“ als Durchschnittswert angegeben wird.

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