Analyse zur Google-Krise
KI frisst Traffic: Was Verlage dem Schwund entgegensetzen können

| Redaktion 
| 13.07.2025

Wenn die Klicks verschwinden und der Traffic einbricht: KI macht klassische Inhalte zunehmend unsichtbar. Für Verlage geht es angesichts des KI-Booms nicht um ein paar verlorene Visits. Es geht um den Fortbestand von Reichweite, Relevanz – und Erlösmodellen.

Der große Knall blieb aus. Kein Algorithmus-Update, kein abruptes Plattform-Aus. Und doch ist er da, der Traffic-Kollaps im Zeitlupentempo: Seit Chatbots wie ChatGPT, Perplexity oder der "AI Overview" von Google die klassische Suche ersetzen, berichten große Publisher weltweit von einem dramatischen Rückgang der Suchmaschinenzugriffe – teils um 50 Prozent. Die Click-Through-Rates in Google sinken um bis zu 70 Prozent. Mehr Menschen suchen, aber weniger klicken.

Was nach technischer Spielerei klingt, ist für Verlage eine existenzielle Verschiebung: Die klassischen Inhalte werden konsumiert, nur nicht mehr bei ihren Urhebern. Die alte Logik lautete:

Publisher publizieren → Google zeigt an → Nutzer klicken → Anzeigenumsätze fließen

Diese Kette ist nun durchtrennt. Wer heute fragt: "Wie lange hält geöffneter Wein?", erhält bei Google bereits eine KI-generierte Zusammenfassung. Die Quelle? Meist mehrere, darunter oft Medienhäuser – aber ohne Traffic, ohne Marke, ohne Attribution.

Besonders betroffen sind How-to-Formate, News-Basics und Servicejournalismus. Außerdem Inhalte mit hoher Austauschbarkeit, ohne klare Haltung oder Mehrwert durch Tiefe, Daten oder Stimme. In den Verlagen herrscht Aufruhr, teilweise Ratlosigkeit. Was kann, ja, muss jetzt getan werden? 

1. KI-resistente Inhalte schaffen

Formate, die schwer automatisierbar oder nicht sinnvoll "komprimierbar" sind:

  • Lange Reportagen, persönliche Kolumnen, Meinungsbeiträge
  • Recherchen mit Quellenschutz oder exklusivem Zugang
  • Newsletter mit Einordnung + exklusiven Daten

2. Zugriff strukturieren, nicht verschenken

Viele Medien liefern ihre Inhalte via RSS, strukturierte Metadaten oder offene Crawling-Fenster aus – eine Einladung für KI-Systeme. Strategien, die diskutiert werden:

  • Technisches Blockieren von Bots (zum Beispiel OpenAI, Common Crawl)
  • Paywall-Optimierung: "Lesbar, aber nicht scrape-bar"
  • Kommerzialisierung durch Lizenzierung: NYT, Springer & Co zeigen, dass es geht

3. Vertrieb & Sichtbarkeit neu denken

Wenn die Suche als Kanal bröckelt, brauchen Inhalte andere Brücken zur Leserschaft:

  • Direktvermarktung via E-Mail, WhatsApp, Telegram, RSS
  • Branchenplattformen, Fach-Communities, B2B-Bundles
  • Partnerschaften mit Events, Podcasts, Creator-Brands

Fest steht: Künstliche Intelligenz verändert nicht nur die Distribution, sondern auch die Ökonomie des Aufmerksamkeitsmarkts. Für Verlage reicht es nicht mehr, gut zu produzieren – sie müssen strategisch differenzieren.

Durch Formate, die nicht kopiert werden können, durch Zugänge, die nicht offen liegen und durch Vertriebswege, die nicht vom Algorithmus abhängig sind. Wer heute nicht nur publiziert, sondern positioniert, wird auch in der Welt der KI sichtbar bleiben.

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