Layla, Mindtrip, Wonderplan, ChatGPT und Co.
Reiseplanung per Algorithmus: Wie KI den Tourismus umkrempelt

| Natalie Oberhollenzer 
| 09.06.2025

Von der Suchmaske zum Gesprächspartner: In der Touristikbranche beginnt ein Strukturwandel, der weit über Nutzerkomfort hinausgeht. Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie Reisen geplant und gebucht werden. Portale wie Booking und Holidaycheck müssen sich auf diese neuen Agenten einstellen - und hoffen im Kampf um die Kunden mit ihrer Glaubwürdigkeit zu punkten.

Ein Fallbeispiel beschreibt die Zeit in ihrer aktuellen Ausgabe: Der österreichische Tourismusforscher Roman Egger lässt ChatGPT samt Erweiterung "Operator" ein Rennrad auf Mallorca organisieren. Innerhalb weniger Minuten ist alles erledigt – inklusive Bezahlung. Für Egger nur ein Vorgeschmack: Schon bald, glaubt er, werden wir ganze Reisen auf Zuruf buchen können.

Tatsächlich drängen spezialisierte Systeme wie Layla, Mindtrip oder Wonderplan auf den Markt. Die KI fragt dann: "Strand oder Stadt? Allein oder in der Gruppe?" Und erstellt daraufhin ein individuelles Routing samt Flügen, Unterkünften und Aktivitäten – häufig verknüpft mit Buchungsplattformen wie Booking oder Skyscanner.

Werden Vergleichsportale obsolet?

Doch das Ziel ist ein anderes: Der Zwischenschritt über Vergleichsportale soll entfallen. "Eigentlich brauchen die Agenten diese Portale nicht", sagt Egger. Künftig könnten Preise direkt bei Hotels, Airlines und Mietwagenfirmen abgefragt werden – ohne Provisionsschleifen. Ein disruptives Modell.

Derweil versuchen ebendiese Vergleichsplattformen ihre Glaubwürdigkeit zu kapitalisieren. "Die Authentizität unserer Inhalte wird noch wichtiger", sagt Thomas Mayer von Holidaycheck. Der Datenschatz echter Kundenbewertungen soll die Plattform in einer KI-dominierten Umgebung relevant halten – auch gegen Fake-Bewertungen, die gezielt Hotelrankings manipulieren. 2023 etwa ließ Holidaycheck eine Agentur wegen systematischer Täuschung gerichtlich stoppen.

Für Mayer bleibt der Mensch jedoch unerlässlich: Sein Team arbeitet an einem hauseigenen KI-Assistenten, der "wie ein Reisebürogespräch" Empfehlungen geben soll – nachvollziehbar, begründet, persönlich. Und auch andere Anbieter wie Booking und Trivago entwickeln dialogbasierte Interfaces, in denen Nutzer ihre Wünsche in ganzen Sätzen äußern können – statt Checkboxen zu klicken.

Wer haftet für die KI, wenn etwas schiefläuft?

Fix ist: Technologisch ist viel möglich, doch rechtlich ist noch vieles offen. Was, wenn ein Flug storniert wird, das Hotel aber trotzdem Geld will? Die Verbraucherzentrale NRW warnt in der Zeit: Eine KI, die Einzelkomponenten koordiniert, sei noch kein Pauschalreiseanbieter – und trage auch keine entsprechende Verantwortung. Unklar ist zudem, ob eine KI rechtswirksam im Namen eines Reisenden buchen darf. In einer Branche, die von Vertrauen lebt, könnten genau diese Fragen zum entscheidenden Faktor werden.

Selbst neue Ideen wie Expedias "Trip Matching", bei dem Instagram-Videos analysiert und passende Urlaube vorgeschlagen werden, werfen derweil noch mehr Fragen als Antworten auf: Wer kontrolliert, wer haftet, wer garantiert?

Es sieht ganz so aus, als ob die Branche auf einen Zielkonflikt zulaufen würde – zwischen Bequemlichkeit und Kontrolle, Automatisierung und Verantwortung. Dass die KI-Reiseassistenten mehr als bloße Spielerei sind, steht jedenfalls außer Zweifel. Das Match um die Kunden verändert sich gerade gewaltig.

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