"Ich werde am Montag um 10 Uhr telefonisch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprechen. Themen des Gesprächs sind die Beendigung des "Blutbads", bei dem durchschnittlich mehr als 5000 russische und ukrainische Soldaten pro Woche getötet werden, sowie der Handel", teilte Donald Trump am Wochenende auf Truth Social mit.
Der US-Präsident kündigte außerdem an: "Anschließend werde ich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sprechen und dann, zusammen mit Präsident Selenskyj, mit verschiedenen Mitgliedern der Nato. Ich hoffe, dass es ein produktiver Tag wird, dass ein Waffenstillstand zustande kommt und dass dieser sehr gewaltsame Krieg, den es nie hätte geben dürfen, ein Ende findet."
Delegationen vereinbaren bisher größten Gefangenenaustausch
Den geplanten Telefonaten sind am Freitag die ersten direkten Friedensgespräche zwischen russischen und ukrainischen Delegationen seit März 2022 vorausgegangen. Die Gespräche, die unter der Vermittlung der Türkei in Istanbul stattfanden, wurden von Außenminister Hakan Fidan moderiert und sollten Wege zu einem Waffenstillstand erkunden.
Nicht einmal zwei Stunden brauchten die Anwesenden, um zu erkennen, dass die essenziellen Bedingungen auf beiden Seiten dafür nach wie vor unvereinbar sind.
Immerhin ein greifbares Ergebnis scheint das Treffen in Istanbul jedoch für sich verbuchen zu können: Russland und die Ukraine einigten sich darauf, jeweils 1000 Kriegsgefangene auszutauschen. Dies markiert den größten Austausch dieser Art im Verlauf des Konflikts und darf als kleiner Schritt in Richtung Deeskalation gewertet werden.
US-Außenminister Marco Rubio erklärte auf X, dass er in einem Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow unterstrichen habe: "Tod und Zerstörung müssen aufhören. Die USA haben einen starken Friedensplan vorgelegt und wir begrüßen das in Istanbul erzielte Abkommen über den Austausch von Kriegsgefangenen. Lassen Sie uns diese große Chance nicht verpassen. Die Zeit, diesen Krieg zu beenden, ist jetzt gekommen."
Was kann Trump am Montag erreichen?
Im letztjährigen Wahlkampf hatte Donald Trump angekündigt, den Russland-Ukraine-Konflikt am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit beenden zu wollen. Längst ist ihm bewusst, dass sich die Angelegenheit komplexer gestaltet.
Von einem Kriegsende durch die Telefonate am Montag (10 Uhr in Washington, DC beziehungsweise 16 Uhr deutscher Zeit) dürften selbst größte Optimisten kaum ausgehen – allerdings gibt es durchaus realistisch wirkende Fortschritte, die der US-Präsident in die Wege leiten könnte.
Im besten Fall nutzt Trump den Schwung des am Freitag vereinbarten Gefangenenaustausches, der als vorsichtiges Vertrauenssignal gewertet wird, um ein Folgetreffen auf höchster Ebene einzufädeln. An diesem haben sich bislang besonders ukrainische Diplomaten interessiert gezeigt, während Russland angeblich die tatsächliche Durchführung des Austausches zur Bedingung für ein mögliches Treffen zwischen Putin und Selenskyj persönlich macht.
Trump könnte sich wirksam für eine schnelle Umsetzung stark machen, um diese Voraussetzung möglichst bald zu erfüllen. Ein solches Treffen, das die erste direkte Begegnung zwischen den beiden Präsidenten seit Kriegsbeginn wäre, würde den diplomatischen Prozess auf eine neue Stufe heben.
Warum ein Waffenstillstand nicht wahrscheinlich ist
Als Erfolg der Trump-Telefonate würde auch eine zeitlich begrenzte Deeskalation durchgehen; etwa, indem sich Russland und die Ukraine für einen gewissen Zeitraum bereiterklären, die Kampfhandlungen zumindest an bestimmten Frontabschnitten einzuschränken.
Deutlich weniger wahrscheinlich wirkt, dass der US-Präsident den vieldiskutierten Waffenstillstand zwischen den beiden Kriegsparteien herbeireden kann: Russland besteht auf Kontrolle über die besetzten Gebiete und die dauerhafte Neutralität der Ukraine, was Kiew als Kapitulation wahrnehmen würde. Die Ukraine wiederum fordert einen vollständigen Rückzug Russlands aus allen besetzten Gebieten, einschließlich der seit über einem Jahrzehnt russisch kontrollierten Halbinsel Krim.
Wie erst am Freitag in Istanbul in Erinnerung gerufen wurde, erschweren diese gegensätzlichen Kernforderungen eine Einigung erheblich. Donald Trump fällt am Montag die wenig beneidenswerte Aufgabe zu, Putins Bedingungen mit Selenskyjs Erwartungen in Einklang zu bringen und anschließend die Skepsis der europäischen Verbündeten zu zerstreuen. Mit dem Ende des Krieges ist dadurch kaum zu rechnen – womöglich jedoch wenigstens mit dem Beginn eines effektiven Friedensprozesses.
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