Das wissen die wenigsten
Warum halbe Urlaubstage ein Mythos sind

| Redaktion 
| 13.05.2025

Arzttermin, Gang zum Amt, Kinder abholen – oft reicht ein halber Tag, um private Pflichten zu erledigen. Doch viele Beschäftigte übersehen: Halbe Urlaubstage sind gesetzlich nicht vorgesehen. Wer seinen Urlaubsanspruch nicht gefährden will, sollte die juristischen Fallstricke genau kennen.

Halbe Urlaubstage scheinen im Arbeitsalltag eine praktische Lösung zu sein. Doch juristisch ist diese Regelung heikler als gedacht. Ein genauer Blick ins Bundesurlaubsgesetz offenbart, warum Arbeitnehmer:innen hier nicht auf Kulanz hoffen sollten und welche Alternativen erlaubt sind.

Gesetzlicher Anspruch kennt nur volle Tage

Nach § 3 des Bundesurlaubsgesetzes steht jedem Arbeitnehmer bei einer Fünf-Tage-Woche ein gesetzlicher Mindesturlaub von 20 Tagen pro Jahr zu. Halbe Urlaubstage finden darin keine Erwähnung und werden laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht als vollwertige Urlaubszeit anerkannt. Die Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Schulze Zumkley erklärt: "Halbe Urlaubstage erfüllen nicht die gesetzlichen Urlaubsanforderungen."

Was viele nicht wissen: Selbst wenn rechnerisch aus 20 Tagen 40 halbe gemacht werden könnten, ist dies rechtlich unzulässig. Der Gesetzgeber will damit sicherstellen, dass Arbeitnehmer:innen tatsächlich eine Erholungszeit erhalten, die diesen Namen verdient. Urlaub soll nicht nur arbeitsfreie Zeit sein, sondern eine tatsächliche Phase der Regeneration, in der die Arbeitspflicht vollständig ruht. Diese Funktion kann durch halbe Tage laut Gesetz nicht erfüllt werden.

Zudem gibt es keine gesetzliche Grundlage, die den Anspruch auf einen halben Urlaubstag regelt oder eine solche Regelung erzwingt. Auch bei individuellen Arbeitszeitmodellen – etwa bei Gleitzeit oder Teilzeitbeschäftigung – bleibt der Urlaubsanspruch stets in ganzen Tagen bemessen. Insofern ist der Gedanke, die Urlaubstage zu "splitten", mit Blick auf die geltende Rechtslage ein Trugschluss.

Freiwilliger Mehrurlaub erlaubt Spielräume

Laut eines Berichts von n-tv sind solche flexiblen Regelungen in der Praxis zwar verbreitet, haben jedoch keinen Anspruch auf gesetzliche Anerkennung. Die rechtliche Grundlage bleibt bei solchen Modellen freiwillig – was bedeutet, dass Unternehmen entsprechende Lösungen anbieten können, aber nicht müssen.

Anders sieht es beim sogenannten übergesetzlichen Urlaub aus. Gewähren Unternehmen mehr Urlaubstage als gesetzlich vorgesehen, etwa 30 statt 20 Tage, können sie darüber frei verfügen. In diesem Bereich sind auch halbe Urlaubstage möglich – sofern der Arbeitgeber zustimmt. Hier zeigt sich: Kulanz ist erlaubt, aber keine Pflicht. Viele Unternehmen bieten solche Modelle im Rahmen von betrieblichen Vereinbarungen oder Tarifverträgen an, um flexibler auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen zu können.

Der übergesetzliche Teil des Urlaubs bietet Raum für individuelle Lösungen. Hier können halbe Tage, Stundenkonten oder andere flexible Systeme vereinbart werden – solange sie schriftlich festgelegt und beidseitig akzeptiert sind. Personalverantwortliche sollten allerdings darauf achten, klare Regelungen zu treffen, um Missverständnisse zu vermeiden und rechtliche Grauzonen zu verhindern.

Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Zur besseren Übersicht hier die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Gesetzlich ist nur voller Urlaub zulässig: Halbe Urlaubstage sind im Bundesurlaubsgesetz nicht vorgesehen.

  • Rechtsprechung ist eindeutig: Laut BAG sind halbe Urlaubstage nicht anrechenbar.

  • Übergesetzlicher Urlaub kann geteilt werden: Nur wenn der Arbeitgeber freiwillig mehr Urlaubstage gewährt, sind halbe Tage möglich.

  • Eigenmächtige Freistellung ist riskant: Wer ohne Genehmigung halbtags fehlt, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen.

  • Arbeitgeber in der Pflicht: Ohne klare interne Regelung kann es zu Haftungsrisiken kommen.

Was jedoch nicht erlaubt ist: Einfach einen halben Tag "nehmen", ohne dass dieser vom Arbeitgeber genehmigt wurde. Wer dies tut, handelt eigenmächtig und riskiert eine Abmahnung oder sogar eine fristlose Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens. Selbst wenn im Team eine gewisse Praxis der halben Freitage besteht, bleibt der Arbeitgeber rechtlich zur Zustimmung verpflichtet.

Auch für Unternehmen kann das Thema zum Haftungsrisiko werden. Wird halber Urlaub systematisch erlaubt, aber nicht sauber dokumentiert, drohen bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten unangenehme Konsequenzen. Im Zweifelsfall kann dies sogar als Verstoß gegen die gesetzlichen Schutzpflichten gewertet werden – etwa wenn Mitarbeiter:innen sich überlastet fühlen und keine vollständigen Urlaubstage erhalten.

Arbeitgeber sollten deshalb in ihren Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen konkret regeln, wie mit zusätzlichen Urlaubstagen umgegangen wird. Ein transparenter Umgang und eine klare Kommunikation im Team schaffen Sicherheit auf beiden Seiten.

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