Interview mit dem CMO von yfood
Marco Raab: "Durchschnitt können wir uns im Kampf um Aufmerksamkeit nicht mehr leisten"

| Redaktion 
| 21.04.2025

Im Interview mit LEADERSNET spricht Marco Raab über die wachsende Akzeptanz von Trinkmahlzeiten, die aktuelle Netflix-Kooperation oder die Kraft authentischer Testimonials. Der Chief Marketing Officer von yfood geht darauf ein, wie man Kampagnen-Impact abseits von Reichweite oder Umsatz einordnet und weshalb Agenturen mit reinem Supplier-Ansatz für ihn nicht mehr funktionieren.

yfood ist ein Münchner Unternehmen, das seit 2017 den Markt für Trinkmahlzeiten prägt. Es bietet nährstoffreiche, praktische Getränke in diversen Geschmacksrichtungen an, die sich vornehmlich an Menschen mit aktivem Lebensstil richten.

Ziel ist es, ausgewogene Ernährung unkompliziert in den Alltag zu integrieren, was häufig vor allem Berufstätige oder Sportler zu schätzen wissen. Als Chief Marketing Officer zeichnet Marco Raab dabei für die Außendarstellung der Marke hauptverantwortlich.

LEADERSNET: Sie sind seit 2021 CMO bei yfood. Durch welche Aspekte hat Ihnen das Produkt seitdem leichte Arbeit bereitet? Andererseits: Welche Herausforderungen sind Ihnen bislang begegnet, wenn es um die erfolgreiche Vermarktung von yfood beziehungsweise Smart Food im Allgemeinen geht?

Marco Raab: Unser Produkt trifft den Zeitgeist des schnellen, aber auch gleichzeitig bewussten Lebens und löst ein echtes Alltagsproblem: Sich vor den alltäglichen Versuchungen des schlechten Essens, die uns nun einmal begegnen, zu schützen und sich trotzdem ausgewogen zu ernähren. Das aber bitte schnell und unkompliziert.

Kann man unmittelbar ein Problem lösen, das die breite Masse kennt, macht es einem Marketer das Leben deutlich einfacher. Trotzdem ist Smart Food noch neu und innovativ und damit auch erklärungsbedürftig - das ist die Herausforderung.  Vorurteile aufgrund von bestehenden Gewohnheiten kommen hinzu. Genau da setzen wir an: Aufklärung, kreative Kampagnen, ehrliches Storytelling.

LEADERSNET: Hat sich die öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz von Trinkmahlzeiten in Ihren Augen verändert, seit Sie sich beruflich damit befassen?

Marco Raab: Definitiv. Anfangs waren Trinkmahlzeiten Nische und eher skeptisch beäugt. Heute sehen wir eine steigende Akzeptanz und Nachfrage, besonders bei Menschen mit aktivem Lebensstil. Das zeigt sich auch am wachsenden Smart-Food-Markt im Generellen. ​

LEADERSNET: Die aktuelle yfood-Kampagne ist eng mit der Netflix-Serie "How to sell Drugs online (fast)" verknüpft. Wie ist diese Kooperation zustande gekommen; wer kommt in einem Fall wie diesem auf wen zu?

Marco Raab: Die Idee kam tatsächlich von wtf, der Storytelling-Schmiede hinter der Serie. Sie wollten das fiktive Produkt real machen und dachten dabei direkt an uns als Marktführer. In den Gesprächen mit wtf und Netflix war dann sofort klar: Wir ticken ähnlich, wollen Geschichten erzählen, die hängen bleiben. Solche Partnerschaften entstehen nicht durch Zufall, sondern weil man sich gegenseitig inspiriert und Lust auf dasselbe hat.​

LEADERSNET: Erst im Februar ist darüber hinaus die "Hunger, Eat This"-Kampagne angelaufen, die in Deutschland mit Sophia Thomalla und in Österreich mit Melissa Naschenweng ausgespielt wird. Vorher war Frederick Lau als Testimonial für yfood zu sehen. Wie wichtig ist die Wahl der richtigen Persönlichkeiten für den Geschäftserfolg von yfood und wie gehen Sie die Selektion solcher Partnerschaften an?

Marco Raab: Sehr wichtig, selbstverständlich. Wir suchen keine reinen Werbegesichter, sondern Charaktere mit Ecken, Kanten und Haltung. Menschen, die für etwas stehen – so wie unsere Marke. Mit Sophia Thomalla oder Melissa Naschenweng haben wir aktuell zwei wirklich starke Persönlichkeiten an unserer Seite. Unsere Strategie: Testimonials, die nicht nur bekannt sind, sondern auch eine natürliche Verbindung zu uns und unserem Produkt haben. ​

LEADERSNET: Welche Kriterien legen Sie dagegen an Partner für "hintergründige" Kooperationen an? Jung von Matt Hamburg zum Beispiel hat yfood bei der "Hunger, Eat This"-Kampagne unterstützt. Welche Agenturen oder Medienunternehmen sind die richtigen, um Ihre Geschäftsziele voranzutreiben?

Marco Raab: Mut. Kreativität. Vision. Wir arbeiten gerne mit Partnern, die unsere Ideen nicht einfach umsetzen, sondern weiterdenken und uns auch herausfordern, wie Jung von Matt Hamburg bei unserer "Hunger, Eat This."-Kampagne. Gemeinsam konnten wir beweisen, wie viel Power in einer engen Zusammenarbeit steckt, die jeweils Ansprüche an beide Seiten stellt. Das klassische Supplier-Modell funktioniert für mich nicht mehr, weil es Durchschnitt kreiert. Das können wir uns heutzutage nicht mehr leisten in einem Kampf um Aufmerksamkeit.

LEADERSNET: Schon zur "Hunger, Eat This"-Kampagne hieß es, dass yfood "die Marketingblase zum Platzen bringen und mit kreativen Stories statt realitätsferner Phrasen authentische Verbindungen schaffen" möchte. Das klingt nach mehr als klassischen KPIs wie Reichweite oder Umsatz. Wie stellen Sie fest, in welchem Umfang diese Verbindungen glücken?

Marco Raab: Sehr gute Frage, denn hier ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen Messbarkeit und Gefühl. Unser Ziel ist es, authentische Verbindungen zu unseren Kunden zu schaffen. Kann man diese vollends messen? Nein! Wir messen den Erfolg also nicht nur an Reichweite oder Umsatz, sondern auch an der Resonanz und dem Engagement unserer Community. Feedback und Interaktionen in sozialen Medien geben uns Hinweise darauf, wie gut unsere Botschaften ankommen. ​Diese nehmen wir sehr ernst als Indikator.

LEADERSNET: Mit der Bonuslife-Edition rund um "How to sell Drugs online (fast)" hat es ein zunächst rein fiktives Produkt in den ganz realen, stationären Handel geschafft. Ist das ein Ansatz, den Sie mit yfood grundsätzlich gern weiterverfolgen und sogar ausbauen würden? Gibt es eine bestimmte Sparte oder eine konkrete Marke aus der Medienwelt, die Sie nur zu gern in Verbindung mit yfood sehen würden?

Marco Raab: Ich kann mir viele spannende Cross-Overs vorstellen, die aber nicht an eine bestimmte Marke, sondern an Relevanz und Momentum geknüpft sind. Demnach sind wir immer offen für Innovationen, die die Marke weiter positionieren und neue Zielgruppen erreichen. Jedoch darf man seinen Kern auch nicht verlieren - und dieser ist bei uns nicht das Lizenzgeschäft, sondern der Markenaufbau von yfood an sich und die Etablierung der Kategorie.

LEADERSNET: Empfinden Sie es als anspruchsvoll, kreative Ansätze zu erarbeiten, die einerseits zur bestehenden Markenidentität von yfood passen und andererseits ganz neue Zielgruppen ansprechen können?

Marco Raab: Solange man das richtige Mindset im Team und die entsprechenden Partner hat, kann Kreativität und Markenfit auch angenehm leicht sein. Entscheidend ist, dass man seine Basis kennt, von der man Kreativität bewerten kann. Ich glaube, dass sich diese Aufgabe sehr herausfordernd anfühlen kann, wenn man Lücken in der strategischen Vorarbeit hat. Auf einem soliden Fundament und einem etablierten Set-Up können spannende Automatismen entstehen.

LEADERSNET: Sie müssen natürlich keine Namen nennen, aber: Sind Sie häufig beeindruckt oder inspiriert von den Kampagnen anderer Unternehmen? Was müssen Marketing-Maßnahmen mitbringen, um einem Mann vom Fach echte Bewunderung abzuringen?

Marco Raab: Aktuell beeindrucken mich zwei völlig unterschiedliche Arten von Kampagnen. Zum einen die, die es schaffen, Markenkern mit Witz oder Entertainment zu vereinen. Da fällt mir die letzte Axe-Kampagne ein. Sehr gelungen. Auf der anderen Seite Kampagnen, die heutzutage hoch skalierbar sind und eine starke Automatisierung vorweisen. Warum? Weil diese beiden Dinge zu kombinieren die entscheidende Herausforderung für die kommenden Jahre sein wird. Das heißt: Mein Blick auf Kampagnen wandelt sich auch.

LEADERSNET: Welcher aktuelle Marketingtrend – sei es KI, Influencer oder interaktive Kampagnen, um nur Beispiele zu nennen – hat Ihrer Meinung nach das Potenzial, wirklich nachhaltig zu wirken? Wo sollte man dem Hype hingegen eher nicht glauben?

Marco Raab: KI wird viel verändern, sehr viel. Vor allem in Sachen interner Prozesse. Aber auch da gilt: Tech ist nur so gut wie der Mensch, der sie einsetzt. Influencer bleiben für mich relevant – wenn sie zur Marke passen und authentisch sind. Jedoch wird auch der Markt sich stark verändern, weil teilweise Preise und Realitäten nicht immer zusammenpassen.

Auch im Bereich der Creator Economy werden wir eine Konsolidierung merken, die nicht zuletzt durch KI getrieben ist. Hypes, die nur laut sind, aber nichts sagen, verschwinden genauso schnell, wie sie gekommen sind. ​Auf den Durchbruch von WhatsApp-Marketing warte ich jedoch schon sehr lange.

LEADERSNET: Marketing hat sich in den letzten Jahren rasant verändert; von "klassischer" Werbung hin zu datengetriebenen, immersiven Erlebnissen. Wo sehen Sie die größte Veränderung für die Branche in den nächsten Jahren und wie bereitet sich yfood darauf vor?

Marco Raab: Die Prozessneugestaltung in den Abläufen, die sich ständig durch neue technische Lösungen verändert wird, verlangt mehr Agilität als jemals zuvor. Als Organisation hier schnell genug zu reagieren und das neue Tempo mitzugehen, wird eindeutig eine Herausforderung. Viele Marketingregeln verschieben sich, die Rollen der Mitarbeiter verändern sich und auch die kreativen Prozesse an sich.

Mood-Motiv von yfood
Mood-Motiv von yfood

Dabei ist die Datengetriebenheit fast schon gewöhnlich und nicht neu, sondern die Schnelllebigkeit und die Abgrenzung von Marken in einer immer mehr automatisierten Welt. Dadurch werden auch wieder Offline-Themen stärker an Gewicht gewinnen, weil diese nicht austauschbare Erlebnisse ermöglichen. Wir arbeiten mit Hochdruck an all diesen Themen.

LEADERSNET: Wenn Sie in zehn Jahren auf Ihre Zeit bei yfood zurückblicken: Woran würden Sie messen, ob Sie Ihren Job gut gemacht haben – abseits von Zahlen und Umsatz?

Marco Raab: Wenn ich zurückblicke und sagen kann: Wir haben nicht nur ein Produkt vermarktet, sondern eine Kategorie weltweit erfolgreich positioniert – dann war’s ein Erfolg. Nicht mehr und nicht weniger. Und wenn wir im Nachgang behaupten können, dass wir bei dem ein oder anderen Thema Trendsetter als auch First Mover gewesen sind, würde mich das stolz machen.  

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