Ritex-Chef über das Comeback der Kondome
"Keiner sagt: Der Sex fällt aus, weil das Kondom teurer war"

Kondome erleben ein Comeback – und mit ihnen ein ostwestfälisches Familienunternehmen, das auf Qualität "Made in Germany" setzt. Warum Ritex-Chef Robert Richter von einem boomenden Markt spricht – und wieso höhere Preise Kunden kaum abschrecken.

Von der Tabuzone zur Selbstverständlichkeit: Über Kondome spricht heute kaum mehr jemand hinter vorgehaltener Hand. Robert Richter, Geschäftsführer des Herstellers Ritex aus Bielefeld, berichtet von Rekordzahlen: 14,8 Millionen Euro Umsatz im vergangenen Jahr – ein Allzeithoch in der 77-jährigen Firmengeschichte. Das erklärte der Unternehmer im Chefgespräch-Podcast der Wirtschaftswoche.

"Früher waren Kondome nichts für die Öffentlichkeit", sagt Richter. Heute sieht er einen Paradigmenwechsel. Nicht nur, weil sich gesellschaftliche Einstellungen ändern – auch das Vertrauen in hormonelle Verhütung bröckelt. "Die Einnahme von Hormonen wird heute kritischer beäugt", so Richter.

Eine Entwicklung, die sich in den Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) spiegelt: Erstmals seit Jahrzehnten gaben 2023 mehr Menschen an, Kondome statt der Pille zu nutzen. Nur 38 Prozent nannten noch das einst dominierende Präparat – 2007 waren es 55 Prozent gewesen.

Gute Geschäfte zu Pandemiezeiten

Besonders deutlich zeigt sich der Trend bei jungen Erwachsenen: Zwei Drittel der 16- bis 25-Jährigen greifen laut BZgA-Umfrage zum Kondom. Viele verbinden mit hormonellen Mitteln körperliche und psychische Risiken – von Libidoverlust bis Blutungsstörungen.

Die Renaissance des Kondoms verdankt sich aber nicht nur medizinischen Bedenken. Auch die Corona-Pandemie habe sich positiv auf das Geschäft ausgewirkt, so Richter: "Unsere Zielgruppe sind Menschen über 25 in festen Beziehungen – die hatten während Corona noch die Möglichkeit, sich zu sehen. Und vor allem: Langeweile." Während andere Anbieter Einbrüche erlebten, blieb Ritex stabil – auch, weil man auf eine andere Zielgruppe setzt als der Rotlichtbereich oder junge, mobile Singles.

Nicht die Hipsten, aber zuverlässig

Ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens: Ritex ist der einzige große Kondomhersteller, der in Deutschland produziert. Während viele Wettbewerber in Asien fertigen lassen, betont Richter den pharmazeutischen Qualitätsanspruch seines Hauses. Das spiegele sich auch im Auftritt der Marke wider: "Wir sind vielleicht nicht die Hipsten, aber wir sind zuverlässig."

Das Design stammt noch von Richters Vater, der sich beim Verpackungsstil angeblich vom weißen Album der Beatles inspirieren ließ. Der Name Ritex wiederum ist ein Kunstwort – zusammengesetzt aus "Richter" und "Latex".

Absolut preisunelastisch

Trotz gestiegener Kosten bleibt das Produkt für viele alternativlos. Energieintensive Herstellung, strengere Regularien und höhere Rohstoffpreise haben die Verkaufspreise nach oben getrieben – doch die Kunden bleiben. "Das Kondom als solches ist absolut preisunelastisch", erklärt Richter. Und weiter: "Keiner kommt nach Hause und sagt, Schatz, das Kondom war heute leider doppelt so teuer, der Sex fällt heute aus."

Der Preis spiele "überhaupt keine Rolle", solange die Qualität stimme. Trotzdem bleibe der Wettbewerb hart. Wer Kondome bisher nicht nutze, beginne auch nicht plötzlich damit, nur weil sie günstiger seien.

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