Frauenquote erreicht Höchststand
Tag der Deutschen Einheit: Erwerbstätigkeit von Frauen auf Rekordniveau

Zum 35. Jubiläum der Deutschen Einheit zeigt eine aktuelle Auswertung des Statistischen Bundesamtes: Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist so hoch wie nie zuvor. Gleichzeitig bestehen zwischen Ost und West weiterhin klare Unterschiede bei Löhnen und Wirtschaftsleistung.

Deutschland feiert 35 Jahre Wiedervereinigung – ein historischer Meilenstein, der auch tiefgreifende wirtschaftliche Entwicklungen nach sich zog. Neue Daten des Statistischen Bundesamtes geben Einblick in die Erwerbstätigkeit von Frauen, die Verdienstunterschiede und die regionale Wirtschaftskraft. Das Bild: Fortschritte ja, aber keine vollständige Angleichung. Die Zahlen zeigen deutlich, dass der gesellschaftliche Wandel voranschreitet – jedoch nicht in allen Bereichen gleich schnell.

Frauen holen auf – regional unterschiedlich

Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist bundesweit seit 1991 um rund 30 Prozent gestiegen: von 57 auf 74 Prozent. Bemerkenswert ist die Angleichung zwischen Ost und West. Anfang der 1990er lag die Quote im Osten bei 66 Prozent, im Westen bei 54 Prozent. Heute liegt sie in beiden Regionen bei 74 Prozent. Spitzenreiter 2024: Bayern und Sachsen mit je 77 Prozent. Schlusslichter: Bremen mit 67 Prozent, gefolgt vom Saarland (70 %) und Berlin (71 %).

Besonders interessant ist, dass sich in manchen Bundesländern trotz gleicher Quote unterschiedliche Arbeitszeitmodelle etabliert haben. Während in Ostdeutschland Teilzeitarbeit unter Frauen traditionell weniger verbreitet ist, zeigt sich im Westen ein deutlich höherer Anteil an reduzierter Wochenarbeitszeit. Dies weist auf unterschiedliche gesellschaftliche Rollenverständnisse und Betreuungsinfrastrukturen hin.

Gender Pay Gap: Osten vorn

Der Gender Pay Gap lag 2024 bundesweit bei 16 Prozent. In Westdeutschland (inkl. Berlin) beträgt er 17 Prozent, im Osten lediglich 5 Prozent. Zum Vergleich: 2006 lag der Abstand noch bei 24 Prozent im Westen und 6 Prozent im Osten. Trotz positiver Tendenzen bleibt die Lücke groß – gerade in den alten Bundesländern.

Ein entscheidender Faktor: In Ostdeutschland sind Frauen häufiger in Vollzeit tätig, was sich direkt auf die Entgeltgleichheit auswirkt. Zudem ist der Anteil von Frauen in industriellen und öffentlichen Berufen im Osten traditionell höher. Auch strukturelle Unterschiede bei den Branchen, Tarifbindungen und der Verbreitung von Mini- und Midijobs tragen zur Lohnlücke bei.

Verdienste und Wirtschaftskraft weiter uneinheitlich

Die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer:innen lagen 2024 im Westen bei 4.810 Euro, im Osten bei 3.973 Euro – ein Unterschied von rund 21 Prozent. Seit 1991 konnten sich die Verdienste im Osten jedoch vervierfachen. Auch die Wirtschaftskraft zeigt Fortschritte: Das preisbereinigte BIP pro Kopf stieg seit der Einheit bundesweit um 40 Prozent. In Thüringen sogar um 163 Prozent. Dennoch bleibt Ostdeutschland beim BIP pro Kopf unter dem Bundesdurchschnitt.

Auffällig ist auch die Verteilung innerhalb der ostdeutschen Bundesländer: Während Sachsen und Thüringen beim Wachstum vorne liegen, hinken Länder wie Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern hinterher. Gründe dafür sind unter anderem Infrastrukturdefizite, geringere Investitionsquoten und Abwanderung junger Fachkräfte.

Positiv entwickelt hat sich hingegen die Innovationskraft ostdeutscher Regionen: Einige Bundesländer wie Brandenburg und Sachsen positionieren sich zunehmend als Standorte für Zukunftsbranchen wie Batteriezellenproduktion, Mikroelektronik und nachhaltige Energiewirtschaft. Dennoch bleibt die Abhängigkeit von Fördermitteln hoch.

Fazit: Fortschritte ja, Gleichstand nein

Die Bilanz nach 35 Jahren Einheit ist gemischt. Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich stark verbessert, vor allem im Westen. Der Gender Pay Gap schrumpft, bleibt aber ein Thema. Die Wirtschaft im Osten wächst, ist aber noch nicht auf Westniveau. Der Weg zur echten Gleichstellung bleibt ein Langstreckenlauf.

Politisch und wirtschaftlich bleibt die Angleichung zwischen Ost und West eine Aufgabe für die kommenden Jahre. Bildung, Digitalisierung, Mobilität und Chancengleichheit müssen weiter gefördert werden, um strukturelle Nachteile nachhaltig abzubauen. Die Zahlen zum Jubiläum zeigen: Es hat sich viel bewegt – aber es bleibt ebenso viel zu tun.

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