Frauenanteil bleibt zu niedrig
Warum Unternehmen weibliche Führungskräfte verlieren

| Redaktion 
| 15.04.2025

Trotz zahlreicher Programme zur Frauenförderung stagniert der Anteil weiblicher Führungskräfte auf Top-Ebene seit Jahren. Dabei zeigt sich: Wer Frauen in Schlüsselpositionen bringt – und auch dort hält – sichert sich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern auch Loyalität, Innovationskraft und eine breitere Perspektive auf unternehmerische Herausforderungen.

Frauen in Führungspositionen sind kein Nice-to-have, sondern ein betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Dennoch scheitern viele Unternehmen an der Umsetzung nachhaltiger Gleichstellungsstrategien. Studien zeigen: Es geht nicht mehr nur um Sichtbarkeit oder Quoten, sondern um konkrete Rahmenbedingungen, Karrieremodelle und Führungsstrukturen, die den Anforderungen ambitionierter Frauen im Top-Management gerecht werden.

Mehr als nur eine Pipeline-Frage

Die Diskussion um den "Talent Pool" weiblicher Führungskräfte greift oft zu kurz. Während viele Unternehmen beklagen, es gebe zu wenige geeignete Kandidatinnen, belegen aktuelle Analysen das Gegenteil: Laut einer Studie des World Economic Forum liegt der Frauenanteil unter Hochschulabsolvent:innen in Management-nahen Studiengängen mittlerweile über 50 Prozent. Die eigentliche Herausforderung liegt in der "Mid-Career-Phase", wo viele Talente den Aufstieg abbrechen – nicht aus Mangel an Ambitionen, sondern wegen struktureller Hürden wie Teilzeitstigmatisierung, mangelnder Flexibilität oder informeller Ausschlussmechanismen in Führungskreisen.

Was weibliche Top-Talente wirklich wollen

Wichtiger als externe Förderprogramme sind laut Expert:innen unternehmensinterne Voraussetzungen, die weibliche Karrieren nicht nur ermöglichen, sondern auch realistisch lebbar machen. Zentral sind:

Flexible Führungsmodelle – also Top-Jobs in Teilzeit oder im Jobsharing
Transparente Aufstiegskriterien – nachvollziehbare und faire Entscheidungsprozesse
Sichtbarkeit und Sponsoring – statt Mentoring braucht es aktive Fürsprecher:innen auf C-Level
Unternehmenskultur – die Leistung, nicht Präsenzkultur belohnt

Laut einer Umfrage von Boston Consulting Group (BCG) sind 78 Prozent der befragten Frauen überzeugt, dass ein inklusiver Führungsstil ein Schlüsselfaktor für langfristige Bindung an ein Unternehmen ist.

Vielfalt rechnet sich – messbar

Die McKinsey-Studie "Diversity wins" zeigt, dass Unternehmen mit einem hohen Anteil an weiblichen Führungskräften um bis zu 25 Prozent profitabler sind als der Durchschnitt. Trotzdem bleibt der Frauenanteil im oberen Management in Europa bei rund 19 Prozent – und damit weit hinter den Zielen vieler Diversity-Charta-Unterzeichner:innen. Unternehmen, die nicht nur rekrutieren, sondern aktiv Karrieren begleiten, profitieren langfristig: weniger Fluktuation, mehr Innovationskraft und eine bessere Außenwirkung gegenüber Stakeholdern.

Best Practice: Henkel

Der Konsumgüterkonzern Henkel verfolgt bereits seit mehreren Jahren eine gezielte Diversitätsstrategie. Dabei wird Female Leadership als KPI-relevanter Erfolgsfaktor in der Führungskräfteentwicklung verankert. Im Jahr 2023 erreichte das Unternehmen einen Frauenanteil von 39 Prozent in Managementpositionen – Tendenz steigend. Zentrales Element ist das unternehmensinterne Sponsorship-Programm, bei dem Senior Executives aktiv Verantwortung für weibliche Nachwuchstalente übernehmen.

Zwischenton statt Euphorie

Zwar verzeichnen einige börsennotierte Unternehmen inzwischen einen höheren Anteil an Frauen in Vorstandspositionen. Doch dieser Fortschritt spiegelt eher ein statistisches Momentum als einen tiefgreifenden Wandel wider. Die strukturellen Barrieren – von unausgesprochenen Normen über fehlende Rollenvorbilder bis hin zu unflexiblen Arbeitsmodellen – bleiben in vielen Organisationen bestehen.

Neue Generation, neue Ansprüche

Auch der Generationenwandel spielt eine Rolle: Für junge Top-Talente ist Diversität keine Option mehr, sondern Standard. Wer hier nicht liefert, verliert künftig nicht nur Frauen – sondern auch Männer, die moderne Führung erwarten. Immer mehr Organisationen setzen daher auf individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und fördern aktive Rollenentwicklung im Team – etwa durch Job Crafting, das Sinnstiftung und Eigenverantwortung neu denkt.

To-do für Führungsetagen:

• Führungskräfte auf allen Ebenen zu aktiven Fürsprecher:innen machen
• Präsenzkultur kritisch hinterfragen und Hybridlösungen stärken
• Gleichstellung nicht nur in HR verankern, sondern in Business-Ziele integrieren

Fazit: Chancen erkennen, Strukturen verändern

Ob neue Karrieremodelle, veränderte Erwartungen oder wirtschaftliche Argumente – die Förderung weiblicher Führungskräfte ist längst kein "Soft Topic“ mehr, sondern unternehmerische Notwendigkeit. Wer heute noch auf überholte Strukturen setzt, wird morgen die besten Talente verlieren – und damit auch Innovationskraft, Perspektivenvielfalt und Wettbewerbsfähigkeit.

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