Zehntausend Tonnen Billigware verteuern Frachtraum
Temu, Shein und co.: Chinas neue Cargo-Konkurrenz

| Redaktion 
| 22.02.2024

Die tagtägliche Zahl der eingehenden Pakete mit kostengünstig produzierter Ware aus China ist sechsstellig – sowohl in den USA als auch hierzulande. Dadurch breitet sich ein aufflammender Konkurrenzkampf der Anbieter vom Boden in die Luft aus.

Als Temu im September 2022 in den USA an den Start ging, war es das erklärte Ziel des Online-Marktplatzes, den Bürgern der Vereinigten Staaten die Warenvielfalt der Volksrepublik China zugänglich zu machen.

Obwohl Temu bislang keineswegs ein Garant für schwarze Zahlen war, darf sich die zuständige PDD Holdings Inc. aus Shanghai zumindest über das Meistern ihrer ausgegebenen Mission freuen: Keine anderthalb Jahre nach Launch ist Temu weit über die USA hinaus extrem populär. Wie wir im November mit Verweis auf das manager magazin berichtet haben, konnte die dazugehörige App hierzulande bereits die Nutzerzahlen von Zalando oder H&M hinter sich lassen. Erst im letzten Frühjahr ging Temu offiziell in Deutschland an den Start.

Nicht nur deshalb sollte einschränkend eingeordnet werden, dass Temu unter vielen Verbrauchern extrem populär ist – etablierte Handelsgrößen beobachten dagegen mit Argwohn, dass ihnen Temu und vergleichbare Anbieter nicht nur Marktanteile, sondern inzwischen auch wertvollen Platz in Cargo-Fliegern strittig machen.

"Bedarf" füllt 108 Frachtflugzeuge am Tag

Einem Bericht des US-Kongress zufolge werden allein von Shein und Temu fast 600.000 Pakete in die Vereinigten Staaten geschickt. Pro Tag, wohlgemerkt. Von Cargo Facts Consulting präsentierte Daten legen nahe, dass Temu innerhalb solch einer kurzen Zeitspanne insgesamt 4000 und Shein sogar 5000 Tonnen Ware in Umlauf bringt.

Kombiniert mit den etwa 1000 Tonnen von Alibaba und immerhin 800 von TikTok werden nach Berechnung der Beratungsagentur nicht weniger als 108 Boeing-777-Frachtflugzeuge benötigt, um den globalen Tagesbedarf nach kostengünstig erworbenen Produkten aus China zu decken. Zur weiteren Einordnung: Tech-Gigant Apple kommt auf knapp 1000 Tonnen.

Die Nachrichtenagentur Reuters informiert unter Berufung auf Baixiao außerdem, dass allein sogenannte Fast Fashion aus der Volksrepublik für ein Drittel aller weltweiten Cargo-Langstreckenflüge verantwortlich zeichnet. Unter dem Deckmantel der Anonymität hat ein Mitarbeiter eines Cargo-Unternehmens zudem berichtet, dass Kunden auf der Suche nach Alternativen zum krisengebeutelten Suezkanal abgewiesen werden müssen, weil E-Commerce-Unternehmen sämtliche Kapazitäten längst aufgekauft haben.

Expansion auf allen Wegen

Beim Spiegel schätzt man, dass auch die Bundesrepublik täglich bis zu 400.000 Postsendungen mit Waren von Temu, Shein und co. erreichen. "Basierend auf dem, was wir gesehen haben, ist das Modell des luftgestützten E-Commerce weder aus Gewinn- noch aus Umweltsicht nachhaltig", bemängelt Guillermo Ochovo von Cargo Facts Consulting.

Sowohl Temu als auch Shein würden sich deshalb vermehrt für Möglichkeiten zur See interessieren und außerdem Warenhäuser außerhalb von China etablieren wollen, um Versandzeiten zu verkürzen. Bislang baut das Konzept beider Online-Marktplätze eben gerade darauf, dass Waren direkt aus der Volksrepublik zu ihrem Empfänger geschickt werden und sämtliche (kostspieligen) Zwischenstationen entfallen.

"Sie durchstöbern den Markt nach allen Flugzeugen, die sie finden können", schildert Marc Schlossberg, Vizepräsident bei Unique Air Cargo, gleichzeitig gegenüber Reuters. Auch sein Unternehmen sei demnach von Temu angefragt worden. Gut denkbar also, dass Temu statt einer Alternative zur Luftfracht eher Ergänzungen dazu sucht. Der Einfluss chinesischer E-Commerce-Giganten ist Schlossberg nach in jedem Fall ein Gamechanger - die dazugehörigen Vertreter würden sich gerade schlichtweg als "wichtigster Antreiber der Industrie" hervortun.

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