Goldener Ehrenbär fürs Lebenswerk
Martin Scorsese: "Wir sollten keine Sklaven der Technologie sein“

| Redaktion 
| 20.02.2024

Am Dienstag wurde der seit über einem halben Jahrhundert aktive Regisseur im Rahmen der Berlinale für seine Verdienste gewürdigt. Dabei sprach er auch über den stetigen technischen Wandel und seine Auswirkung aufs Kino.

Mit Sicherheit wurden am Berlinale-Dienstag auch die Weltpremieren der Wettbewerbs-Filme "Des Teufels Bad" (Regie: Veronika Franz und Severin Fiala) sowie "Pepe" von Nelson Carlo de los Santos Arias heiß erwartet – im Zentrum der Aufmerksamkeit stand mit Martin Scorsese jedoch einer der verdientesten Filmregisseure aller Zeiten.

"Für jeden, der Film als die Kunst betrachtet, eine Geschichte so zu gestalten, dass sie sowohl ganz persönlich als auch universell ist, ist Martin Scorsese ein unübertroffenes Vorbild", erklärten Mariëtte Rissenbeek und Carlo Chatrian bereits im Dezember bei der Verkündung, dass dem US-Amerikaner in diesem Jahr der Goldene Ehrenbär für sein Lebenswerk verliehen werden soll. "Sein Blick auf die Geschichte und die Menschheit hat uns geholfen, zu verstehen und zu hinterfragen, wer wir sind, woher wir kommen", befand das Leitungs-Duo der 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin seinerzeit außerdem.

Ein Freund des Festivals

Kein noch lebender Regisseur wurde häufiger für einen Academy Award nominiert als der 81-jährige, der den begehrten Oscar bisher trotzdem erst einmal in Empfang nehmen durfte: Zumindest an seinem Korruptions-Thriller "Departed – Unter Feinden" mit Leonardo DiCaprio, Jack Nicholson und Mark Wahlberg führte für die Jury im Jahr 2007 kein Weg vorbei. Im kommenden Monat könnten sich durch den zehnfach nominierten "Killers of the Flower Moon" weitere Goldjungen hinzugesellen.

Doch zurück nach Berlin: Als "einen guten Freund des Festivals" bezeichnen Rissenbeek und Chatrian den Filmemacher und Drehbuchautor, der in der Vergangenheit bereits mit dem Rolling-Stones-Konzertfilm "Shine a Light" (Eröffnungsfilm 2008) oder dem Psychothriller "Shutter Island" (2010, ebenfalls mit Leonardo DiCaprio) zu Gast auf der Berlinale war. In einem offenen Brief protestierte er im vergangenen Jahr gegen die bevorstehende Absetzung des amtierenden Spitzenduos. Umso mehr Ehrensache, dass Scorsese die weite Reise in die deutsche Hauptstadt zur diesjährigen Auszeichnung noch einmal auf sich nahm.

Die individuelle Stimme

Erste offizielle Etappe seines großen Berlinale-Tages war eine Pressekonferenz im Hyatt am Potsdamer Platz, zu der Martin Scorsese am späten Dienstagnachmittag erschien. Im Zuge der halbstündigen Veranstaltung vor Medienvertretern aus aller Welt würdigte er unter anderem die Funktion von Filmfestivals, die neuen Stimmen Gehör verschaffen. Außerdem bekräftigte er, keine Angst vor einem Kinosterben zu haben, da sich Kino letztlich lediglich immer wieder verwandele.

"Technologie ändert sich so weitreichend und rapide, sodass man sich im Wesentlichen nur an der individuellen Stimme festhalten kann. Die individuelle Stimme – das muss ich sagen – kann sich auf TikTok ausdrücken oder in einem vierstündigen Film oder auch in einer zweistündigen Miniserie. Der Punkt ist, dass wir uns von Technologie nicht verängstigen lassen sollten. Wir sollten keine Sklaven der Technologie sein. Lasst uns Technologie kontrollieren und in die richtige Richtung lenken. Die richtige Richtung geht von der individuellen Stimme aus und nicht von etwas, das – einmal mehr – nur konsumiert und weggeworfen wird", schilderte Scorsese.

Die Gala am Abend

Die zweite Etappe bestand am Abend aus einer Gala im Berlinale-Palast. Gegen 21:30 Uhr betrat Scorsese den Roten Teppich, gab Autogramme und ließ sich ausführlich von Fotografen ablichten. Eine halbe Stunde später wurde er unter stehenden Ovationen im Gebäude begrüßt und genoss eine einleitende Live-Darbietung von Stücken aus dem "Killers of the Flower Moon“-Soundtrack sichtlich. Begleitet wurde er von seiner 24-jährigen Tochter Francesca.

Hadnet Tesfai führte durch den Abend, während Wim Wenders seine Laudatio mit einer bebilderten Anekdote rund um eine gemeinsam erlebte Autopanne in den Siebzigern anreicherte. Zu "Gimme Shelter“ von den Rolling Stones wurde Scorsese schließlich auf die Bühne gebeten und nahm den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk entgegen. Dabei zeigte er sich dankbar, seiner Leidenschaft so lange nachgehen zu dürfen und kündigte wie selbstverständlich an, weiterhin Filme zu drehen, sodass er in einigen Jahren vielleicht schon wieder vor Ort sei.

 
 
 
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Abrundend stand für die etwa 1600 geladenen Gäste natürlich ein Scorsese-Film auf dem Programm: Mit "Departed – Unter Feinden“ erinnerte sich das Publikum noch einmal gemeinsam daran, warum genau Martin Scorsese auf der Berlinale immer wieder ein warmer Empfang bereitet wird.

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