Streit um Gault & Millau
Berühmter Restaurantführer: Abrechnung mit deutschem Lizenznehmer

| Redaktion 
| 11.02.2024

Ausgefallene Zahlungen, mangelnde Standards und ein inzwischen zu Unrecht genutzter Name: Die Vorwürfe der Gault&Millau-Muttermarke gegen den in Deutschland zuständigen Verlag wiegen schwer.

Abseits des Guide Michelin zählt der Gault&Millau zu den renommiertesten Restaurantführern der Welt. Der Name geht auf seine beiden Gründer, die Gastrokritiker Henri Gault und Christian Millau, zurück und deutet bereits an, dass er – genau wie der größte Konkurrent – aus Frankreich stammt. Ein Alleinstellungsmerkmal des Gault&Millau ist ein Punktesystem bei der Bewertung, das nun offenbar zum Zerwürfnis zwischen den Pariser Markeninhabern und dem deutschen Lizenznehmer beigetragen hat.

So verkündet Gault&Millau Paris, dass dem Münchener Henris-Verlag bereits im vergangenen November gekündigt worden ist. Dies sei die "die unmittelbare Folge eines Zahlungsausfalls und der Verletzung weiterer vertraglicher Verpflichtungen", wie es in einem Statement des Unternehmens heißt.

Sie werfen Henris vor, dass der Verlag ungeachtet dessen sowohl weiterhin den Gault&Millau-Namen als auch "ein Bewertungssystem sowie Geschäftspraktiken nutzt, die in keiner Weise die Standards, die Ethik und die Werte widerspiegeln, für die unsere Marke seit ihrer Gründung steht."

Paris-München-Verhältnis zerrüttet

Tatsächlich wird der "Weinguide Deutschland 2024" seit dem 20. November letzten Jahres ausgeliefert. Das ist vier Tage nach dem Zeitpunkt, den Gault&Millau Paris nun als effektive Aufkündigung der Geschäftsbeziehung angibt. Die Hauptmarke betont, aktuelle Aktivitäten nicht genehmigt zu haben und distanziert sich "klar von solchen Praktiken, die geeignet sind, sowohl Branchenprofis als auch die breite Öffentlichkeit zu täuschen".

Es wird gewarnt vor "nicht autorisierten Quellen, die fälschlicherweise behaupten, Gault&Millau zu sein" – eine unmissverständliche Breitseite gegen Henris. In München muss man sich angesichts des Statements scheinbar keine Hoffnung darauf machen, das angespannte Verhältnis demnächst wiederherstellen zu können: Gault&Millau befindet sich laut Eigenangabe in "fortgeschrittenen Verhandlungen mit einem neuen deutschen Partner", der die deutsche Variantes des Guides hinsichtlich seiner "Bewertungskriterien und Werte" wieder auf Linie bringen soll.

Bewertet als nächstes der Richter?

"Henris Edition verfügt über eine weiterhin gültige Lizenz für die Marke Gault&Millau in Deutschland auf Grundlage eines wirksamen Lizenzvertrages", folgt die prompte Antwort aus München. "Die Lizenzkosten sind vertragsgemäß bis einschließlich 2025 vollständig bezahlt", weswegen der Verlag seine Rechte lückenlos wahrnehmen möchte. Als "ruf- und geschäftsschädigend" werden die von Gault&Millau Paris lancierten Entwicklungen bezeichnet.

Infolgedessen will Henris rechtliche Schritte gegen die Markeninhaber einleiten. Außerdem würden sich auch die vor kurzem gestarteten Verkostungen sehr wohl "an die etablierten Qualitätsstandards, für die Henris Edition seit Übernahme der Lizenz steht", halten. In der Welt wird Verlagsgründer Hans Fink passend dazu zitiert, dass er die "Vorwürfe für komplett substanzlos" hält.

Er vermutet den eigentlichen Grund stattdessen auf dem italienischen Markt: Auch dort übernahm Henris im Jahr 2022 die Verantwortung für Gault&Millau-Publikationen. Fink gibt zu Protokoll, den entsprechenden Lizenzvertrag aufgrund mangelnder Absicherung gegen Copycats seinerseits jedoch gekündigt zu haben und seitdem mit den Rechteinhabern über Kreuz zu liegen - womöglich beruft sich der von Gault&Millau Paris vorgeworfene "Zahlungsausfall" auf diesen Konflikt. Derzeit (11. Februar) verbreitet Henris Edition mehrerorts weiterhin, auch für Gault&Millau in Italien zuständig zu sein.

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