Führungswechsel bei den Vereinten Nationen
Annalena Baerbock wird Präsidentin der UN-Vollversammlung

| Redaktion 
| 09.09.2025

Annalena Baerbock, ehemalige deutsche Außenministerin, trat Dienstag ihr neues Amt als Präsidentin der UN-Vollversammlung an. Die 44-Jährige ist erst die fünfte Frau in dieser Rolle. Ihre Wahl im Juni war ein diplomatischer Kraftakt, ihre Amtszeit beginnt nun unter internationaler Beobachtung in New York. Die Erwartungen an sie sind hoch – sowohl innenpolitisch als auch von Seiten der internationalen Staatengemeinschaft.

Mit einer feierlichen Eröffnungssitzung startete Annalena Baerbock Dienstag als Präsidentin der 80. UN-Vollversammlung. Sie folgt auf Philemon Yang und will das Amt als "ehrliche Vermittlerin" mit Fokus auf Effizienz und Geschlechtergerechtigkeit ausfüllen. Es ist ein historischer Moment für Deutschland auf diplomatischer Weltbühne. Zugleich spiegelt die Ernennung Baerbocks auch das Ringen um eine modernisierte und glaubwürdige internationale Ordnung wider.

Auftakt mit Signalwirkung

Baerbocks Amtsantritt begann mit medialer Aufmerksamkeit: Zwei Instagram-Videos im "Sex and the City"-Stil sorgten für Diskussionen über Inszenierung und Nahbarkeit. In einem der Clips kommentiert sie ironisch ihren deutschen Akzent im Englischen. Diese ungewohnte Leichtigkeit in der internationalen Diplomatie stößt auf gemischte Reaktionen, zeigt aber auch Baerbocks strategisches Gespür für Reichweite und Symbolik.

 
 
 
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Ihr mediales Gespür könnte sich als Vorteil erweisen, um der oft technokratisch wahrgenommenen UN-Bühne mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Auch politisch wird ihr Auftakt aufmerksam verfolgt: Kritik kam im Vorfeld insbesondere deshalb auf, weil mit Baerbocks Kandidatur die namhafte UN-Diplomatin Antje Leendertse, die als Favoritin galt, überraschend übergangen wurde. Bereits im Vorfeld hatte sie mehrere Gespräche mit Delegationen aus Afrika, Lateinamerika und Asien geführt, um ihre Agenda abzustimmen und Vertrauen aufzubauen.

Am Abend hält sie ihre erste offizielle Eröffnungsrede. Die Sitzung markiert nicht nur den Beginn ihrer einjährigen Amtszeit, sondern auch eine neue Phase der UN-Vollversammlung, die zuletzt immer stärker unter Druck geraten war. Angesichts zunehmender globaler Krisen steht die Institution unter Handlungsdruck.

Inhaltliche Schwerpunkte

Baerbock setzt drei Themen auf die Agenda: die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele, den internationalen Klimaschutz sowie die Gleichstellung der Geschlechter. Damit positioniert sie sich klar im Lager der global progressiven Ordnungspolitik. Ihre Rolle bleibt dabei zwar protokollarisch, doch ihre Einflussnahme erfolgt über die Besetzung von Themen, Abläufen und Sitzungsformaten.

Besonderes Augenmerk will sie auf die Beteiligung der Zivilgesellschaft legen. Baerbock kündigte an, neue Dialogformate mit NGOs und Jugenddelegierten zu etablieren, um die UN-Agenda auch außerhalb der diplomatischen Zirkel zu verankern. Zudem will sie sich dafür einsetzen, dass klimabedingte Sicherheitsrisiken stärker auf die Agenda der Generalversammlung rücken.

Laut eines Berichts der WirtschaftsWoche war ihre Wahl im Juni trotz russischer Störversuche ein diplomatischer Erfolg für Deutschland. "Ich will, dass wir hier zusammenkommen, um Lösungen zu finden, nicht nur um Positionen zu wiederholen", sagte Baerbock in ihrer Dankesrede. Die Herausforderung besteht nun darin, diesen Anspruch im diplomatischen Alltag umzusetzen.

Symbolkraft und politische Realität

Dass Baerbock erst die fünfte Frau in diesem Amt ist, unterstreicht die langsamen Fortschritte bei der Geschlechterparität in internationalen Organisationen. Gleichzeitig steht sie unter erheblichem Druck: Finanzielle Kürzungen bei den UN, geopolitische Konflikte und die wachsende Skepsis gegenüber multilateralen Strukturen fordern strategische Geschicklichkeit.

Insbesondere der zunehmende Einfluss autoritärer Staaten innerhalb der UN-Strukturen stellt eine Herausforderung dar. In ihrer Antrittsrede sprach Baerbock sich für eine stärkere Rolle von Rechtsstaatlichkeit und internationalem Recht aus. Auch die Transparenz von Entscheidungsprozessen innerhalb der Generalversammlung soll verbessert werden, um das Vertrauen in multilaterale Institutionen zu stärken.

Baerbock kündigte bereits an, Reformen mitanzustoßen und die Effizienz der Generalversammlung zu steigern. Wie viel davon sie realisieren kann, wird sich zeigen. Der symbolische Wert ihrer Wahl ist jedoch bereits jetzt ein deutliches Signal in Richtung Gleichstellung und multilaterale Handlungsfähigkeit. Ihre Performance in den kommenden Monaten dürfte auch Auswirkungen auf die Rolle Deutschlands in den Vereinten Nationen insgesamt haben.

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