AI Natives in der Arbeitswelt
Die Generation Alpha startet ins Berufsleben: Sind deutsche Unternehmen bereit?

| Redaktion 
| 09.09.2025

Die Zeit vergeht schnell: Gerade noch galten sie als Kinder mit Tablet in der Hand, nun betreten die ersten Angehörigen der Generation Alpha in Deutschland den Arbeitsmarkt. Wer 2010 geboren wurde, ist heute 15 und steht damit am Beginn von Ausbildung, Praktika oder Nebenjobs. Für sie sind KI, Homeoffice und Nachhaltigkeit keine Trends – sondern Grundrechte. Doch ist die deutsche Arbeitswelt darauf vorbereitet?

"Die Generation Alpha wird einer der Haupttreiber für New-Work-Phänomene, Youth Future und die ‚Post-Demografic Society‘ sein", sagt Steffi Burkhart, Generationenforscherin bei der Transformationsagentur Leading Minds. Technologie sei für sie kein Zusatz, sondern Grundvoraussetzung. In der Tat ist Alpha die erste Generation, die vollständig in eine digitalisierte Welt hineingeboren wurde. Smartphones, Sprachassistenten, YouTube oder Lernplattformen mit künstlicher Intelligenz gehören für sie genauso dazu wie für frühere Generationen der Fernseher im Wohnzimmer.

Damit unterscheidet sie sich fundamental von der Generation Z, die zwar als digitalaffin gilt, aber den Übergang von der analogen zur digitalen Welt noch miterlebt hat. Während Z mit den ersten Smartphones experimentierte, sind Alphas in einer Welt groß geworden, in der WLAN, KI und Social Media so allgegenwärtig sind wie Wasser aus der Leitung. „Wir sprechen hier von den ersten echten ‚AI Natives‘“, schreibt die Schweizer Plattform HRToday. Sie sind es gewohnt, KI bei Problemen im Alltag zu befragen. Außerdem sind sie in einer Welt groß geworden, in der Technologie wie Handy-Apps von Beginn an auf ihre Bedürfnisse abgestimmt, sprich, personalisiert wurden.

Flexibilität, hybride Modelle etc.: Keine Benefits, sondern Teil der Grundausstattung

Doch es geht nicht nur um Technik. Auch inhaltlich verschieben sich die Koordinaten. Schon die Gen Z legte Wert auf Sinn, Nachhaltigkeit und Diversität. Doch während diese Themen von ihr noch hartnäckig eingefordert wurden – Stichwort Fridays for Future –, wächst Alpha mit dem Anspruch auf, dass all das längst selbstverständlich sein muss. Unternehmen, die auf Broschüren nachhaltige Schlagworte drucken, aber im Alltag wenig davon spürbar machen, werden bei dieser Generation kaum Chancen haben. Burkhart sieht sogar tiefgreifende kognitive Unterschiede: "Die Generation Alpha wird eine Generation sein, die neue und höhere kognitive Fähigkeiten mitbringt, die weiterentwickelt sind als alle vorherigen Generationen."

Auch die Erwartungen an die Arbeitswelt verändern sich. Flexibilität, hybride Modelle, Homeoffice und mentale Gesundheit sind keine Benefits mehr, sondern Teil der Grundausstattung. Inklusion reicht über Gender- oder Diversity-Themen hinaus und umfasst auch Rücksicht auf Neurodiversität oder psychische Belastungen. Wo Gen Z noch erkämpfen musste, dass über Work-Life-Balance gesprochen wird, fordert Alpha konkrete Strukturen.

Motivation und Bindung werden wichtiger

Für die Unternehmen bedeutet das, dass sie sich stärker mit Motivation und Bindung beschäftigen müssen. Wobei Experten zufolge ein Phänomen an Bedeutung gewinnen wird, nämlich Ghosting. Das Nicht-Mehr-Auftauchen ohne davor zu kündigen, wird aller Voraussicht nach bei jüngeren Menschen häufiger praktiziert.

Gleichzeitig ist Deutschland bei der Vorbereitung gespalten. Manche Schulen sind längst mit Tablets, Clouds und digitalen Tools ausgestattet, andere arbeiten noch immer mit Kreide und Overhead-Projektor. Das führt zu sehr unterschiedlichen Startbedingungen. Klar ist aber: Mit der Selbstverständlichkeit im Umgang mit Technik bringen Alphas ein anderes Selbstbewusstsein in die Unternehmen – und sie erwarten, dass dort mindestens der gleiche Standard herrscht wie in ihrem Alltag.

Damit stellt sich die Frage: Ist die deutsche Arbeitswelt bereit? Die Generation Z hat vieles angestoßen – mehr Homeoffice, mehr Nachhaltigkeit, mehr Aufmerksamkeit für mentale Gesundheit. Generation Alpha wird diesen Wandel nicht mehr verhandeln. Sie betrachtet ihn als gegeben. Für Arbeitgeber heißt das: Wer schon jetzt Strukturen schafft, die diese Erwartungen erfüllen, gewinnt motivierte, kreative und technologisch versierte Nachwuchskräfte. Wer zögert, riskiert, bei der nächsten Generation leer auszugehen.

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