Die überraschende Entscheidung der Deutschen Post, den Versand von Geschäftspäckchen in die USA vorübergehend einzustellen, hat in der deutschen Exportwirtschaft für Aufsehen gesorgt. Die Maßnahme ist eine direkte Reaktion auf eine neue Executive Order der US-Regierung, die die zollfreie Einfuhrregelung für Warensendungen drastisch verändert. Viele Unternehmen sehen sich dadurch in ihrem Tagesgeschäft erheblich eingeschränkt.
Versandstopp trifft vor allem kleine und mittlere Unternehmen
Ab dem 22. August nimmt die Deutsche Post keine Firmenpäckchen sowie keine Warenpost International mehr für den Versand in die USA entgegen. Der Schritt betrifft vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die bislang auf den kostengünstigen Versandweg über das internationale Postnetz gesetzt haben. Diese müssen nun auf deutlich teurere Versandlösungen über DHL Express oder alternative Logistikunternehmen ausweichen. Auch größere Mittelständler, die regelmäßig Muster oder kleinere Lieferungen in die Vereinigten Staaten senden, sind gezwungen, kurzfristig ihre Logistikstrategien anzupassen.
Die Entscheidung steht im Zusammenhang mit der US-Executive Order "Suspending Duty-Free De Minimis Treatment for all Countries", die am 29. August 2025 in Kraft tritt. Sie hebt die bisherige zollfreie Freigrenze für Sendungen mit geringem Warenwert (bis 800 USD) auf und macht damit nahezu alle kommerziellen Importe zollpflichtig. Diese Regelung betrifft alle global tätigen Post- und Paketdienste, nicht nur die Deutsche Post.
Für kommerziell verzollte Sendungen, wie sie etwa über DHL Express laufen, entfällt ebenfalls die bisherige Zollfreigrenze. Auch Waren mit einem Wert unter 100 USD sind künftig zollpflichtig. Der Zollsatz beträgt laut DHL voraussichtlich rund 15 Prozent des Warenwerts – je nach Produktgruppe können jedoch auch höhere Sätze anfallen. Die Verzollung erfolgt nach den sogenannten Incoterms, die regeln, ob Versender oder Empfänger für die Abgaben verantwortlich sind.
Laut dem Bonner Logistikkonzern seien "wesentliche Fragen noch ungeklärt", insbesondere zur Erhebung und Übermittlung der Zollgebühren. Die US-Zollbehörde verlangt künftig umfangreiche elektronische Datensätze für jede Sendung. Solange nicht klar ist, wie diese Daten rechtskonform übermittelt und wie Zölle korrekt abgeführt werden können, ist ein Weiterbetrieb unmöglich. Die Post betont, dass die Dienstleistung erst dann wieder angeboten werde, wenn "vollständige Rechtssicherheit" hergestellt sei. In Branchenforen wird bereits diskutiert, ob ähnliche Maßnahmen auch andere Länder und Handelswege betreffen könnten.
Hintergrund: Neue Zollpolitik der USA sorgt für Chaos
Die neuen Vorschriften stehen im Zusammenhang mit einer Reihe protektionistischer Maßnahmen, die unter der Trump-Administration eingeführt wurden. Ziel war es, Importe stärker zu kontrollieren und amerikanische Unternehmen zu bevorzugen. Die jüngsten Zolländerungen betreffen vor allem Warensendungen aus Europa – und sorgen für Verunsicherung, weil konkrete technische und administrative Vorgaben fehlen. Besonders kleinere Unternehmen ohne eigene Zollabteilungen stoßen an ihre Grenzen, wenn es darum geht, neue Richtlinien rechtssicher umzusetzen.
Entgegen bisheriger Annahmen sind jedoch auch Privatkunden betroffen – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Ausgenommen von der Neuregelung sind Päckchen von Privatpersonen an andere Privatpersonen, wenn sie ausschließlich Geschenke mit einem Warenwert unter 100 USD enthalten und als "Gift" deklariert sind. Alle anderen Sendungen, auch von Privatkunden mit höherem Warenwert, unterliegen ab dem 29. August der vollen Verzollungspflicht. Zudem kündigte die DHL Group verstärkte Kontrollen an, um Missbrauch zu verhindern.
Für deutsche Exportunternehmen bedeutet der Versandstopp nicht nur Mehraufwand, sondern auch zusätzliche Kosten – besonders im Bereich E-Commerce, der auf günstige Päckchenformate angewiesen ist. Branchenvertreter fordern von der Bundesregierung klare Gespräche mit Washington. "Ein funktionierender transatlantischer Warenverkehr darf nicht zum Spielball nationaler Alleingänge werden", heißt es aus Kreisen des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK).
In der Politik wächst der Druck, aktiv zu werden. Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Industrie- und Handelskammern haben bereits dringende Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium angekündigt. Ziel sei es, Klarheit über die neuen Anforderungen zu schaffen und gleichzeitig praktikable Übergangsregelungen zu etablieren, damit der Versand übergangsweise aufrechterhalten werden kann.
Wirtschaftsvertreter appellieren an das Auswärtige Amt, gemeinsam mit der EU-Kommission auf eine zügige Klärung der Anforderungen hinzuwirken. Denn gerade für mittelständische Exportbetriebe sei das USA-Geschäft "ein wichtiger Umsatztreiber", wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft belegt. Angesichts der aktuellen Lage befürchten viele Unternehmen eine nachhaltige Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt.
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