Extremsportmarkt für abenteuerlustige Topmanager
Luxus-Expedition auf den Everest: In einer Woche zum Gipfel und zurück

| Redaktion 
| 21.05.2025

In nur sieben Tagen auf den Gipfel und wieder zurück – der Tiroler Unternehmer Lukas Furtenbach will mit einem radikalen Angebot den Everest-Tourismus für zeitknappe Topmanager revolutionieren. Möglich machen soll das eine Spezialtherapie mit dem Edelgas Xenon, deren Wirksamkeit allerdings umstritten ist.

Ein neues Kapitel im Extremtourismus bricht an: Eine siebentägige Express-Expedition auf den Mount Everest richtet sich an abenteuerlustige Topmanager, die maximale Herausforderung mit minimalem Zeitaufwand verbinden wollen. Der Tiroler Unternehmer Lukas Furtenbach setzt dabei auf eine innovative Kombination aus medizinischer Vorbereitung und logistischem Hochleistungseinsatz. Herzstück der Strategie ist das Edelgas Xenon, das die Akklimatisierungsphase deutlich verkürzen soll. Das Angebot stößt auf großes Interesse – und ebenso auf kontroverse Reaktionen aus Fachkreisen.

Die schnelle Route zum Gipfel

Der Everest gilt als ultimative Herausforderung im Höhenbergsteigen – normalerweise dauert eine kommerzielle Besteigung rund sechs Wochen. Für Furtenbach Adventures soll dieses Zeitfenster nun auf ein einziges verlängertes Wochenende plus Jetlag verkürzt werden. Das Pilotprojekt: Vier britische Kunden, darunter der frühere Elitesoldat Garth Miller und der Parlamentsabgeordnete Alistair Carns, reisen per Jet nach Kathmandu, fliegen mit dem Helikopter ins Basislager und brechen nach nur wenigen Stunden Akklimatisierung zum Gipfel auf. Unterstützung kommt von sechs nepalesischen Begleitern, darunter erfahrene Sherpas mit langjähriger Everest-Erfahrung. Ein medizinisches Team begleitet die Expedition per Funk und GPS-Tracking aus dem Basislager.

 
 
 
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Sollte das Vorhaben gelingen, würde es neue Maßstäbe für Extremsportangebote setzen – insbesondere im Segment der Ultra-Premium-Klientel. Die Teilnehmer der Expedition erhielten bereits im Vorfeld ein umfassendes Briefing, Ausrüstungschecks und persönliche Coaching-Sitzungen. Die Logistik ist minutiös geplant: von der Sauerstoffversorgung über Notfall-Evakuierungspläne bis hin zur satellitengestützten Wetterüberwachung.

Xenon statt wochenlanger Akklimatisierung

Kern des Konzepts ist eine medizinisch umstrittene Methode: das Einatmen von Xenon-Gas, wie sie ursprünglich aus der Anästhesie stammt. Der deutsche Intensivmediziner Michael Fries vom St.-Vincenz-Krankenhaus in Limburg entwickelte die Behandlung für Furtenbachs Klientel. Die Theorie: Xenon kurbelt die Produktion des Hormons Erythropoetin an und soll so den Körper auf den Sauerstoffmangel in großen Höhen vorbereiten.

"Wir haben viel Erfahrung gesammelt und sind uns sicher, dass es funktioniert", so Furtenbach. Die Inhalation erfolgte bei allen Teilnehmern unter strenger medizinischer Aufsicht und wurde durch umfassende Blutanalysen begleitet. Dennoch fehlt bislang eine belastbare Studienlage. Die internationale Bergsteigervereinigung UIAA sowie der renommierte US-Höhenmediziner Peter Hackett zeigen sich skeptisch. Laut Hackett gebe es keine wissenschaftlich gesicherten Hinweise auf eine leistungssteigernde Wirkung von Xenon in extremen Höhenlagen. Zudem fordern Experten umfassende Langzeitstudien zur Sicherheit der Methode.

Kommerzialisierung mit Risiken

Furtenbach kennt die Kritik – nicht zuletzt, weil er den Markt für schnelle Expeditionen bereits 2018 mit einem Drei-Wochen-Modell aufmischte. Mit Hilfe sogenannter Hypoxiezelte, die eine Höhenakklimatisierung zu Hause simulieren, hat er dieses Angebot erfolgreich etabliert. Die neue Sieben-Tage-Version ist jedoch ein weiterer Schritt in Richtung radikaler Beschleunigung.

 
 
 
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Das Angebot soll ab kommendem Jahr rund 150.000 Euro pro Person kosten – etwa 50 Prozent mehr als die bisherigen schnellen Varianten. "Für viele unserer Kunden aus dem Topmanagement ist selbst ein dreiwöchiger Trip zu lang", argumentiert Furtenbach. Im Vergleich zur klassischen Everest-Besteigung ist der logistische Aufwand deutlich höher, was sich auch in den Kosten niederschlägt. Doch gerade diese extreme Verkürzung wirft nicht nur medizinische, sondern auch ethische Fragen auf. Kritiker warnen vor wachsendem Druck auf die Guides, einer potenziellen Sicherheitsgefährdung und einer weiteren Belastung des sensiblen Ökosystems am höchsten Berg der Welt.

Die Diskussion geht dabei weit über das aktuelle Projekt hinaus: Inwieweit dürfen Technologie und finanzielle Mittel traditionelle Grenzen im Alpinismus verschieben? Wird der Everest zum Testlabor für elitäre Machbarkeitsphantasien – oder markiert die Entwicklung einen echten Fortschritt im Sinne von Effizienz und Sicherheit?

Zwischen Innovation und Verantwortung

Trotz aller Vorwürfe betont Furtenbach, dass er keineswegs einen Beitrag zum Massentourismus leiste: "Es gibt keinen Massentourismus am Everest. Im Vergleich zur Zugspitze, wo täglich Tausende unterwegs sind, ist der Everest mit rund 450 Gipfelversuchen pro Jahr extrem elitär." Auch logistisch sei das Modell nachhaltig, so der Unternehmer: "Wir nutzen Helikopter statt mehrwöchiger Transporte per Yaks. Das spart Zeit und reduziert den Fußabdruck."

Laut eines Berichts des Handelsblatts ist die Gruppe auf gutem Kurs. Zwar verzögert sich der Gipfeltag aufgrund der Wetterprognose leicht, doch eine Rückkehr nach Großbritannien innerhalb einer Woche scheint nach wie vor realistisch. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, wäre das ein Meilenstein in der Geschichte des Hochgebirgstourismus – mit potenziellen Auswirkungen auf andere Extremziele wie den K2 oder die Anden-Gipfel.

Die kommenden Tage werden zeigen, ob die Verbindung aus medizinischem Fortschritt, logistischem Feintuning und wirtschaftlicher Zielgruppenfokussierung tatsächlich neue Maßstäbe im Extremtourismus setzen kann – oder ob sich das Konzept in der rauen Realität der Todeszone als zu ambitioniert erweist.

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