"Wir erleben den größten Greenwashing-Skandal der Geschichte"

OMR Festival: Umweltaktivistin Lisa Neubauer verpasste Konzernen eine Kopfwäsche, Boris Becker plauderte über sein neues Leben und OMR-Chef Philipp Westermeyer küsste Benjamin von Stuckrad-Barre.

Um 10 Uhr hatte Philipp Westermeyer noch gut lachen: Schwungvoll betrat der OMR-Chef die Bühne, um den zweiten Tag des OMR Festivals 2023 zu eröffnen. Zweieinhalb Stunden später war sein Gesichtsausdruck etwas angespannter. Klimaaktivistin Luisa Neubauer hatte ihm mit ihrem "Cut the Bullshit"-Vortrag ganz offensichtlich ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt. Die 27-Jährige nahm sich, wie der Titel der Rede schon vermuten ließ, nämlich kein Blatt vor den Mund und griff einige von Deutschlands bekanntesten Konzernen und deren vor Ort anwesenden Bosse frontal an.

"Nicht nur falsch, sondern auch kriminell"

Dabei hatte Westermeyer Neubauer noch selbst auf der Bühne begrüßt. Diese bedankete sich für die Einladung die "großzügige Spende an Fridays for Future". Und dann legte sie los: "Alle Firmen haben Klimaziele, aber vier von fünf haben keinen Plan, wie sie diese erreichen wollen. Ein Klimaziel ohne Plan ist nichts anderes als ein grünes Märchen von Veränderungen, die nicht kommen werden. Das ist Greenwashing." Dahinter prangerte auf dem Screen der Satz "Wir erleben den größten Greenwashing-Skandal der Geschichte". Neubauer richtete auch Grüße an ihre "liebsten CEOs": Deutsche Bank, Siemens Energy und Audi. Diese würden den Kunden erzählen, "dass alles besser wird", obwohl an den Produkten nichts geändert werde.

Besonders hart ging sie mit Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, der selbst als Speaker auf dem OMR Festival auftrat, ins Gericht. DWS, die Investmenttochter der Deutschen Bank, habe vergangenes Jahr in einem Ökofonds klimaschädliche Aktien im Wert von fast einer Milliarde Euro gekauft. Neubauer: "Das war nicht nur falsch, sondern kriminell." Deshalb ermittle jetzt auch das Bundeskriminalamt. Die Hamburgerin erntet für ihre Ausführungen Standing Ovations.

"Jeder kann ein Boss sein"

Zu den weiteren Highlights des zweiten Tages gehörte etwa der Auftritt von Hugo-Boss-CEO Daniel Grieder, der die Geheimnisse hinter dem Comeback des Metzinger Modeunternehmens lüftete: "Boss galt als nicht so sympathisch, heute sagen wir: 'Jeder kann ein Boss sein – egal ob Mann oder Frau'."

Auch die Lesung von Autor Benjamin von Stuckrad-Barre gehörte zu den am meisten erwarteten Programmpunkten. Der 48-Jährige musste direkt nach Lisa Neubauer auf die Bühne: "Nach Luisa Neubauer aufzutreten, ist immer ein bisschen schwierig – als wäre man eine Rockband nach Taylor Swift." Dann liest er aus seinem neuen, schon vor dem Erscheinen viel diskutierten Roman "Noch wach". Dessen Inhalt stark an die Vorgänge im Springer-Verlag erinnert und laut Stuckrad-Barre doch nur "frei erfunden" sein soll. Für den Bestsellerautor gab es, nachdem vergessen wurde, ihm ein Glas Wasser auf die Bühne zu stellen, ein Küsschen von OMR-Chef Westermeyer als "Wiedergutmachung".

Vom britischen Knast nach Italien

Vor dem Closing durfte noch eine echte deutsche Legende auf die "Conference Stage": Boris Becker. Das ehemalige Tennis-Ass machte fiel zuletzt mit eher negativen Schlagzeilen auf. Die zweieinhalbjährige Haftstrafe für Steuerhinterziehung in London, von der er siebeneinhalb Monate absitzen musste, bezeichnete der Leimener dann auch als seine "schlimmste Niederlage". Jetzt lebe er in Italien. Dort würde sein Lebensstil von den Menschen gefeiert – "anders als hier". Auch einen Ausblick auf seine zukünftigen Geschäftstätigkeiten gab er: Ein eigenes Modelabel wird es, mit dem er bald auch in Deutschland durchstarten wolle.

Vor Boris hatte bereits ein anderer Tennis-Star für viel Beifall gesorgt: Stargast Serena Williams. Die 41-Jährige hat erst vergangenes Jahr ihre aktive Karriere beendet. Auch jetzt wolle sie weiterhin die Beste sein. "Ich will mein persönliches bestes Ich sein", so Williams. "The Sky is the Limit." Als Geschäftsfrau profitierte sie von Erfahrungen als Spitzenathletin, denn im Sport haben man oft nur eine Sekunde, um eine Entscheidung zu treffen. Zudem verriet sie, dass 65 Prozent ihrer Investments in Digitalunternehmen von Frauen und People of Color fließen.

"Eine kurze, geile Party"

"Lasst uns eine kurze, geile Party feiern", rief dann kurz nach 19 Uhr Jan Delay in die Menge, um den Publikum mit einem halbstündigen Konzert nochmal einzuheizen. Anschließend tat es ihm US-Rapper Macklemore gleich und setzte damit noch einmal einen Höhepunkt zum Ende des OMR Festivals 2023.

OMR-Chef Westermeyer zeigte sich auf jeden Fall mehr als zufrieden: "Der Zuspruch für unsere Veranstaltung hat das ganze Team, das mit viel Leidenschaft und Energie auf das OMR Festival hinarbeitet, natürlich sehr gefreut und dafür sind wir sehr dankbar. Wir verstehen die starke Nachfrage als Zeichen, dass unser Konzept und Ziel, das Spektrum der Digitalwirtschaft abzubilden, von unseren Besucher:innen gewünscht wird. Der eigentliche Star unseres Programms war auch in diesem Jahr wieder die Breite und die Tiefe des Programms selbst. Zu den mehr als 800 Speaker:innen zählten KI- und Marketing-Expert:innen ebenso wie Entscheider aus DAX-Konzernen und Persönlichkeiten aus der Nachhaltigkeitscommunity und auch der Popkultur. Diese Mischung und Bandbreite macht das OMR Festival aus."

Die besten Bilder von zwei Tagen OMR Festival 2023 finden Sie in unseren Fotogalerien.

www.omr.com

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV