Sie nannten ihn Pedro
Peter Scholl-Latour war "Gelegenheitsquelle" für den BND

| Redaktion 
| 15.06.2025

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hatte erstmals die Möglichkeit, vom Bundesnachrichtendienst (BND) angelegte Akten zum Journalisten Peter Scholl-Latour auszuwerten. Dabei hat der Sender in Erfahrung gebracht, dass der renommierte Auslandsreporter mehrere Jahre lang unter verschiedenen Decknamen als Informant vermerkt war.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist der deutsche Auslandsnachrichtendienst. Seine Hauptaufgaben sind die Sammlung und Auswertung von Informationen aus dem Ausland, die zur Sicherung der nationalen Sicherheit und zur Unterstützung der deutschen Außenpolitik dienen. Dazu betreibt er Aufklärung oder Spionage, auch in Kooperation mit anderen Geheimdiensten.

Wie Recherchen des WDR nun nahelegen, hat der BND dabei gelegentlich auf die Hilfe von Peter Scholl-Latour zurückgegriffen. Demnach wurde er unter anderem als "Gelegenheitsquelle" geführt, seit er als ZDF-Korrespondent im Jahre 1981 ins seinerzeit sowjetisch besetzte Afghanistan reiste.

Schon in den 1960ern habe sich der BND für den damals vor allem aus Afrika berichtenden Scholl-Latour interessiert – allerdings bestand zunächst offenbar der Verdacht, dass er bereits für den französischen Geheimdienst arbeiten könnte. Der Journalist wurde in Bochum geboren, hatte jedoch elsässische Wurzeln und besaß neben der deutschen auch die französische Staatsbürgerschaft.

Zu viele "Neugierige" in Wiesbaden?

Aus Afghanistan berichtete Peter Scholl-Latour demzufolge an zwei für die Region zuständige BND-Mitarbeiter mit den Decknamen Sallinger und Tebs. Dort entstandenes Filmmaterial stellte er dem Bundesnachrichtendienst vor der TV-Verwertung zur Verfügung, wobei er für die Sichtung die ZDF-Büros in Bonn oder Paris vorschlug.

Der Standort in Wiesbaden hingegen "scheide aus, da es dort zuviele ‚Neugierige‘ gäbe", wird aus den Akten zitiert. Eine Sprecherin des ZDF sagte, der Sender habe "keine Kenntnis über die geschilderten angeblichen Vorgänge aus den 80er Jahren."

In der Folgezeit hat Peter Scholl-Latour dem BND offenbar mehrfach Informationen über Reisen und Gesprächspartner geliefert. Darüber hinaus habe er sich in den voranschreitenden 1980ern mit einer Quelle in Beirut getroffen, die der BND selbst nicht aufsuchen konnte. Den Akten nach habe er außerdem seine Unterstützung bei der Identifikation einer Person aus der DDR zugesagt, die für das Internationale Rote Kreuz in Ost-Afrika arbeiten sollte.

Korrespondent war Frank, Pedro oder Scholar

In den Unterlagen wird Peter Scholl-Latour laut WDR mit verschiedenen Decknamen geführt: Frank, Pedro und Scholar sollen beim BND demnach in Gebrauch gewesen sein, wenn vom Journalisten und Bestsellerautor ("Der Tod im Reisfeld") die Rede war. Der Journalist selbst kann sich nicht mehr zur Entdeckung äußern: Er verstarb bereits 2014 im Alter von 90 Jahren.

Eine BND-Sprecherin erklärte, dass Scholl-Latour nie als "reguläre Quelle" angeworben wurde und einen „stetigen Auftrag zur Informationsbeschaffung“ genauso wenig wie eine Bezahlung erhalten hat. Der Begriff "NDV" (Nachrichtendienstliche Verbindung) sei "fälschlicherweise" in den Akten für Peter Scholl-Latour verwendet worden.

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