Signa-Krise
Signa-Sanierung: Von egozentrischen alten Herren und weltfremden Plänen

Das Misstrauen gegenüber Schlüsselfiguren in der Sanierung des abgestürzten Immo-Giganten wächst, die Lage soll noch viel schlimmer sein als bisher angenommen. Einer davon nahm nun Stellung in den österreichischen Nachrichten.

Im Herzen Wiens sitzt eine Gruppe älterer, wirtschaftstreibender Herren, die sich selber scherzhaft als "Geriatrie-Club" bezeichnen. Angeführt wird dieser Kreis von Hans Peter Haselsteiner, Baumagnat und Investor bei Signa, sowie Erhard Grossnigg, einem Mitglied im Signa-Vorstand. Beide stehen im Zentrum der Sanierung von René Benkos Immobilienkonzerns Signa.

Die Schuldenlast des einstigen Immo-Giganten übersteigt zehn Milliarden Euro, das Eigenkapital ist nahezu aufgebraucht. Der Versuch, das Unternehmen in Eigenverwaltung zu sanieren, wirkte zunehmend wie ein Kampf gegen Windmühlen. Das Misstrauen unter den Geldgebern wächst, besonders gegenüber der sogenannten "Austria-Connection" älterer Herren, wie das manager magazin berichtet. 

Der "Geriatrie-Club“ arbeitet an Eigeninteressen

Demnach sollen Haselsteiner und Grossnigg vor allem an ihren eigenen Interessen zu arbeiten und das beste für sich selber herauszuholen, schreibt das Magazin. Haselsteiner versucht öffentlich, für einen Massekredit zu werben, bleibt aber eine zugesagte Einlage von rund 50 Millionen Euro schuldig. Grossnigg hingegen setzt den langjährigen Signa-Immobilienchef Timo Herzberg vor die Tür, was interne Quellen als Manöver deuten, um freie Bahn für eigene Pläne zu haben. Es wachse die Gefahr der Selbstbedienung, heißt es unter Investoren.

Die Sanierungsversuche von Signa wirken zunehmend verzweifelt. Auf der einen Seite stehen ambitionierte Pläne und Versprechungen, auf der anderen Seite eine realitätsferne Einschätzung der Lage.

Unrealistische Sanierungspläne

Die Sanierungspläne, die von den Interimsmanagern der Signa-Gruppe in Eigenverwaltung ausgearbeitet wurden, erscheinen einem Insider zufolge als unrealistisch. Dieser Insider, der mit den finanziellen Details vertraut ist, beschreibt die Pläne als "mathematische Konstrukte", die wenig mit der Realität zu tun hätten. Er prognostiziert, dass ohne unerwartete finanzielle Einsprünge eine Liquidation unumgänglich sei.

In scharfem Kontrast dazu stehen die Sanierungskonzepte, die von den Rechtsanwälten von Graf Isola und Kosch & Partner an die Gläubiger kommuniziert wurden. Diese Pläne malen das Bild eines lukrativen und leistungsfähigen Immobilienportfolios. In diesen Darstellungen werden die Fehltritte von René Benko, dem Gründer von Signa, ausgeklammert, obwohl sie erheblich waren. Ein ehemaliger hochrangiger Manager von Signa, der das Unternehmen rechtzeitig verließ, berichtet, Benko habe regelmäßig Warnungen ignoriert und sei stets als Handelnder, nicht als Zauderer, aufgetreten. Er hebt hervor, dass Signa traditionell eine hohe Schuldenlast trug und sogar Dividendenausschüttungen teilweise durch Bankkredite finanziert wurden, da das operative Geschäft diese nicht abdecken konnte.

Auf Zeiten wirtschaftlicher Prosperität ausgerichtet

Benkos Planung war primär auf Zeiten wirtschaftlicher Prosperität ausgerichtet, was kritische Stimmen in diversen Aufsichtsräten hervorrief. So soll insbesondere der Industrielle Robert Peugeot, ein Mitglied des Signa-Aufsichtsrats, wiederholt seine Besorgnis über die finanzielle Strategie und die Notwendigkeit größerer Transparenz geäußert haben. Diese Forderungen scheiterten jedoch an Benkos persönlichem Umgang mit den Investoren. Ein weiterer ehemaliger Vorstand berichtet, dass sogar Überlegungen für einen Börsengang aufgrund von Benkos undurchsichtigen Machenschaften verworfen wurden.

Haselsteiner selbstkritisch im TV

Haselsteiner selbst bezog in einem Interview mit dem österreichischen Fernsehsender ORF Stellung. Dort äußerte er sich zu den finanziellen Einbußen, die er durch die Insolvenzen in René Benkos Unternehmensgruppe erleidet. Er gab zwar nicht preis, wie hoch seine Verluste genau sind, erwähnte jedoch seine Bereitschaft, der Signa Development bis zu 25 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen.

Der Unternehmer gestand ein, dass vor allem Investoren und große Anleger die Leidtragenden sind, betonte aber auch, dass diese die erforderliche Expertise besitzen und sich daher selbstkritisch hinterfragen sollten. Er reflektierte über seine eigene Rolle und Fehleinschätzungen: "Wie konnte mir das passieren?“, fragte er sich und räumte ein, dass er hätte kritischere Fragen stellen und die Angelegenheit gründlicher prüfen sollen.

Benko: "Er ist desperat und kämpft um eine Haltung"

Er beschrieb Benkos Signa als über viele Jahre hinweg sehr erfolgreich und profitabel, wies jedoch die Behauptung zurück, dass die Gruppe ihre Immobilien übermäßig aufgewertet habe. Haselsteiner merkte an, dass das schnelle Wachstum der Gruppe problematisch gewesen sein könnte. Als größten Schwachpunkt identifizierte er die Investitionen im Handelssektor, welche die Reserven aufgezehrt hätten, die eigentlich für die Immobiliensparte bestimmt waren. Zudem hätten die schnellen Zinsänderungen dem Sektor und damit einem Schwergewicht der Branche wie Signa schwer zugesetzt.

Haselsteiner kommentierte die Situation in der Branche mit den Worten: "Es bleibt kein Stein auf dem anderen.“ Er bemerkte, dass Signa zu lange auf frisches Kapital gehofft habe, das letztendlich nicht kam, und dass es keinen Plan B für diese Situation gegeben habe. Wie es um Benko selbst stehe, wollte der Moderator denn auch von ihm wissen. Darauf Haselsteiner: "Er ist desperat und kämpft um eine Haltung."

UPDATE Die Signa Holding GmbH hat am Donnerstag die Eigenverwaltung im Sanierungsverfahren zurückgelegt. (LEADERSNET.AT berichtet)

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