Vom Staatsakt für Wolfgang Schäuble

| Redaktion 
| 22.01.2024

Am 26. Dezember 2023 ist Dr. Wolfgang Schäuble verstorben, der länger als jeder andere Mensch vor ihm Abgeordneter in einem deutschen Parlament war. Mit einer Trauerfeier im Bundestag hat sich die Politik am Montag von ihm verabschiedet.

Im Laufe seiner außergewöhnlich ausdauernden Karriere fungierte Wolfgang Schäuble (CDU) unter anderem als Präsident des Bundestags, Kanzleramtschef, Finanzminister, Innenminister und Vorsitzender seiner Partei. Seit er 1990 auf einer Wahlkampfveranstaltung durch Revolverschüsse eines Attentäters verletzt wurde, war Schäuble auf einen Rollstuhl angewiesen. Obwohl er damals tagelang in Lebensgefahr schwebte, kehrte er nur Wochen nach dem Vorfall zurück auf die politische Bühne.

Der Trauerstaatsakt für Wolfgang Schäuble fand auf offizielle Anordnung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier statt und erstreckte sich über zwei Programmpunkte. Um 13 Uhr wurde zunächst ein Gedenkgottesdienst im Berliner Dom für den 81-jährig Verstorbenen abgehalten, der unter anderem eine Predigt von Bischöfin Kirsten Fehrs, Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche, beinhaltete.

Zwei Stunden später kamen die geladenen Gäste im Plenarsaal des Bundestags zusammen; unter ihnen Bundeskanzler Olaf Scholz, der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck, die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel, Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission) oder auch Emmanuel Macron, Staatspräsident von Frankreich. Vor seiner hinterbliebenen Familie, ehemaligen Weggefährten und geschätzten politischen Kontrahenten wurde Wolfgang Schäuble sowohl musikalisch als auch durch die Wortbeiträge ausgewählter Redner gewürdigt.

Auszüge aus den Gedenkreden

„Deutschland verliert einen großen Demokraten und Staatsmann, Europa einen Vordenker und Frankreich einen besonderen Freund. Dieser Staatsakt zu Ehren von Wolfgang Schäuble findet am Jahrestag des Élysée-Vertrags statt, das hätte ihm gefallen. [...] Er steckte politische Rück- und persönliche Schicksalsschläge weg, er machte weiter – für die Demokratie, für dieses Land. Und er hat Historisches vollbracht: Denken wir nur an seine Leistung als Architekt der Deutschen Einheit. Wolfgang Schäuble war der vollendete Staatsdiener; immer galt für ihn: Erst das Amt, dann die Person. Zum Schluss war er zu einer Instanz geworden, über die Parteigrenzen hinweg."
Bärbel Bas, Bundestagspräsidentin

Macron bei seiner Rede im Rahmen des Staatsakts (Bild: Screenshot / Deutscher Bundestag)

„Über allem steht die protestantische Pflichterfüllung. Eine Pflichterfüllung, gepaart mit Neugier und Zugewandtheit zu den Menschen, mit Freude an der politischen Arbeit, mit Rede und Gegenrede, mit Höhen und Tiefen. [...] Wie tief seine Verwurzelung in seiner badischen Heimat war, das konnten viele von uns zuletzt und sehr eindrucksvoll am Tag seiner Beisetzung in Offenburg erleben: Eine ganze Stadt, eine große Region, nimmt voller Dankbarkeit Abschied und begleitet ihn auf seinem letzten Weg von der Kirche zum Friedhof. Dieses Mandat im Deutschen Bundestag war der innere Kern seiner politischen Arbeit. Heimat war für ihn der Bezug zum Mittelpunkt, so wie seine Familie ihm persönlich."
Friedrich Merz, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

„Wenn heute im Bundestag die Stimme eines Franzosen zu hören ist, dann ist das dank der Freundschaft dieses großen Deutschen. Ein halbes Jahrhundert lang konnte man die Stimme dieses Deutschen hier im Bundestag hören. Länger als jede andere. Mir wird damit eine große Ehre zuteil. Dieser Wunsch Wolfgang Schäubles, einen Franzosen im Bundestag sprechen zu lassen, sagt viel über sein Vertrauen in unsere beiden Länder. Es sagt aber auch viel über unsere Geschichte und unsere Zukunft."
Emmanuel Macron, Staatspräsident von Frankreich (hielt große Teile seiner Rede auf Deutsch)

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