Hell & Karrer: „Female Empowerment darf nicht der Selbstvermarktung dienen“

| Dagmar Zimmermann 
| 25.10.2023

Knapp zweieinhalb Jahre ist es her, dass Janina Hell & Felicitas Karrer die Initiative FRAUEN100 ins Leben gerufen haben. Im Interview mit LEADERSNET sagen sie: „Gleichberechtigung und Frauensolidarität sind alles andere als eine Selbstverständlichkeit.“

LEADERSNET: Warum haben Sie Ihre Initiative gegründet?

Janina Hell: Im Jahr 2021 gab es mehrere Fälle von Machtmissbrauch, die recht breit besprochen wurden. Der Umgang einiger Medien, vieler Personen auf Social Media und der Gesellschaft insgesamt hat uns schockiert und uns klargemacht, dass Gleichberechtigung und Frauensolidarität alles andere als eine Selbstverständlichkeit sind. Wir wollten, dass sich hier etwas ändert und haben überlegt, was wir beitragen können, um einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen. Es war naheliegend, dass wir unser bestehendes Netzwerk dazu nutzen, Aufmerksamkeit auf gewisse Themen zu lenken. So entstand die Idee zu FRAUEN100.

LEADERSNET: Auf welche Mischung achten Sie?

Felicitas Karrer: FRAUEN100 bringt Frauen aus Wirtschaft, Politik, Medien, Sport und Kultur zusammen und schafft einen geschützten Rahmen für ihre Perspektiven und Themen. Wir bringen Frauen aus unterschiedlichen Branchen und Positionen zusammen und haben so ein professionsübergreifendes Netzwerk geschaffen in dem Raum für einen feministischen Diskurs ist, Themen gesetzt und in juristische, politische oder gesellschaftliche Realität umgesetzt werden.

LEADERSNET: Wie schafft man es, dass Female Empowerment mehr als Buzzwords sind?

Janina Hell: Eigentlich ganz einfach: indem man das Thema nicht zur Selbstvermarktung benutzt, sondern indem man ins Handeln kommt. Wir haben deshalb damals gemeinsam mit der Schauspielerin Ursula Karven die Petition zur Konvention C190 „Gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“ ins Leben gerufen und mit Hilfe des gesamten Netzwerks die benötigten 50.000 Unterschriften in wenigen Tagen zusammenbekommen, um die Petition dann an die damalige Justiz- und Familien- Ministerin Christine Lambrecht zu übergeben. Sie hat das Vorhaben sehr unterstützt und sich der Sache persönlich angenommen.

LEADERSNET: Schaffen Sie mit FRAUEN100 neue Netzwerke unter den Frauen?

Felicitas Karrer: Ja, zum einen, weil Frauen unterschiedlicher Bereiche und Branchen miteinander in Kontakt kommen und zum anderen, weil auch sehr branchenspezifische Netzwerke einflussreicher Frauen entstehen. Ein Beispiel hierfür ist unser FRAUEN100 x Politics Vertical: Hier gab es 2022 zwei Veranstaltungen, zum einen um parteiübergreifende Frauensolidarität und den Kampf gegen Sexismus in der Politik zu stärken und zum anderen den Freiheitskampf der Frauen im Iran zu würdigen und zu unterstützen. Zu dieser Veranstaltung haben wir Frauen aller Parteien und unterschiedlicher Medien eingeladen, um noch spezifischer in den Austausch zu gehen und die parteiübergreifende Zusammenarbeit zu fördern.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt Social Media für FRAUEN100?

Janina Hell: Social Media spielt natürlich eine große Rolle, da wir so die gesellschaftsrelevanten Inhalte der Events und der Initiative im Allgemeinen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Das geschieht einerseits natürlich über die eigenen FRAUEN100 Kanäle und andererseits auch mit Hilfe des reichweitenstarken Netzwerks. Gerade für die Bekanntmachung der Petition und das Sammeln der notwendigen Unterschriften war Social Media unerlässlich.

LEADERSNET: Was ist Ihr größter Erfolg mit FRAUEN100?

Felicitas Karrer: Wir freuen uns besonders über den großen Erfolg der Petition „Gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“, da die Konvention C190 es dadurch nicht nur in den Koalitionsvertrag geschafft hat, sondern dieses Jahr auch ratifiziert wurde. Erst Anfang September hatten wir einen Termin im Bundesarbeitsministerium, um mit Hubertus Heil über die nächsten möglichen Schritte zu sprechen. Ein weiterer toller Erfolg ist, dass wir gemeinsam mit CFFP (Centre for feminist foreign policy) das erste Female-Only Dinner im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz ausrichten können. Der wohl größte Erfolg für uns ist aber mit Sicherheit das wachsende Netzwerk. Dass immer mehr großartige Frauen zusammenkommen, mitwirken und sich gemeinsam einsetzen, um die Gleichberechtigung aktiv voranzutreiben.

LEADERSNET: Ist FRAUEN100 ein geschlossenes Netzwerk oder wie können es Frauen schaffen, Teil des Netzwerk zu werden?

Janina Hell: Der Großteil der FRAUEN100 Events ist aktuell nur auf Einladung zugänglich. Es ist aber ein Ziel von uns, das Netzwerk zukünftig mehr zu öffnen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist unsere anstehende Veranstaltung im Admiralspalast in Berlin am 12. Dezember, für die man erstmals Tickets erwerben kann. Das Bühnenprogramm gestaltet sich rund um die Themen Gleichberechtigung und die Stärkung von Solidarität. Wir freuen uns sehr, dass zahlreiche Unterstützerinnen dieses aktiv mitgestalten.

LEADERSNET: Welche Visionen haben Sie mit FRAUEN100 – wo geht es in Zukunft hin?

Felicitas Karrer: Unsere Vision für FRAUEN100 ist, dass daraus eine gesamtgesellschaftliche Bewegung werden soll für Frauen und mit der Unterstützung von Männern. Wir wünschen uns, dass sich jeder mit den Begriffen Gleichberechtigung und Frauensolidarität auseinandersetzt und dass die Gesellschaft diesbezüglich an einem Strang zieht. Um das zu erreichen, haben wir noch zahlreiche weitere Ideen und Projekte in Vorbereitung und versuchen diese so schnell wie möglich ins Leben zu rufen.

Info: Tickets für die Veranstaltung können ab sofort über Eventim erworben werden. https://www.eventim.de/eventseries/frauen100-the-stage-3505160/

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