Wissenschaft
GlobalBuildingAtlas: Neuer Datensatz zeigt alle Gebäude der Erde

Wie viele Gebäude gibt es weltweit? Eine Frage, die bislang niemand seriös beantworten konnte. Nun legt ein Forschungsteam der Technischen Universität München erstmals eine globale, hochauflösende 3D-Karte des kompletten Gebäudebestands vor – insgesamt 2,75 Milliarden Gebäude. Der neue GlobalBuildingAtlas gilt schon jetzt als ein Werkzeug, das Stadtplanung, Energieprognosen und Infrastrukturinvestitionen weltweit verändern könnte.

Veröffentlicht wurde der Datens(ch)atz in der Fachzeitschrift Earth System Science Data. Er basiert auf Satellitenbildern aus dem Jahr 2019 und liefert 3D-Modelle mit einer Auflösung von drei mal drei Metern. Alle Daten sind frei zugänglich – unter anderem über GitHub und einen eigenen WebViewer der TUM.

Indikator für Wohlstand und Infrastruktur

Besonders wirtschaftsrelevant ist eine neue Kennzahl, die das Team um Forschungsleiterin Xiaoxiang Zhu eingeführt hat: das Gebäudevolumen pro Kopf. Es beschreibt die gesamte Gebäudemasse einer Region im Verhältnis zur Bevölkerung. Anders als herkömmliche 2D-Karten zeigt dieser Wert auch die vertikale Dimension der Urbanisierung – also wie viel Wohn- und Nutzraum tatsächlich vorhanden ist.

Laut Zhu macht dieser Ansatz soziale und wirtschaftliche Unterschiede sichtbar, die bisher in vielen Ländern nicht messbar waren. „3D-Gebäudeinformationen liefern ein deutlich genaueres Bild von Urbanisierung und Armut“, sagt die Professorin in einer Aussendung. Damit entsteht ein globaler Indikator, der unmittelbar für die Planung nachhaltiger und widerstandsfähiger Städte genutzt werden kann.

Relevanz für Investoren, Energieversorger, Entwickler und Versicherungen

Der neue Datensatz eröffnet handfeste Vorteile für eine ganze Reihe von Branchen. Immobilien- und Infrastrukturinvestoren erhalten präzisere Marktinformationen, insbesondere in Regionen, die bisher schlecht abgedeckt waren. Versicherungen und Rückversicherer profitieren von besseren Risikomodellen – etwa bei Überschwemmungen, Sturmschäden oder Erdbeben. Energieversorger können Energiebedarf und CO₂-Emissionen eines Gebiets genauer berechnen. Und Stadtentwickler und Behörden identifizieren urbane Hotspots, Wachstumskorridore und strukturelle Defizite deutlich schneller. Für Unternehmen, die auf Smart-City-Technologien setzen, ist der Datensatz ein wichtiger Baustein, um datengetriebene Dienstleistungen und Prognosen anzubieten.

Ein globales Instrument für die Klimaanpassung

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung spielt der GlobalBuildingAtlas auch eine Rolle bei der Klimaanpassung. Die 3D-Modelle helfen, Energieverbrauch realistisch zu simulieren, CO₂-Kosten zu bewerten und Katastrophenschutzpläne zu entwickeln. Gerade für schnell wachsende Metropolregionen bietet der Datensatz ein Werkzeug, um Engpässe zu identifizieren und Ressourcen effizienter einzusetzen. Aktuell größte Vergleichsdatenbank erfasste nur 1,7 Milliarden Gebäude – viele Regionen, besonders in Afrika und Südamerika, waren stark unterrepräsentiert. Der neue Atlas füllt diese Lücke. Dennoch basiert er auf der Gebäudelandschaft von 2019 und bildet nicht überall den heutigen Stand ab. Für die Forschungsgemeinschaft und für Investoren weltweit ist er aber ein entscheidender Fortschritt in Richtung datenbasierter Stadtentwicklung.

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