Entschädigung erst nach fünf Stunden
EU plant Neuregelung bei Flugverspätung

| Redaktion 
| 05.06.2025

Die EU will die Ansprüche von Flugreisenden neu regeln. Künftig sollen Passagiere erst ab fünf Stunden Verspätung entschädigt werden. Verbraucherschützer sprechen von einem Rückschritt, Airlines sehen darin eine notwendige Entlastung. Am heutigen Donnerstag stimmen die EU-Verkehrsminister über die umstrittene Reform ab.

Die geltende EU-Fluggastrechteverordnung sieht bereits ab drei Stunden Verspätung einen Anspruch auf Entschädigung vor. Genau das wollen mehrere EU-Mitgliedsstaaten nun ändern: Entschädigungen sollen erst bei fünf Stunden Wartezeit greifen. Der Widerstand ist groß – insbesondere aus Deutschland. Zusätzlich befürchten Kritiker:innen, dass eine Aufweichung der bisherigen Regel ein gefährliches Signal in Richtung Konsumentenschutz sendet und das Vertrauen in europäische Standards untergräbt.

Airline-Argumente für längere Entschädigungsfrist

Fluggesellschaften argumentieren, dass sie bei technischen oder operativen Problemen kaum in der Lage seien, innerhalb von drei Stunden einen Ersatzflug zu organisieren. Wie web.de berichtet, stützt sich die Branche dabei auf eine von der Luftfahrt-Lobby beauftragte YouGov-Umfrage: Rund 73 Prozent der Befragten wären demnach bereit, auf eine Entschädigung zu verzichten, wenn sie am selben Tag ankommen – auch nach fünf Stunden. Die Branche sieht darin einen Kompromiss, um zusätzliche Flugausfälle und Kosten zu vermeiden.

Mehrere Airlines beklagen außerdem eine generelle Überforderung des Systems: kurzfristige Personalengpässe, begrenzte Slots an Flughäfen sowie gesetzliche Ruhezeiten erschwerten die Einhaltung der bisherigen Frist erheblich. Zudem würden die bestehenden Regelungen kleinere Airlines und Billigfluggesellschaften besonders hart treffen, was langfristig den Wettbewerb beeinträchtigen könnte.

Verbraucherschützer schlagen Alarm

Kritik kommt von Verbraucherorganisationen, die warnen, dass bei einer Erhöhung der Entschädigungsgrenze rund 80 Prozent der bisherigen Entschädigungszahlungen entfallen könnten. Auch der FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen warnt: "Der Vorschlag der Mitgliedstaaten greift zu tief in die Fluggastrechte der Passagiere ein." Das EU-Parlament lehnt die Pläne ab und will die bisherige Drei-Stunden-Regel beibehalten.

Verbraucherschützer fordern stattdessen eine Stärkung der Fluggastrechte, etwa durch digitale Entschädigungsverfahren, schnellere Bearbeitung von Beschwerden und mehr Transparenz bei Airline-Kommunikation. Man fürchtet, dass eine Lockerung der Regeln nicht nur finanzielle Nachteile für Betroffene mit sich bringt, sondern auch das Signal aussendet, dass wirtschaftliche Interessen über den Rechten der Fluggäste stehen.

Deutschland blockiert die Reform

Stefanie Hubig (SPD), Bundesjustizministerin, stellt sich klar gegen den Vorstoß. Sie kündigte an, sich "entschieden dafür einzusetzen, dass Flugreisende weiterhin ab drei Stunden Verspätung entschädigt werden". Derzeit ist unklar, ob sich im EU-Verkehrsministerrat eine Mehrheit für eine der neuen Regelungen finden wird. Aus Brüssel heißt es, bislang sei keine Entscheidung in Sicht. Kritisch wird zudem bewertet, dass der Ministerrat ein beschleunigtes Verfahren anwenden könnte, bei dem das EU-Parlament kaum Mitspracherecht hätte – ein Vorgehen, das seit elf Jahren nicht mehr genutzt wurde.

Was bedeutet die Reform für Reisende?

Sollte die neue Regelung tatsächlich verabschiedet werden, ergeben sich gravierende Veränderungen für Passagiere. Hier ein Überblick:

  • Entschädigung erst ab fünf Stunden: Bisher reichte eine dreistündige Verspätung.

  • Weniger Anspruch auf Rückzahlung: Etwa 80 % der bisherigen Fälle wären nicht mehr entschädigungsfähig.

  • Mehr Verantwortung bei der Airline-Kommunikation: Passagiere müssen künftig proaktiv informiert werden.

  • Mögliche Verdrängung kleiner Anbieter: Höhere wirtschaftliche Belastungen könnten den Wettbewerb einschränken.

Bewertung der Entwicklungen

Die geplante Reform der EU-Fluggastrechte spaltet Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Airlines verweisen auf operative Herausforderungen und pochen auf realistischere Fristen, während Verbraucherschützer eine Aushöhlung bestehender Rechte befürchten. Am Ende wird nicht nur die Frage nach der Entschädigung entscheidend sein – sondern auch die nach der Verlässlichkeit europäischer Schutzmechanismen im Luftverkehr.

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