Aufsichtsräte brauchen keine weiteren Vorschriften und Regeln

"Unsere derzeitigen aufsichtsrechtlichen Normen und Rahmenbedingungen reichen vollständig", so Michael Kemmer beim 16. Video-Livestream/Podcast für den Aufsichtsrat zum Thema "Politik und Aufsichtsrat – wer ist der Treiber der aufsichtsrechtlichen Normen?".

Das "Anwenden" und "Leben" der Normen durch Aufsichtsrat und Vorstand ist wichtiger als die Norm selbst. Ein klares Rollenverständnis zwischen den beiden Organen fördert eher Good Corporate Governance. So ist der Aufsichtsratsvorsitzende kein "Über"-Vorstand.

Wirtschaftskrinimalität und Fraud lässt sich nur begrenzt präventiv regeln. So die wesentlichen Erkenntnisse aus dem gerade veröffentlichten Aufsichtsrats-Podcast von Directors Academy, in dem Michael Kemmer – Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Vorsitzender des Verwaltungsrats der FMS Wertmanagement AdöR, Aufsichtsrats-Vorsitzender der UmweltBank AG und Mitglied im Aufsichtsrat der Thyssen'sche Handelsgesellschaft m.b.H. – sehr kompetent seine persönlichen Erfahrungen und Sichtweisen mit Gastgeber und Moderator Rudolf X. Ruter über die zahlreichen gesetzlichen Vorschriften und Kodici teilte. Auch die zahlreichen Podcast-Teilnehmer sehen mit 90 Prozent derzeit keinen Bedarf an weiteren Regelungen.

Wichtig ist eine systematische Regulierung

Der Aufsichtsrat muss überwachen und sicherstellen, dass der Vorstand ein effektives Risikofrüh-Erkennungssystem installiert hat. Politik und Verwaltung haben bisher in ihren diversen Gesetzesvorhaben überwiegend eine sachorientierte und fachliche Kompetenz gezeigt. So unterstützt zum Beispiel das mit heißer Nadel gestrickte und zügig kurz nach Wirecard verabschiedete Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz die unternehmerischen Abläufe und Erfordernisse der Wirtschaft. Für die Zukunft ist wichtig, dass die ursprünglichen Ziele der unterschiedlichen Aufsichtsinstanzen (Finanzmarktstabilität durch die Bankenaufsicht oder Geldwertstabilität durch die EZB) weiter eingehalten und nicht missbraucht werden für andere aktuelle politischen Ziele (vgl. Nachhaltigkeit und die entsprechenden aktuellen Entwürfe auf europäischer und nationaler Ebene).

"Grundsätzlich braucht ein Aufsichtsrat ein gewisses Mass an Demut", so Kemmer. Rudolf X. Ruter ergänzt, "dass Unabhängigkeit und ausreichende zeitliche Verfügbarkeit in der heutigen Krisenzeit immer bedeutender werden". Situationsbedingte Kommunikation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat wird immer bedeutender. "Die Deutsche-Corporate-Governance-Kommission spiegelt sehr gut die pluralistische deutsche kapitalmarktorientierte Wirtschaft wider und der von ihr herausgegebende DCG-Kodex ergänzt um jeweilige andere Kodici (Kodex der Familienunternehmen, Kodex der Immobilienwirtschaft etc.). Seine Comply-or-Explain-Regel deckt ausreichend die Bedürfnisse der Wirtschaftsakteure ab", fasste Michael Kemmer seine Ausführungen zusammen und empfiehlt allen Teilnehmern: "Bleiben Sie gelassen."

Nächste Folge am 15. September 2022

Diese und alle weiteren Folgen des "Podcasts für den Aufsichtsrat" können Sie auf Spotify oder Apple Podcast anhören. Weitere Informationen finden Sie HIER. Die Video-Aufnahme steht auch weiterhin auf LinkedIn bereit.

Der 17. Video-Livestream folgt am Donnerstag, den 15. September 2022 von 17 bis 18 Uhr mit Benjamin Schorn zum Thema "Psychologie und Aufsichtsrat – Überwachungskompetenz ist mehr als fachliche Kompetenz
". Benjamin Schorn ist Forensic Investigation Spezialist und besitzt mehrjährige Erfahrung in der Durchführung forensischer Sonderuntersuchungen in Kriminalverdachtsfällen und hat unter anderem an der Aufklärung des Wirecard-Skandals mitgewirkt. Er ist Träger des einzigen weltweit anerkannten Titels im Bereich Forensik und Wirtschaftskriminalität und wurde 2021 in die Expertendatenbank der europäischen Strafverfolgungsbehörde Europol aufgenommen. Schorn ist Gründer und Leiter des Institutes für Governance & Psychologie und Lehrbeauftragter an der HTWK in Leipzig zum Thema Wirtschaftskriminalität.

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