Ludwig-Erhard-Gipfel
"Lobby-Tinder"-Debatte um Kulturstaatsminister Wolfram Weimer: Trennung von Verlagsanteilen sorgt für Klarheit

| Redaktion 
| 20.11.2025

Der Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee zählt seit Jahren zu den bedeutendsten Netzwerktreffen für Spitzen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Das Event, häufig als "deutsches Davos" bezeichnet, zieht jedes Jahr zahlreiche hochrangige Rednerinnen und Redner an. Im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion steht nun Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, der sich vorläufig von seinen Anteilen an der von ihm mitgegründeten Weimer Media Group (WMG) trennt.

Weimer überträgt Anteile an Treuhänder – Reaktion auf öffentliche Kritik

Am Donnerstag bestätigte eine Sprecherin des Beauftragten für Kultur und Medien der dpa, dass Wolfram Weimer seine verbliebenen 50 Prozent an der WMG an einen Treuhänder übergibt. Zuerst hatte die Bild darüber berichtet.

Weimer selbst erklärte: "Ich vollziehe diese Trennung allein, um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden, der indes tatsächlich nie bestanden hat." Die 2012 gemeinsam mit seiner Frau Christiane Goetz-Weimer gegründete Verlagsgruppe verantwortet unter anderem den Ludwig-Erhard-Gipfel.

Mit Eintritt in die Bundesregierung legte Weimer bereits im Frühjahr seine Geschäftsführungsposition ab und gab seine Stimmrechte ab. Nun folgt mit der angekündigten Treuhandlösung ein weiterer Schritt, um die Trennung von politischer Amtsführung und früherer unternehmerischer Tätigkeit zu unterstreichen.

Laut Weimer bleiben die übertragenen Anteile stimmrechtslos und nicht gewinnberechtigt. Auf Ausschüttungen verzichtet er weiterhin.

Recherchen zu Sponsoring und exklusiven Zugängen

Neue Dynamik erhielt die Debatte durch Recherchen des rechtslibertären Onlineportals Apollo News, das am 17. November unter dem Titel "Abendessen mit Ministern für 80.000 Euro“ berichtete. Das Portal wirft der WMG vor, Unternehmen im Rahmen des Gipfels kostenpflichtige Pakete mit exklusiven Zugangsmöglichkeiten zu hochrangigen Regierungsmitgliedern anzubieten.

Für den Gipfel 2026 werden unterschiedliche Sponsoringpakete angeboten. Die Inhalte ergeben sich aus der offiziellen WMG-Sponsoringbroschüre. Das sogenannte Mont-Blanc-Paket umfasst unter anderem 30 Eintrittskarten, eine Podiumspräsenz, eine 20-Quadratmeter-Standfläche sowie die Teilnahme an der "Executive Night“. In der Broschüre wird mit „Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger“ geworben.

Mehrere frühere Teilnehmer berichteten gegenüber der WirtschaftsWoche, dass neben dem gesetzten Abendessen vor allem informelle Treffen in Nebenräumen – die sogenannten "Bilaterals" – als besonders relevant gelten. Eine Teilnehmerin beschrieb diese Formate als "Lobby-Tinder".

Einordnung: Altbekannte Struktur, neuer politischer Kontext

Während die veröffentlichten Unterlagen der Weimer Media Group erneut Aufmerksamkeit erzeugen, handelt es sich bei den beschriebenen Formaten nicht um neue Entwicklungen. Der Ludwig-Erhard-Gipfel zählt seit Jahren zu den prominentesten Wirtschaftstreffen Deutschlands und wird regelmäßig hochrangig besetzt. Zugangspakete, Networking-Formate und exklusive Dinner gehörten von Beginn an zum Konzept. Die jetzige Dynamik entsteht deshalb nicht durch neue Strukturen, sondern durch die politische Veränderung: Mit Weimers Rolle als Staatsminister verschiebt sich die Bewertung. Was über Jahre als öffentlich bekanntes und breit akzeptiertes Premium-Format galt, erhält nun eine politische Dimension, weil ein Regierungsmitglied weiterhin Anteile an der veranstaltenden Mediengruppe hielt.

Kritik von Lobbycontrol und Transparency International

Auch zivilgesellschaftliche Organisationen meldeten sich zu Wort.
Timo Lange von Lobbycontrol erklärte gegenüber der WirtschaftsWoche: "Es ein unhaltbarer Zustand, dass ein Minister indirekt finanziell von Sponsoringzahlungen profitiert, weil sich diese Unternehmen Kontakt zu Weimers Amtskollegen versprechen."

Transparency-Experte Wolfgang Jäckle äußerte laut WirtschaftsWoche ebenfalls Zweifel an der politischen Sensibilität der Situation und bezeichnete das Verhalten als "unethisch".

Weimers Stellungnahme und juristische Einordnung

Weimer wies die Vorwürfe in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ strikt zurück. "Ich habe den Verlag mit Eintritt in die Regierung verlassen, mein Geschäftsführermandat niedergelegt und das handelsregisterfest eintragen lassen. Ich habe dort keine Funktionen, nicht einmal ein Beratermandat", erklärte er. Der Kulturstaatsminister betonte, dass Kongresse und Gipfelformate "völlig normal und legitim" verkauft würden.

Seine anwaltliche Vertretung Schertz Bergmann veröffentlichte auf X zusätzlich eine Stellungnahme, in der betont wurde, dass Weimer "an keinerlei Entscheidungsprozessen und/oder der Durchführung von Veranstaltungen mehr beteiligt" sei.

Politische Rahmenbedingungen und öffentliche Wahrnehmung

Die Debatte konzentriert sich weniger auf juristische Fragen, da Mitglieder des Bundeskabinetts im Gegensatz zu Abgeordneten keine detaillierten Vermögenstransparenzpflichten erfüllen müssen. Vielmehr geht es um politische Sensibilität und die Wahrnehmung möglicher Nähe zwischen Regierungsamt und privatem Unternehmertum.

Mit der Treuhandübertragung reagiert Weimer nun auf diese Diskussionen – und auf den steigenden öffentlichen Druck.

Prominente Rednerinnen und Redner für 2026 bereits angekündigt

Die offizielle Website des Ludwig-Erhard-Gipfels führt für 2026 unter anderem Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) und Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) als Rednerin bzw. Redner auf. Die politische Präsenz prägt somit weiterhin die Strahlkraft des Events – ein zentraler Bestandteil seines Geschäftsmodells.

Die aktuelle Debatte rund um Wolfram Weimer zeigt, wie sensibel die Schnittstellen zwischen politischer Verantwortung und unternehmerischen Interessen bewertet werden. Die Entscheidung, seine Verlagsanteile treuhänderisch zu übertragen, schafft Transparenz und ermöglicht einen klaren Blick auf die inhaltliche Bedeutung des Gipfels, der seit Jahren zu den wichtigsten Wirtschaftstreffen in Deutschland zählt.

Die Übergabe der Anteile an einen Treuhänder ist Augenwischerei und schafft auch keine „Transparenz“. Der Treuhänder muß die Anteile im wirtschaftlichen und rechtlichen Interesse des Treugebers (also Herrn Weimers) verwalten. Da der Treuhänder nicht die Stimmrechtsmehrheit hält, kann er nur gemeinsam mit der anderen Gesellschafterin (also Frau Weimer) Beschlüsse fassen. Auf die Geschäftsführung hat der Treuhänder also keinen Einfluß. Gewinne, die nicht ausgeschüttet werden, lösen sich nicht in Luft auf, sondern verbleiben im Unternehmen und werden dann halt später ausgeschüttet. Es geht also alles weiter wie bisher.

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