Bitkom-Studie zeigt OSS-Potenzial
Open Source treibt Deutschlands Wirtschaft voran

| Redaktion 
| 18.09.2025

Open-Source-Software ist längst kein Nischenphänomen mehr: Drei Viertel aller deutschen Unternehmen setzen auf quelloffene Lösungen – Tendenz steigend. Doch der aktuelle Bitkom-Report zeigt auch: Fachkräftemangel und rechtliche Unsicherheiten bremsen das Potenzial.

Der neue "Open Source Monitor 2025" des Digitalverbands Bitkom offenbart, wie stark Open Source mittlerweile in der deutschen Unternehmens-IT verankert ist – und wo es noch gewaltig hakt. Zwar sind strategische Überlegungen auf dem Vormarsch, doch der Großteil der Unternehmen agiert weiterhin planlos. Besonders der Mangel an Fachkräften entwickelt sich zum entscheidenden Wachstumshemmnis. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen gelten vielen als undurchsichtig, was zu einer zögerlichen Umsetzung führt.

Open Source ist im Mainstream angekommen

Mit einem neuen Rekordwert von 73 Prozent Einsatzquote ist Open Source in deutschen Unternehmen endgültig in der Breite angekommen. Laut dem "Open Source Monitor 2025" des Bitkom, der am 18. September in Erfurt vorgestellt wurde, nutzen fast drei Viertel der Firmen entsprechende Softwarelösungen – eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 69 Prozent im Jahr 2023.

Über 1.100 Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden wurden für die repräsentative Erhebung befragt. Der Grund für die gestiegene Nutzung ist nicht mehr primär die Kostenersparnis, sondern zunehmend die technologische und strategische Relevanz. Besonders in Bereichen wie Cloud-Infrastruktur, Automatisierung, IoT-Lösungen und Künstlicher Intelligenz kommt quelloffene Software zum Einsatz.

Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst betont: "Ohne Open-Source-Lösungen würde unsere Wirtschaft stillstehen, zugleich sind sie ein Innovationstreiber, etwa bei Cloud-Technologien oder Künstlicher Intelligenz."

Ergänzend zeigt sich auch in der öffentlichen Verwaltung ein wachsendes Interesse an Open Source. Städte wie München oder Dortmund investieren zunehmend in quelloffene Infrastrukturen, um Abhängigkeiten von US-Konzernen zu verringern und mehr Transparenz zu schaffen.

Strategie noch unzureichend etabliert

Trotz dieser Entwicklung fehlt vielen Unternehmen eine klare Open-Source-Strategie. Laut Studie haben nur 37 Prozent der befragten Unternehmen eine solche fest verankert – ein leichter Anstieg gegenüber 2023 (32 Prozent), aber noch weit entfernt vom flächendeckenden Standard.

Dabei wird der Zugriff auf den Quellcode, der für individuelle Anpassungen und Sicherheitsprüfungen genutzt werden kann, von 19 Prozent der Unternehmen als großer Vorteil genannt. Ebenso wichtig ist der Beitrag zur digitalen Souveränität, den 73 Prozent als wesentlichen Treiber für den Einsatz von Open Source benennen.

Der strategische Wandel zeigt sich jedoch oft noch zögerlich. Vielen Unternehmen fehlt das interne Know-how, um Open-Source-Modelle systematisch in ihre Digitalstrategie einzubinden. Interdisziplinäre Kompetenzteams, die technologische, rechtliche und organisatorische Aspekte verbinden, sind noch die Ausnahme – dabei wären sie in Zeiten steigender Cyberrisiken ein Wettbewerbsvorteil.

Ein weiterer Punkt: Während große Konzerne eigene Open-Source-Abteilungen aufbauen, sind mittelständische Betriebe oft auf externe Beratung angewiesen – ein Faktor, der zusätzliche Kosten verursacht und den Einstieg verzögern kann.

Fachkräftemangel und Lizenzfragen bremsen

Die größten Herausforderungen beim Einsatz von Open-Source-Software sind laut Studie nicht technischer Natur, sondern personell und juristisch: 20 Prozent der Unternehmen sehen im Fachkräftemangel das größte Hindernis. Die Implementierung, Wartung und Anpassung von Open-Source-Lösungen erfordert spezialisiertes Know-how, das auf dem Markt nur schwer zu finden ist.

Dazu kommen Unsicherheiten in der Gewährleistung (15 Prozent) sowie komplexe Lizenzierungsfragen (13 Prozent). Diese Aspekte zeigen, dass Open Source nicht nur IT-Expertise, sondern auch rechtliche und organisatorische Kompetenzen erfordert.

Laut Bitkom bedarf es deshalb verstärkter Investitionen in Aus- und Weiterbildung sowie einer stärkeren Vernetzung mit der Open-Source-Community. Zudem wird empfohlen, standardisierte Prozesse für die Lizenzprüfung und Dokumentation zu etablieren, um Haftungsrisiken zu minimieren.

Wie das Magazin t3n berichtet, empfiehlt Bitkom eine gezielte Förderung von Open-Source-Wissen, sowohl auf technischer als auch auf juristischer Ebene. Es brauche mehr staatliche und unternehmerische Initiativen, um OSS als tragende Säule der digitalen Infrastruktur zu verankern.

Fazit und Ausblick

Open Source ist keine Randerscheinung mehr, sondern ein zentrales Element der digitalen Transformation. Die wirtschaftliche Bedeutung ist enorm: Laut einer Studie der Harvard Business School müssten Unternehmen ohne Open Source rund 3,5-mal mehr für Softwareentwicklung ausgeben.

Der Ausbau von Open Source in Deutschland ist jedoch kein Selbstläufer. Es braucht klare politische Rahmenbedingungen, verstärkte öffentliche Förderung sowie einen stärkeren Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Nur so lässt sich das volle Potenzial ausschöpfen.

Damit wird deutlich: Die Investition in Fachkräfte, strategische Planung und juristische Expertise ist nicht nur technologisch geboten, sondern ökonomisch unausweichlich. Für Unternehmen, die frühzeitig auf Open Source setzen, ergeben sich erhebliche Chancen – nicht nur in Bezug auf Kostenersparnis, sondern auch auf Innovationsfähigkeit, Datensouveränität und Nachhaltigkeit.

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