Die Gründerin von Madame Moneypenny im Interview
Natascha Wegelin: "Durch die Tech-Branche habe ich gelernt, schnell zu reagieren“

Natascha Wegelin geht mit ihrem Unternehmen Madame Moneypenny einer Mission nach: Frauen in die finanzielle Unabhängigkeit zu begleiten. LEADERSNET sprach mit ihr über das Programm, ihre Kindheit im Ruhrgebiet und ob sie erneut ein Start-up gründen würde.

LEADERSNET: 2015 haben Sie Madame Moneypenny gegründet. Was hat sich seither getan?

Natascha Wegelin: Es hat sich enorm viel getan. Ich habe 2015 mit meinem Finanzblog angefangen. 2018 kam der Podcast dazu. Bis dahin habe ich mein eigenes Wissen geteilt, doch aus meinen Followerinnen kristallisierte sich nach und nach ein großer Bedarf heraus. Sie wollten mehr wissen. Und sie wollten den großen Schritt, selbst mit dem Investieren anzufangen, nicht allein wagen. Also beschloss ich aus meinem Wissen, das ich mir in über 1.000 Stunden Selbststudium, ca. 200 Büchern und Seminaren angeeignet habe, einen eigenen Online-Kurs zu entwickeln, um Frauen in die finanzielle Unabhängigkeit zu begleiten. Der Online-Kurs basierte zunächst auf Videos. Die Nachfrage war riesig, es hat mich selbst überrascht. Damit war ich unternehmerisch erfolgreich, aber ein Aspekt fehlte. Die Teilnehmerinnen haben sich zwar Wissen angeeignet, aber sie haben die Inhalte nicht umgesetzt. Und genau das stand für mich immer an erster Stelle. Deshalb entwickelte ich den Online-Kurs weiter und es entstand ein 8-Wochen-Mentoring-Programm. Ich erweiterte die Inhalte und änderte die Didaktik grundlegend mit dem Fokus auf die Umsetzung. Zu den Videos kamen Live-Calls, in denen jede Teilnehmerin ihre individuellen Fragen stellen konnten. Ich etablierte ein umfangreiches Workbook, Live-Events und das Buddy-Prinzip: Hierbei durchlaufen immer zwei Teilnehmerinnen das Programm gemeinsam.

LEADERSNET: Sie sind im Ruhrpott großgeworden – in einer Region, die als strukturschwach gilt. War das ein Antrieb für Sie, sich finanziell gut aufzustellen?

Natascha Wegelin: Bei uns zuhause gab es keinen übermäßigen Luxus, aber auch keine finanziellen Engpässe. Ich war von der teilweisen Strukturschwäche des Ruhrgebiets nicht persönlich betroffen. Mein Antrieb kam eher aus der Erkenntnis, dass viele – auch Männer, aber vor allem Frauen – auf andere vertrauen, wenn es um die eigenen Finanzen geht. Nach dem Motto: "Mein Mann macht es schon", "Diese Finanzberaterin macht es schon" oder "Der Staat rettet mich". Auch ich war davor nicht gefeit. Im Gegenteil, meine eigene negative Erfahrung hat mich dazu bewogen, meine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Vor einigen Jahren habe ich aufgrund meiner eigenen Unwissenheit bei einer schlechten Finanzberatung knapp 18.000 Euro verloren. Damals habe ich mir geschworen, dass mir so etwas nie wieder passiert. Mir ist bewusst geworden, dass niemandem meine Finanzen so wichtig sind wie mir selbst.

LEADERSNET: Sie waren für Google und bei Parship tätig, bringen also Tech-Background mit. Hilft Ihnen dieses Wissen bei Madame Moneypenny?

Natascha Wegelin: Das war auf jeden Fall eine spannende Zeit. Die Tech-Branche verändert sich rasant und ich habe gelernt, schnell auf Neues im Markt zu reagieren. Diese Agilität hilft mir auch heute als Geschäftsführerin meines eigenen Unternehmens. Als ich mit dem Thema "Finanzielle Bildung für Frauen" begonnen habe, war ich ziemlich allein auf weiter Flur. Der Pioniergeist der Tech-Größen hat mich mit Sicherheit auch angesteckt. Ich fand es spannend, mich einem Feld zu widmen, das es so noch nicht gab und ein völlig neues Geschäftsmodell zu schaffen – vor allem, weil ich diesen unglaublich großen Bedarf gesehen habe, den es auch heute noch gibt. Mein Gefühl hat mich also nicht getäuscht, auch wenn ich mir wünschen würde, dass wir beim Thema finanzielle Unabhängigkeit als Gesellschaft schon weiter wären.

LEADERSNET: Wie schaffen Sie es mit Madame Moneypenny, Frauen auf jedem Level abzuholen?

Natascha Wegelin: Egal ob Berufseinsteigerin oder renommierte Ärztin: Viele Frauen haben sich noch nie oder nur sehr wenig mit ihrer privaten Altersvorsorge beschäftigt. Es ist ein Fakt, dass wir alle eine Rentenlücke haben. Die Frage ist nicht ob, sondern wie hoch diese sein wird. Einige Mentoring-Teilnehmerinnen haben noch gar kein Vorwissen im Bereich Investieren, andere haben bereits mit Berater:innen zusammengearbeitet oder Bücher gewälzt. Manche haben sogar bereits investiert, haben aber weiterhin ein ungutes Gefühl, weil ihnen die Strategie fehlt. Wenn Frauen zu uns kommen, stehen sie jedoch alle vor der gleichen Herausforderung: Ob mit Vorwissen oder nicht, sie haben alle keine langfristige Strategie und können ihre Pläne nicht in selbstbewusstes Handeln umsetzen. Genau hier setzen wir an. Wir befähigen Frauen dazu, ihre eigenen Entscheidungen treffen zu können und die Theorie auch in die Praxis umzusetzen. Über 3.000 Frauen auf unterschiedlichsten Leveln haben unser Mentoring bereits durchlaufen und bauen nun selbst ein Vermögen auf für ihre sichere Zukunft.

LEADERSNET: Eine genaue Beratung, welche Banken und Versicherungen besonders lukrative Angebote haben, geben Sie aber nicht ab?

Natascha Wegelin: Wir beraten nicht, das ist auch nicht Teil der Madame Moneypenny Philosophie. Mir geht es darum, dass jede Frau ihre Finanzen selbst in die Hand nimmt. Wir machen Frauen finanziell unabhängig – auch von Berater:innen. Sie sollen selbstbestimmt handeln und selbstbewusste Entscheidungen treffen können, direkt nach dem Mentoring, aber auch noch Jahrzehnte später. Denn Lebensumstände verändern sich, ob durch Familienplanung, Erbe oder Arbeitslosigkeit. Wer auf Berater:innen hört, hat nicht das Handwerkszeug, um auch in Zukunft fundierte finanzielle Entscheidungen treffen zu können. In unserem Mentoring-Programm vermitteln wir das Wissen und die Werkzeuge, um eine langfristige Investmentstrategie aufzubauen und auch auf zukünftige unvorhergesehene Situationen selbst reagieren zu können. Das ist nachhaltig – alles andere hilft, wenn überhaupt, nur kurzfristig. Wir geben auch keine Tipps, wenn es um Banken und Versicherungen geht. One-fits-all-Lösungen gibt es da nicht, das hängt ganz von der individuellen Anlagestrategie ab.

LEADERSNET: 2021 haben Sie Ihr Start-up WG-suche.de an Immobilienscout24 verkauft. Planen Sie weitere Gründungen?

Natascha Wegelin: Madame Moneypenny ist mein absoluter Fokus, aber ich schließe weitere Gründungen nicht aus. Ich bin auch nebenbei als Business Angel aktiv. Dieses Jahr wird man in diesem Zusammenhang von mir hören. Irgendwann möchte ich dann mal meine eigene Pommesbude eröffnen (lacht).

LEADERSNET: Ist es für Sie denkbar, mit ihrem Start-up-Hintergrund auch Gründerinnen zu beraten?

Natascha Wegelin: Das tue ich bereits im Rahmen meiner Business Angel Tätigkeit. Aber die Rolle als Investorin geht viel weiter: Dadurch unterstützt man tatkräftig Jungunternehmer:innen und treibt Geschäftsmodelle voran, an die man glaubt. Die Zusammenarbeit mit den Gründer:innen ist enorm bereichernd. Female Founders möchte ich besonders unterstützen, da wir von ihnen in Deutschland immer noch zu wenige haben.

LEADERSNET: Wo sehen Sie Frauen und finanzielle Bildung in zehn Jahren?

Natascha Wegelin: Ich bin mir sicher, dass Frauen in Deutschland prozentual gesehen in zehn Jahren finanziell unabhängiger sein werden als jetzt. Dafür sorgt unter anderem die Aufklärung, die wir mit Madame Moneypenny, aber auch viele anderen betreiben. Doch leider erreichen wir nicht jede Frau. Ich fürchte, in zehn Jahren werden wir immer noch alle Hände voll zu tun haben. Das liegt zum Teil auch an den fehlenden Vorbildern. Vielleicht muss erst die Frauengeneration, die jetzt zwischen Mitte 20 und Mitte 40 ist, es den eigenen Töchtern vormachen, damit eine spürbare Veränderung entsteht. Aber ich bin optimistisch.

LEADERSNET: Gehört das Thema finanzielle Bildung auf den Stundenplan?

Natascha Wegelin: In der Theorie ja. In der Praxis befürchte ich, dass aufgrund des Lehrermangels und des sowieso schon maroden Schulsystems das Thema nicht richtig umgesetzt werden kann. Und es ist zu wichtig, als dass es nebenbei laufen kann. Die Verantwortung für die finanzielle Bildung der Kinder liegt aus meiner Sicht vor allem bei den Eltern. Dafür müssen sie sich natürlich erst einmal finanziell bilden. Und genau das ist ihre Verantwortung.

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