Interview mit Woman@Allianz Gründerin
Katrin M. Heigl: "Ein Frauennetzwerk ist kein Selbstläufer"

| Redaktion 
| 17.03.2024

Frauennetzwerke haben mittlerweile viele Unternehmen eingerichtet. Bereits vor neun Jahren wurde Woman@Allianz von Katrin M. Heigl, Leitung Maklervertrieb Sach und Konzept- & Digitalgeschäft der Allianz Versicherungs-AG, gegründet. 2000 Frauen umfasst das Netzwerk, sie bringt es regelmäßig durch Veranstaltungen zusammen. Katrin M. Heigl verrät, wie das Netzwerk intern angenommen wird, was das für das Thema Employer Branding bedeutet, und wo sie das Netzwerk in zehn Jahren sieht.

LEADERSNET: Hand aufs Herz, Frau Heigl: Ein Frauennetzwerk in einer männlich dominierten Branche wie dem Versicherungs- und Maklervertrieb. Fluch oder Segen?

Katrin M. Heigl: Auf jeden Fall ein Segen! Ich habe das Netzwerk vor neun Jahren mit Vertreterinnen der Ausschließlichkeitsorganisation im Vertrieb gegründet. Ganz unkonventionell habe ich zehn ausgewählte Damen, die bereits Agenturistinnen waren, zu einem Meeting an den Standort München eingeladen und die Frage gestellt: Wie gelingt es uns als Allianz, mehr Frauen für die Selbstständigkeit respektive für das Berufsbild „Vertreterin“ zu gewinnen? Daraus hat sich inzwischen ein Netzwerk von fast 2000 Frauen aus allen deutschen Organisationseinheiten, also nicht nur aus dem Vertrieb, etabliert. Es basiert darauf, dass wir nur Mitarbeiter:innen und Vertreter:innen aufnehmen, die von unseren Netzwerkmitgliedern vorgeschlagen werden.

LEADERSNET: Wie finanziert sich Ihr Netzwerk?

Katrin M. Heigl: Mir steht kein fixes Budget zur Verfügung – ich bin ein Fundraiser. Jedes Jahr pitche ich erneut für ein Budget im CEO-Circle, und informiere darüber hinaus regelmäßig über die Veranstaltungen und unsere Initiativen.

LEADERSNET: Das Thema hängt also hoch im Unternehmen?

Katrin M. Heigl: Ja, das war nicht immer so. Als Vorstandsassistentin im Vertrieb habe ich diese Initiative ins Leben gerufen. Inzwischen ist unsere Reichweite so groß, dass das gesamte Unternehmen in Deutschland unser Netzwerk kennt und davon profitiert. Früher war das anders, aber jetzt haben wir eine großartige Reputation, worauf ich sehr stolz bin. Für jede Veranstaltung suche ich einen Vorstand oder eine Vorständin als Schirmherr:in aus. Im vorletzten Jahr war Oliver Bäte, CEO der Allianz SE, dabei – ein großer Förderer der Gleichberechtigung von Frauen im Konzern. Er gab uns Frauen den Rat: „Hört auf zu jammern und wartet nicht darauf, dass eure Chefs euch unterstützen, sondern steht selbst für eure Themen ein und seid mutig.“

LEADERSNET: Bauen 2000 Frauen Druck auf?

Katrin M. Heigl: In erster Linie dient das Netzwerk als Plattform, um sich zu den individuellen Bedürfnissen und Belangen von Frauen auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und Informationen über aktuelle Technologien oder neue Unterstützungsmöglichkeiten zu teilen. Wir möchten den Frauen Druck nehmen, und freuen uns über stetig wachsenden Zuspruch und verstärkte Präsenz und Sichtbarkeit. Im nächsten Jahr feiern wir unser zehnjähriges Jubiläum, das ist unglaublich. Es erfüllt mich mit großem Stolz, dass das Netzwerk inzwischen so groß geworden ist und wir so viel auf die Beine gestellt haben. Ich bin überzeugt, dass das Netzwerk viele Frauen positiv beeinflusst und ihnen Mut und Selbstvertrauen gegeben hat, eine Führungsrolle im Konzern zu übernehmen oder sich als Versicherungsvertreterin selbstständig zu machen.

LEADERSNET: Bestehen trotzdem noch Klischees in Ihrem Unternehmen?

Katrin M. Heigl: Auf jeden Fall, aber es ist wichtig, zwischen den Altersgruppen zu differenzieren. Jüngere Kolleginnen diskutieren die Themen nicht mehr so intensiv, da sie mit einem anderen Selbstverständnis und Selbstbewusstsein aufgewachsen sind. Frauen über 40 standen ganz anderen Herausforderungen gegenüber als die jüngeren Kolleginnen heute. Zum Beispiel gab es wenig Verständnis, wenn das Kind krank war oder man Meetings pünktlich verlassen musste, um sein Kind von der Kita abzuholen. Es hat sich jedoch sehr viel zum Positiven verändert, da mittlerweile mehr über solche Themen gesprochen wird. Dies betrifft nicht nur unseren Konzern, sondern auch andere Unternehmen. Und es ist nicht mehr allein ein Frauenthema, sondern es betrifft sowohl Männer als auch Frauen. 

LEADERSNET: Wie wirkt sich Ihr Netzwerk auf Employer Branding aus?

Katrin M. Heigl: Wir erhalten sehr positive Rückmeldungen – wir promoten das Netzwerk intern und extern. Das Executive-Level berichtet, dass sich die Anzahl der Bewerbungen erhöht hat, da unser Unternehmen als frauenfördernd wahrgenommen wird, und in diesem Bereich als Vorreiter gilt. Für uns steht Diversity ganz oben auf der Agenda. Das spiegeln auch zahlreiche Auszeichnungen und Preise dazu wider.

LEADERSNET: Welche Erfolge haben Sie gefeiert?

Katrin M. Heigl: Das ist zum einen das Thema digitale Kundenberatung. Vor der Corona-Pandemie war es undenkbar für Vertriebsmitarbeiter:innen, Beratungen digital durchzuführen. Aufgrund der Kinderbetreuung war es für Frauen oft schwierig, nachmittags in der Agentur präsent zu sein. Dank moderner Technologie, wie z.B. der Einführung von Webex, wurde diese Situation deutlich erleichtert. Das zweite Thema: Jobsharing und Jobtandems. Wir sind sehr stolz, dass wir im vergangenen Jahr begonnen haben, auf Executive Level Jobtandems auszurollen. Dies nun auch im mittleren Management zu implementieren, ist der nächste Schritt. Des Weiteren arbeiten wir an der Überarbeitung des Vertriebskonzepts für Kundinnen „Frauen beraten Frauen“. Hier wird der Fokus auf die verschiedenen Lebenssituationen gelegt, wie beispielsweise Berufseinstieg, Heirat oder Scheidung. Wir möchten individuell auf die Bedürfnisse in jeder Lebensphase eingehen. Ein weiteres Thema, das wir ansprechen und auch bei uns im Konzern „leben“, ist die „Equal Pension“. Aufgrund der Tatsache, dass Frauen im Vergleich zu Männern oft eine geringere Rente erhalten, haben wir intensiv darüber diskutiert. In Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen  von Allianz Leben wurde die Initiative „Equal Pension“ ins Leben gerufen.

LEADERSNET: Wie finden Ihre Treffen statt?

Katrin M. Heigl: Unsere Community ist mittlerweile sehr groß geworden, daher organisieren wir zwei digitale Events pro Jahr, und alle zwei Jahre eine Präsenzveranstaltung.  Ganz aktuell habe ich eine knapp dreistündige digitale Veranstaltung durchgeführt, die live aus unserem Fernsehstudio in Unterföhring übertragen wurde. Unsere Gäste sprachen über Themen wie KI, digitale Präsenz im Netz, Gesellschaftspolitik und Resilienz.

LEADERSNET: Ein großer Aufwand, den Sie da betreiben…?

Katrin M. Heigl: Absolut richtig! Bei den digitalen Veranstaltungen sind bis zu 800 Kolleginnen zugeschaltet. Alle zwei Jahre planen wir eine physische Veranstaltung, verteilt auf zwei Tage inklusive Abendprogramm. Im Vordergrund jeder Veranstaltung steht immer der Austausch und der Netzwerk-Gedanke. Parallel finden in kleinerer Runde auf regionaler Ebene informelle Treffen statt. In 2024 starten wir an ausgewählten Standorten mit einem Public Viewing während der digitalen Sendungen. Premiere war in diesem Jahr am Standort Berlin. Dort traf sich die Community zum Public Viewing der Live Übertragung aus München.  Danach konnte bei einem gemeinsamen Mittagessen weiter Networking betrieben werden.

LEADERSNET: Sie holen Top-Speaker:innen wie Verena Pausder auf die Bühne. Wie schaffen Sie das?

Katrin M. Heigl: Ideen und Impulse bekomme ich über die Initiative und auf Empfehlung des Netzwerks oder ich kenne die Referent:innen durchmeine persönlichen Kontakte Dennoch ist es kein Selbstläufer, da nicht grundsätzlich das Budget vorhanden ist, das man dafür oft bräuchte… Aber bis jetzt hat es immer ganz gut geklappt. Von meiner Seite sind sehr viel Herzblut und Ehrenamt dabei.

LEADERSNET: Was treibt Sie persönlich an?

Katrin M. Heigl: Ich möchte, dass die Allianz bunter und diverser wird. In einer global ausgerichteten Welt ist es wichtig, dass auch ein deutscher Großkonzern vielfältig denkt. Mein Ziel ist es, dass junge Frauen ihren Weg einfacher gehen können als beispielsweise meine Generation oder die davor. Für Women@Allianz haben wir den Claim „Stronger Together“.

LEADERSNET: Wenn Sie in die Zukunft blicken: Wo steht das Frauennetzwerk in zehn Jahren?

Katrin M. Heigl: Dann brauchen wir hoffentlich dieses Netzwerk nicht mehr, Diversität ist das neue „Normal“ und in der DNA der Unternehmen und der Gesellschaft fest verankert.

 

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