"Malediven – wie auf einem Kreuzfahrtschiff, das sich nicht bewegt"

LEADERSNET hat Adam Szkopp, Direktor des "Robinson Noonu", auf den Malediven besucht und zum Interview gebeten.

Seit 20 Jahren arbeitet Adam Szkopp bereits für die TUI-Tochter Robinson. Seit zwölf Jahren lebt und arbeitet der gebürtige Pole auf den Malediven. Seit 2017 auf der Insel Orivaru als General Manager des "Robinson Noonu".

LEADERSNET hat den Hotelmanager aus Leidenschaft auf den Malediven getroffen und sich mit ihm über das Konzept des "Noonu", die Multikulturalität der Mitarbeitenden, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Inselgruppe im Indischen Ozean, die Klischees des klassischen Cluburlaubs und warum Käsekrainer und Kaiserschmarrn auf der Speisekarte stehen, unterhalten.

LEADERSNET: Sie stammen ursprünglich aus Polen. Was hat Sie auf die Malediven verschlagen?

Szkopp: Ich habe früher auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet und anschließend in der Schweiz studiert. Danach wollte ich wieder auf ein Kreuzfahrtschiff und hatte ein Angebot von Aida. Aber das wäre im Mittelmeer gewesen und ich habe mich entschlossen, in die Karibik zu gehen. Das wäre dann für ein paar Monate geplant gewesen und ich hatte sogar schon einen Vertrag unterschrieben. Da ich in der Zwischenzeit aber nicht untätig sein wollte, habe ich meine Fühler ausgestreckt und ein Angebot von Robinson bekommen – als Barmann für den "Robinson Club Scuol Palace" in der Schweiz. Dies wollte ich sechs Monate machen und nun bin ich seit 20 Jahren bei Robinson.

LEADERSNET: Was bedeutet es eine Insel auf den Malediven zu managen?

Szkopp: Das kann man sich wie ein Kreuzfahrtschiff vorstellen, das sich nicht bewegt. Wenn man auf einem Kreuzfahrtschiff ist, ist man jeden Tag in einem anderen Hafen. Wenn eine Warenbestellung notwendig ist, dann muss man das rechtzeitig planen und 48 Stunden vorher bekanntgeben, damit dann ein LKW mit den bestellten Waren am gewünschten Tag zum Hafen kommt.

Hier auf den Malediven ist es ähnlich: Wenn man etwas nicht rechtzeitig bestellt, bekommt man es nicht. Hier muss man es nicht 48 Stunden, sondern drei Monate im Voraus bestellen. In der Hauptstadt Malé kann man im Prinzip nichts kaufen. Dort gibt es keinen Obi oder IKEA. Es gibt keine Lagermöglichkeiten, weil die Insel schlicht zu klein ist. Der Hafen gehört zu den teuersten Häfen der Welt, weil es keinen Platz gibt, die Container zu lagern.

LEADERSNET: Lässt sich so eine Insel wirtschaftlich führen?

Szkopp: Ja. Es hat sich herumgesprochen, dass der Robinson Noonu ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbietet. Das zeigt sich auch an den Buchungszahlen, wir haben das ganze Jahr über eine hohe Nachfrage.

LEADERSNET: Wie funktioniert auf einer Insel, die mitten im Indischen Ozean liegt, die Energieversorgung? Wo kommen Trinkwasser und Strom her?

Szkopp: Es gibt hier keine Unterseekabel. Wir sind also quasi komplett autark. Im Moment ist es so, dass wir den größten Teil der Energie mit Dieselmotoren produzieren. Eine Photovoltaikanlage, die ein Drittel des Energiebedarfes produziert, ist in Planung. Es gibt Entsalzungsanlagen für den Wasserbedarf und eine inseleigene Kläranlage.

 

LEADERSNET: Wie viele Mitarbeiter:innen arbeiten hier im Robinson Club und aus wie vielen Nationen kommen diese?

Szkopp: Im Moment haben wir 380 Mitarbeiter:innen aus 28 Nationen. Natürlich kommen die meisten aus den Malediven, da mindestens 45 Prozent Malediver beschäftigt werden müssen. Das wird auch sehr streng kontrolliert. Die restlichen Mitarbeiter:innen kommen aus der ganzen Welt. Der Großteil kommt aus Indien Sri Lanka und Bangladesch, da dies die Nachbarländer sind. Aber es gibt auch Kolleg:innen aus China, Korea, von den Philippinen, aus Vietnam, aus der Ukraine, aus Russland, Polen, Tschechien, Deutschland, Österreich, usw.

LEADERSNET: Wie funktioniert das Zusammenleben der Mitarbeiter:innen?

Szkopp: Das ist nicht immer einfach. Die Mitarbeiter:innen haben wenig Privatsphäre. Man ist immer auf der Insel und lebt mit seinen Kolleg:innen auf engstem Raum. Es gibt Einzelzimmer, Doppelzimmer, 4er-Zimmer und 6er-Zimmer. Die Zimmer sind sehr gut ausgestattet - alle haben eine Klimaanlage. Das ist in anderen Ressorts nicht unbedingt üblich, da sich viele Hotelbesitzer dagegen entscheiden, um Energiekosten zu sparen. Unser Motto ist: "Glückliche Mitarbeiter bedeuten glückliche Gäste". Deswegen haben wir auch keine Probleme die 45-Prozent-Quote an einheimischen Mitarbeiter:innen zu erfüllen. Uns war bewusst, dass wir den Maledivern etwas bieten müssen, damit sie im "Noonu" arbeiten wollen. Deshalb gibt es Dinge wie einen Fußball- oder Beachvolleyball-Court, ein Fitnessstudio oder auch einen großen Swimmingpool für die Mitarbeiter:innen.

LEADERSNET: Was sind die touristischen Highlights für Gäste auf den Malediven? Was bietet der Robinson Noonu im Besonderen an?

Szkopp: Ich nehme mir praktisch jeden Tag um 18 Uhr die Zeit, um zur Sundowner-Bar zu kommen. Diese Atmosphäre muss man einfach erleben: das türkis-blaue Meer, die krumme Palme, die wunderschönen Sonnenuntergänge, aber auch diese leichte Brise, das Salz in der Luft und auf der Haut. Viele Gäste sagen mir auch: "Das ist mein erster Urlaub, wo die Fotos im Katalog oder im Internet schlechter sind als die Wirklichkeit." (lacht) Das muss man einfach erleben.

© LEADERSNET
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Die Anreise dauert länger, darüber muss man gar nicht erst zu reden. Ich sage immer: Wer ins Paradies will, muss sich das ganze Leben gut benehmen. Im Vergleich dazu kann man die 16-stündige Anreise in Kauf nehmen. Sobald die Gäste aus dem Wasserflugzeug oder aus dem Boot aussteigen, den Fuß auf den Steg setzen, sind die Strapazen auch schon vergessen. Für die Europäer sind die Malediven deren Urlaubs-Paradies. Man sieht vom Steg aus Haie und Stachelrochen vorbeischwimmen – wenn man den Kopf unter Wasser steckt, dann hat man das Gefühl in einem Aquarium zu sein.

LEADERSNET: Sehr viele Ihrer Gäste kommen aus Deutschland und Österreich. Sprechen die Mitarbeiter:innen Ihrer Insel auch Deutsch?

Szkopp: Wir haben überall Mitarbeiter:innen, die Deutsch sprechen, damit die Gäste sich zurechtfinden und sicher fühlen.

LEADERSNET: Ein Blick auf die Speisekarte offenbart, dass neben frisch gefangenem Fisch auch Kaiserschmarrn und Käsekrainer angeboten werden. Welches kulinarische Konzept verfolgen Sie?

Szkopp: Robinson ist ein Club, der auf deutschsprachige Gäste ausgelegt ist. Aber auch unsere internationalen Gäste schätzen diese europäische Küche, wie eben Kaiserschmarrn oder Käsekrainer aber auch Schweinebraten. Auch die asiatische Küche spielt eine große Rolle. Dadurch, dass wir viele Leute aus Indien, Thailand oder Sri Lanka hier haben, herrscht kulinarisch eine große Vielfalt. Ebenfalls spielt die regionale Küche und regionale Produkte eine wichtige Rolle. Ein Gelbflossen-Thunfisch beispielsweise schwimmt direkt hier bei uns vor dem Hausriff. Den Fisch bekommen wir jeden Tag frisch geliefert – alles andere muss aus dem Ausland zugekauft werden. Papaya, Wassermelonen und Bananen wachsen  zwar auf den Malediven, jedoch können die Mengen, die wir benötigen, nicht produziert werden und so werden sie importiert.

LEADERSNET: Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie ist Sicherheit ein großes Thema. Neben den von Seiten des Staates vorgegebenen Corona-Regeln, hat TUI Robinson auch noch ein eigenes Sicherheitskonzept. Wie sieht dieses aus?

Szkopp: Die Vorschriften der maledivischen Regierung sehen vor, dass jeder Gast, der auf die Insel kommt einen negativen PCR-Test vorweist. Egal, ob die Gäste aus einem Risikoland kommen oder nicht. Deswegen gibt es hier kaum positive  Corona-Fälle. Unser Insel-Konzept haben wir entsprechend angepasst. Sogenannte Touching Points – werden so gut wie möglich – vermieden. Ein großer Vorteil ist, dass auf den Malediven fast alles Open Air stattfindet. Es gibt beispielsweise keine Türklinken, somit fallen viele mögliche Touching Points weg. Ebenso haben wir auch unser komplettes Essenskonzept geändert. So gibt es jetzt eine Mischung aus Büffet und A-la-Carte-Restaurant.

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LEADERSNET: Die TUI hat im letzten Jahr durch die Corona-Pandemie gelitten und musste in Deutschland um Förderungen ansuchen. Kann man sagen, Ihre TUI Robinson Insel Noonu ist im Geschäftsgang eine Ausnahme?

Szkopp: Wir können uns sehr glücklich schätzen: Allgemein war die Buchungslage im letzten Jahr auf den Malediven sehr gut, weil wir eine gewisse Sicherheit vermitteln konnten. Auf der Insel hat man kaum Kontakt mit anderen Menschen. Wir gehören zu den sichersten Plätzen der Welt – somit muss hier auch keiner vor Corona Angst haben. Dieses Feedback bekomme ich auch von unseren Gästen.

LEADERSNET: Unter Cluburlaub stellen sich viele Menschen Zwangsbeglückung durch Animationsprogramme vor. Wie halten Sie dies auf Ihrer Malediven-Insel und wie viel Privatsphäre ist im Robinson Noonu möglich?

Szkopp: Hier wird niemand zu etwas gezwungen. Jeder darf, aber niemand muss. Es gibt Gäste, zu denen sage ich am ersten Tag "Hallo" und sehe sie dann erst nach zwei Wochen wieder. Jeder der seine Ruhe will, kann seine Ruhe haben und wer entertaint werden will, der bekommt auch seinen Spaß. Wir bieten nach dem Abendessen immer ein Showprogramm an. In den anderen maledivischen 5-Sterne-Hotels sieht man nach 20.30 Uhr keine Gäste mehr. Ich hätte es hier keine zwölf Jahre ohne den "Robinson-Vibrations" ausgehalten.

LEADERSNET: Vielen Dank für das Gespräch!

www.robinson.com

www.tui.at

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