E-Auto-Verkäufe: VW, BMW, Mercedes & Co können Heimatmarkt noch verteidigen

Bei den einzelnen Modellen hat jedoch Tesla die Nase vorn. Aufgrund von Newcomern aus China geraten die deutschen Hersteller unter Druck und müssen bei der Rabattschlacht mitmachen.

Der Absatzboom reinelektrischer Fahrzeuge (Battery Electric Vehicle, BEV) hält in Deutschland laut einer aktuellen Analyse an – und führt zu einem immer stärkeren Druck auf Preise und Margen. Das zeigen die Ergebnisse der "Electric Vehicle Sales Review" von PwC Autofacts und Strategy&, der Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 20 ausgewählten Märkten ausgewertet werden.

In Deutschland wurden im zweiten Quartal 2023 demnach 50,1 Prozent mehr reine Elektroautos verkauft als im Vorjahreszeitraum, ein ordentlicher Sprung im Vergleich zum Quartal davor, in dem der Zuwachs bei 13,2 Prozent lag. Durch das starke Wachstum erreichen BEVs im ersten Halbjahr in Deutschland einen Marktanteil von 15,8 Prozent und würden damit die Schwelle zum Massenmarkt durchbrechen, so die Expert:innen. 

Diese Zahlen werden auch vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) untermauert. Das KBA hat nun mitgeteilt, dass im Juli 2023 in Deutschland fast 70 Prozent mehr Elektroautos zugelassen worden sind als im Vergleichsmonat 2022. Konkret wurden 48.682 Neuwagen mit einem vollelektrischen Antrieb zugelassen, womit hierzulande im heurigen Juli rund jedes fünfte neu zugelassene Auto ein reiner Stromer war.

Deutsche Hersteller können Heimatmarkt noch verteidigen

Während die deutschen Autobauer ihre dominierende Position am chinesischen Gesamtmarkt im vergangenen Quartal räumen mussten, wuchsen sie laut PwCs "Electric Vehicle Sales Review" im E-Auto-Segment auf Halbjahressicht mit 44,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zumindest stärker als der chinesische BEV-Markt, der um 32,4 Prozent zulegen konnte. Im ersten Halbjahr 2023 erzielten sie damit bei reinen Stromern einen Marktanteil von 4,4 Prozent. Auf ihrem Heimatmarkt behaupten die deutschen Hersteller ihre Stellung. Im Juni kommen sie zusammen auf über 45 Prozent Marktanteil und machen drei der fünf am meisten verkauften Automarken aus.

Der erfolgreichste chinesische Produzent MG kommt auf 3,7 Prozent Marktanteil. Bei den reinen BEV-Neuzulassungen dominiert im ersten Halbjahr Tesla die vier wichtigsten EU-Märkte Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Der MG 4 belegt beim Ranking der beliebtesten Modelle allerdings bereits den siebten Platz und liegt damit vor VW ID.3 und Audi Q4 e-tron.

Die 20 meistverkauften Automarken im Juli 2023

Beliebtester Autohersteller (Verbrenner, elektrifiziert und Elektro) war dem KBA zufolge im Juli 2023 erneut Volkswagen mit einem Marktanteil von 17,8 Prozent. Dahinter reihen sich - mit großem Abstand - die Premiummarken Mercedes, Audi und BMW ein. Sieht man sich den höchsten Zuwachs unter den Top 20 an, lässt sich die steigende Beliebtheit von E-Autos erahnen. Denn hier hat mit einem Plus von 229,8 Prozent eindeutig Tesla die Nase vorn.

  1. VW
  2. Mercedes
  3. Audi
  4. BMW
  5. Skoda
  6. Seat
  7. Opel
  8. Ford
  9. Hyundai
  10. Toyota
  11. Kia
  12. Fiat
  13. Renault
  14. Dacia
  15. Mini
  16. Peugeot
  17. Tesla
  18. Volvo
  19. Mazda
  20. Porsche

VW zieht bei E-Autos an Tesla vorbei

Das meistverkaufte reine E-Modell kommt zwar mit dem Model Y von Tesla, doch insgesamt konnte Volkswagen in den ersten sieben Monaten 2023 bei den Elektro-Neuzulassungen in Deutschland am US-Konkurrenten vorbeiziehen. Laut KBA sehen die Top 5 Marken bei den BEVs von Januar bis Juli wie folgt aus:

  1. Volkswagen (41.475 Einheiten)
  2. Tesla (40.289 Einheiten)
  3. Mercedes (20.613 Einheiten)
  4. Audi (16.786 Einheiten)
  5. BMW (15.987 Einheiten)

Preiskampf gewinnen die Kostenchampions

Zurück zur Analyse von PwC Autofacts und Strategy&. Nachdem die Nachwehen von Covid-19 sowie des weltweiten Chip-Engpasses schwinden, zieht die Produktion der deutschen Autobauer wieder an. Allerdings würden zugleich die Auftragseingänge leicht zurückgehen. In dieser Situation sehen sich die Hersteller vor die Entscheidung gestellt, ihre Produktion zu drosseln oder ihre Fahrzeuge stärker zu rabattieren. Die Daten des Electric Vehicle Sales Review zeigen, dass die Autobauer am deutschen Markt verstärkt auf Rabatte setzen und diese auch für ihre Stromer gewähren. So sei der durchschnittliche Preisnachlass für BEVs im Premiumsegment innerhalb eines Monats um 26,6 Prozent geklettert und habe im Juli dieses Jahres 13,8 Prozent betragen. Im mittelpreisigen Segment sei der Durchschnittsrabatt bei 11,1 Prozent gelegen, was einem Anstieg von 30,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat entspreche. Lediglich im Volumenmarkt, in dem weiterhin die höchsten staatlichen Kaufprämien locken, blieben die Rabatte weitgehend gleich, so die Expert:innen.

Wenn vor allem die deutschen Hersteller ihre traditionellen Stärken bei Produktqualität und Integrationsfähigkeit ausspielen wollen, müssen sie ihre Kosten besser als bisher kontrollieren: "Die chipmangelbedingte Verschnaufpause, die das BEV-Angebot künstlich verknappt und nicht zuletzt deutschen Herstellern große Gewinne beschert hat, ist vorüber. Mit dem Eintritt in den Massenmarkt herrschen nun auch im Elektrosegment normale Marktbedingungen – mit allem, was dazu gehört", sagt Felix Kuhnert, Partner und Automotive Leader bei PwC Deutschland.

Die Early-Adopter und Überzeugungskäufer hätten sich eingedeckt. Nun würden die Mainstreamkäufer:innen zugreifen, die jedoch härtere Kriterien hinsichtlich Produkt und Preis anlegen. Die deutschen Autobauer werden aktuell in einen Preiskampf gezwungen, den sie nur bestehen könnten, wenn sie noch Puffer bei den Kosten haben. Kuhnert abschließend: "Am Ende werden jene Marken als Sieger vom Feld gehen, die ihre Lieferketten wie beim Verbrenner üblich kontrollieren und mit attraktiven Fahrzeugen und Angeboten im Volumenmarkt überzeugen."

www.strategyand.pwc.com

www.kba.de

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV